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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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"Verehrtester Herr Legazions-Rath! Ich
glaube nicht, daß die van der Kabelschen Erben
das bloße Einheften der zugefertigten Dokumente,
wie das Vultische Tagebuch ist, für eine hinläng¬
liche Erfüllung der biographischen Bedingungen,
unter welchen Ihnen das Naturalienkabinet testi¬
ret worden, nehmen werden. Und ich selber bin,
gesteh' ich, mit den Vortheilen meines Geschmacks
zu sehr dabei interessirt, als daß es mir gleich¬
gültig seyn sollte, Sie durch Vult verdrängt zu
sehen. Ihr Feuer, Ihr Stil etc. etc. -- -- hul¬
digen *). --

Dazu steht noch vieles andere dagegen. Es
kommen im Verfolge des Vultischen Tagebuchs
-- zumal im Februar, wo er in vollen Flammen
tobt -- Stellen vor, deren Zynismus schwerlich
durch den Humor, weder vor dem poetischen,

*) Die Bescheidenheit erlaubt nicht, Lobsprüche ste¬
hen zu lassen, die, wie leicht zu errathen, den
Gegenstand zu einem litterarischen Pair ausrufen
und die desto größer und folglich desto unverdien¬
ter sind, je feiner, gebildeter und aufrichtiger der
Geschmack des H. Bürgermeisters bekanntlich ist.

„Verehrteſter Herr Legazions-Rath! Ich
glaube nicht, daß die van der Kabelſchen Erben
das bloße Einheften der zugefertigten Dokumente,
wie das Vultiſche Tagebuch iſt, fuͤr eine hinlaͤng¬
liche Erfuͤllung der biographiſchen Bedingungen,
unter welchen Ihnen das Naturalienkabinet teſti¬
ret worden, nehmen werden. Und ich ſelber bin,
geſteh' ich, mit den Vortheilen meines Geſchmacks
zu ſehr dabei intereſſirt, als daß es mir gleich¬
guͤltig ſeyn ſollte, Sie durch Vult verdraͤngt zu
ſehen. Ihr Feuer, Ihr Stil ꝛc. ꝛc. — — hul¬
digen *). —

Dazu ſteht noch vieles andere dagegen. Es
kommen im Verfolge des Vultiſchen Tagebuchs
— zumal im Februar, wo er in vollen Flammen
tobt — Stellen vor, deren Zyniſmus ſchwerlich
durch den Humor, weder vor dem poetiſchen,

*) Die Beſcheidenheit erlaubt nicht, Lobſpruͤche ſte¬
hen zu laſſen, die, wie leicht zu errathen, den
Gegenſtand zu einem litterariſchen Pair ausrufen
und die deſto groͤßer und folglich deſto unverdien¬
ter ſind, je feiner, gebildeter und aufrichtiger der
Geſchmack des H. Buͤrgermeiſters bekanntlich iſt.
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[134/0140] „Verehrteſter Herr Legazions-Rath! Ich glaube nicht, daß die van der Kabelſchen Erben das bloße Einheften der zugefertigten Dokumente, wie das Vultiſche Tagebuch iſt, fuͤr eine hinlaͤng¬ liche Erfuͤllung der biographiſchen Bedingungen, unter welchen Ihnen das Naturalienkabinet teſti¬ ret worden, nehmen werden. Und ich ſelber bin, geſteh' ich, mit den Vortheilen meines Geſchmacks zu ſehr dabei intereſſirt, als daß es mir gleich¬ guͤltig ſeyn ſollte, Sie durch Vult verdraͤngt zu ſehen. Ihr Feuer, Ihr Stil ꝛc. ꝛc. — — hul¬ digen *). — Dazu ſteht noch vieles andere dagegen. Es kommen im Verfolge des Vultiſchen Tagebuchs — zumal im Februar, wo er in vollen Flammen tobt — Stellen vor, deren Zyniſmus ſchwerlich durch den Humor, weder vor dem poetiſchen, *) Die Beſcheidenheit erlaubt nicht, Lobſpruͤche ſte¬ hen zu laſſen, die, wie leicht zu errathen, den Gegenſtand zu einem litterariſchen Pair ausrufen und die deſto groͤßer und folglich deſto unverdien¬ ter ſind, je feiner, gebildeter und aufrichtiger der Geſchmack des H. Buͤrgermeiſters bekanntlich iſt.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/140>, abgerufen am 23.11.2024.