Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.gelber Todter andächtig sitzen konnte, so wie auf Flachs, als Geistlicher von den vier lezten gelber Todter andaͤchtig ſitzen konnte, ſo wie auf Flachs, als Geiſtlicher von den vier lezten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0064" n="56"/> gelber Todter andaͤchtig ſitzen konnte, ſo wie auf<lb/> der Kanzel einer ſtehen, — und die Erwartung,<lb/> daß bei jedem Tritte Flitte verſcheiden und als<lb/> bleicher Schein durch die Kirche fliegen koͤnne, — —<lb/> das alles jagte wie ein banger Traum den Notar<lb/> im duͤſtern Lande der Schatten und Schrecken um¬<lb/> her, daß er ordentlich von Todten auferſtand, als<lb/> er aus dem ſchmalen Thurme unter den ofnen<lb/> Sternenhimmel hinaustrat, wo droben Auge an<lb/> Auge, Leben an Leben funkelte und die Welt wei¬<lb/> ter machte. —</p><lb/> <p>Flachs, als Geiſtlicher von den vier lezten<lb/> Dingen mehr lebend als ergriffen, ſagte zu Walt:<lb/> „Sie haben Gluͤk bei Teſtamenten“. Aber dieſer<lb/> bezog es auf ſeinen Stil und Stand, er dachte<lb/> an nichts, als an das naͤrriſche huͤpfende Lebens-<lb/> Karnaval, wo der zu ernſthafte Tod am Schluſſe<lb/> den Taͤnzern nicht nur die Larven abzieht, auch<lb/> die Geſichter. Im Bette betete er herzlich fuͤr den<lb/> jezt kaͤmpfenden Juͤngling um einige Abendroͤthe<lb/> oder Fruͤhlingsſtralen in der wolkigen Stunde,<lb/> welche auf jeden Menſchen, wie ein unendlicher<lb/> Wolkenhimmel ploͤzlich oben herunter faͤllt und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0064]
gelber Todter andaͤchtig ſitzen konnte, ſo wie auf
der Kanzel einer ſtehen, — und die Erwartung,
daß bei jedem Tritte Flitte verſcheiden und als
bleicher Schein durch die Kirche fliegen koͤnne, — —
das alles jagte wie ein banger Traum den Notar
im duͤſtern Lande der Schatten und Schrecken um¬
her, daß er ordentlich von Todten auferſtand, als
er aus dem ſchmalen Thurme unter den ofnen
Sternenhimmel hinaustrat, wo droben Auge an
Auge, Leben an Leben funkelte und die Welt wei¬
ter machte. —
Flachs, als Geiſtlicher von den vier lezten
Dingen mehr lebend als ergriffen, ſagte zu Walt:
„Sie haben Gluͤk bei Teſtamenten“. Aber dieſer
bezog es auf ſeinen Stil und Stand, er dachte
an nichts, als an das naͤrriſche huͤpfende Lebens-
Karnaval, wo der zu ernſthafte Tod am Schluſſe
den Taͤnzern nicht nur die Larven abzieht, auch
die Geſichter. Im Bette betete er herzlich fuͤr den
jezt kaͤmpfenden Juͤngling um einige Abendroͤthe
oder Fruͤhlingsſtralen in der wolkigen Stunde,
welche auf jeden Menſchen, wie ein unendlicher
Wolkenhimmel ploͤzlich oben herunter faͤllt und
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