gerade in der Dämmerung Ballmusik gegen über war: so nahm er sich sein Stück Winterlustbar¬ keit heraus, so gut wie einer. Die Musik drang unsichtbar, ohne den Armen-Zickzack und die Backen-Kurven des Orchesters, nur entkörpert mit seligen Geistern in sein dämmerndes Stüb¬ chen. Er stellte sich zum Tanzen an, und weil es ihm an den schönsten Tänzerinnen nicht fehl¬ te -- da ganze Harems und Nonnenschaften dar¬ in waren und mehrere Rosenmädchen und alles --: so zog er Göttinnen von solchem Glanz zum Tanzen auf und machte mit ihnen -- obwohl leise, um unter seinen Füßen nicht rezensirt zu werden -- nach den fernen Takten, die er beglei¬ tete, so gut seine Pas, seine Seiten-, seine Vorpas zu Hopstänzen, zu Eier- zu Schalltän¬ zen, daß er sich vor jedem sehen lassen durfte, der nichts suchte als einen muntern Geist, der im Finstern umher setzt. Was er in der Selig¬ keit zu scheuen hatte, war blos Vults plötzlicher Eintritt.
Ihn -- der ohnehin nicht gewohnt war, daß er etwas hatte -- drückte kein Entbehren, er hatte
gerade in der Daͤmmerung Ballmuſik gegen uͤber war: ſo nahm er ſich ſein Stuͤck Winterluſtbar¬ keit heraus, ſo gut wie einer. Die Muſik drang unſichtbar, ohne den Armen-Zickzack und die Backen-Kurven des Orcheſters, nur entkoͤrpert mit ſeligen Geiſtern in ſein daͤmmerndes Stuͤb¬ chen. Er ſtellte ſich zum Tanzen an, und weil es ihm an den ſchoͤnſten Taͤnzerinnen nicht fehl¬ te — da ganze Harems und Nonnenſchaften dar¬ in waren und mehrere Roſenmaͤdchen und alles —: ſo zog er Goͤttinnen von ſolchem Glanz zum Tanzen auf und machte mit ihnen — obwohl leiſe, um unter ſeinen Fuͤßen nicht rezenſirt zu werden — nach den fernen Takten, die er beglei¬ tete, ſo gut ſeine Pas, ſeine Seiten-, ſeine Vorpas zu Hopstaͤnzen, zu Eier- zu Schalltaͤn¬ zen, daß er ſich vor jedem ſehen laſſen durfte, der nichts ſuchte als einen muntern Geiſt, der im Finſtern umher ſetzt. Was er in der Selig¬ keit zu ſcheuen hatte, war blos Vults ploͤtzlicher Eintritt.
Ihn — der ohnehin nicht gewohnt war, daß er etwas hatte — druͤckte kein Entbehren, er hatte
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gerade in der Daͤmmerung Ballmuſik gegen uͤber
war: ſo nahm er ſich ſein Stuͤck Winterluſtbar¬
keit heraus, ſo gut wie einer. Die Muſik drang
unſichtbar, ohne den Armen-Zickzack und die
Backen-Kurven des Orcheſters, nur entkoͤrpert
mit ſeligen Geiſtern in ſein daͤmmerndes Stuͤb¬
chen. Er ſtellte ſich zum Tanzen an, und weil
es ihm an den ſchoͤnſten Taͤnzerinnen nicht fehl¬
te — da ganze Harems und Nonnenſchaften dar¬
in waren und mehrere Roſenmaͤdchen und alles
—: ſo zog er Goͤttinnen von ſolchem Glanz zum
Tanzen auf und machte mit ihnen — obwohl
leiſe, um unter ſeinen Fuͤßen nicht rezenſirt zu
werden — nach den fernen Takten, die er beglei¬
tete, ſo gut ſeine Pas, ſeine Seiten-, ſeine
Vorpas zu Hopstaͤnzen, zu Eier- zu Schalltaͤn¬
zen, daß er ſich vor jedem ſehen laſſen durfte,
der nichts ſuchte als einen muntern Geiſt, der
im Finſtern umher ſetzt. Was er in der Selig¬
keit zu ſcheuen hatte, war blos Vults ploͤtzlicher
Eintritt.
Ihn — der ohnehin nicht gewohnt war, daß
er etwas hatte — druͤckte kein Entbehren, er hatte
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/164>, abgerufen am 25.11.2024.
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