los angezündet, vor seiner Seele irgend einen gel¬ ben häßlichen Wiederschein; vielmehr freuete er sich recht, allein im Fegfeuer zu stehen, und den Fremd¬ ling rein aus den Flammen anzuschauen.
Der Testaments-Ober-Vollstrecker H. Kuh¬ nold eröffnete nach der 7ten Klausel -- möchte doch jeder Leser das Testament aus dem Buche heraus¬ geschnitten, broschirt, immer neben sich haben -- den geheimen Artikel des Reguliertarifs, der rechtmäßig zu öffnen war. In der That war darin auf jeden französischen Germanismus, den Flitte von ihm an Eidesstatt berichten würde, ein Tag verspäteter Erbschaft zur Schulstrafe ge¬ setzt. Flitte erwiederte darauf, "er wisse Nie¬ "mand, der so viel Organ für französische "Sprache besitze, so wie Kalligraphie dafür, als "Herrn Walt, und er entsinne sich keines erheb¬ "lichen Fehlers." Walt griff nach dessen Hand, und sagte: "o wie schön, daß ich mir Sie so im¬ "mer dachte! Aber meine Freude ist nicht so un¬ "eigennützig, als sie scheint, sondern noch unei¬ "gennütziger." Der Ober-Vollstrecker wünschte ihm erfreuet Glück -- desgleichen der Buchhänd¬
los angezuͤndet, vor ſeiner Seele irgend einen gel¬ ben haͤßlichen Wiederſchein; vielmehr freuete er ſich recht, allein im Fegfeuer zu ſtehen, und den Fremd¬ ling rein aus den Flammen anzuſchauen.
Der Teſtaments-Ober-Vollſtrecker H. Kuh¬ nold eroͤffnete nach der 7ten Klauſel — moͤchte doch jeder Leſer das Teſtament aus dem Buche heraus¬ geſchnitten, broſchirt, immer neben ſich haben — den geheimen Artikel des Regúliertarifs, der rechtmaͤßig zu oͤffnen war. In der That war darin auf jeden franzoͤſiſchen Germaniſmus, den Flitte von ihm an Eidesſtatt berichten wuͤrde, ein Tag verſpaͤteter Erbſchaft zur Schulſtrafe ge¬ ſetzt. Flitte erwiederte darauf, „er wiſſe Nie¬ „mand, der ſo viel Organ fuͤr franzoͤſiſche „Sprache beſitze, ſo wie Kalligraphie dafuͤr, als „Herrn Walt, und er entſinne ſich keines erheb¬ „lichen Fehlers.“ Walt griff nach deſſen Hand, und ſagte: „o wie ſchoͤn, daß ich mir Sie ſo im¬ „mer dachte! Aber meine Freude iſt nicht ſo un¬ „eigennuͤtzig, als ſie ſcheint, ſondern noch unei¬ „gennuͤtziger.“ Der Ober-Vollſtrecker wuͤnſchte ihm erfreuet Gluͤck — desgleichen der Buchhaͤnd¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0108"n="102"/>
los angezuͤndet, vor ſeiner Seele irgend einen gel¬<lb/>
ben haͤßlichen Wiederſchein; vielmehr freuete er ſich<lb/>
recht, allein im Fegfeuer zu ſtehen, und den Fremd¬<lb/>
ling rein aus den Flammen anzuſchauen.</p><lb/><p>Der Teſtaments-Ober-Vollſtrecker H. Kuh¬<lb/>
nold eroͤffnete nach der 7<hirendition="#sup">ten</hi> Klauſel — moͤchte doch<lb/>
jeder Leſer das Teſtament aus dem Buche heraus¬<lb/>
geſchnitten, broſchirt, immer neben ſich haben —<lb/><hirendition="#g">den</hi> geheimen Artikel des Reg<hirendition="#aq">ú</hi>liertarifs, der<lb/>
rechtmaͤßig zu oͤffnen war. In der That war<lb/>
darin auf jeden franzoͤſiſchen Germaniſmus, den<lb/>
Flitte von ihm an Eidesſtatt berichten wuͤrde,<lb/>
ein Tag verſpaͤteter Erbſchaft zur Schulſtrafe ge¬<lb/>ſetzt. Flitte erwiederte darauf, „er wiſſe Nie¬<lb/>„mand, der ſo viel Organ fuͤr franzoͤſiſche<lb/>„Sprache beſitze, ſo wie Kalligraphie dafuͤr, als<lb/>„Herrn Walt, und er entſinne ſich keines erheb¬<lb/>„lichen Fehlers.“ Walt griff nach deſſen Hand,<lb/>
und ſagte: „o wie ſchoͤn, daß ich mir Sie ſo im¬<lb/>„mer dachte! Aber meine Freude iſt nicht ſo un¬<lb/>„eigennuͤtzig, als ſie ſcheint, ſondern noch unei¬<lb/>„gennuͤtziger.“ Der Ober-Vollſtrecker wuͤnſchte<lb/>
ihm erfreuet Gluͤck — desgleichen der Buchhaͤnd¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[102/0108]
los angezuͤndet, vor ſeiner Seele irgend einen gel¬
ben haͤßlichen Wiederſchein; vielmehr freuete er ſich
recht, allein im Fegfeuer zu ſtehen, und den Fremd¬
ling rein aus den Flammen anzuſchauen.
Der Teſtaments-Ober-Vollſtrecker H. Kuh¬
nold eroͤffnete nach der 7ten Klauſel — moͤchte doch
jeder Leſer das Teſtament aus dem Buche heraus¬
geſchnitten, broſchirt, immer neben ſich haben —
den geheimen Artikel des Regúliertarifs, der
rechtmaͤßig zu oͤffnen war. In der That war
darin auf jeden franzoͤſiſchen Germaniſmus, den
Flitte von ihm an Eidesſtatt berichten wuͤrde,
ein Tag verſpaͤteter Erbſchaft zur Schulſtrafe ge¬
ſetzt. Flitte erwiederte darauf, „er wiſſe Nie¬
„mand, der ſo viel Organ fuͤr franzoͤſiſche
„Sprache beſitze, ſo wie Kalligraphie dafuͤr, als
„Herrn Walt, und er entſinne ſich keines erheb¬
„lichen Fehlers.“ Walt griff nach deſſen Hand,
und ſagte: „o wie ſchoͤn, daß ich mir Sie ſo im¬
„mer dachte! Aber meine Freude iſt nicht ſo un¬
„eigennuͤtzig, als ſie ſcheint, ſondern noch unei¬
„gennuͤtziger.“ Der Ober-Vollſtrecker wuͤnſchte
ihm erfreuet Gluͤck — desgleichen der Buchhaͤnd¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/108>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.