Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

wieder vor mir, bat Vult; -- ich stehe dir mit
neuen Zügen bei."

"Ein neuer Zug aus der Kindheit ist ein
goldnes Geschenk", sagte Walt "-- nur wirst du
manches zu kindisch finden. (Kindisch blos, sagte
Vult) Ich nahm heute zwei Tage, nahe am kür¬
zesten und längsten."

Der erste Tag fiel in die Adventszeit. Schon
dieser Name und der andere "Adventsvogel" um¬
fliegt mich wie ein Lüftchen. Im Winter ist ein
Dorf schön, man kann es mehr überschauen, weil
man mehr darin beisammen bleibt. Nimm nur
den Montag. Schon den ganzen Sonntag freue¬
te ich mich auf die Schule am Montag. Jedes
Kind mußte um 7 Uhr bei Sternenschein mit sei¬
nem Lichtchen kommen; ich und du hatten schön
bemahlte von Wachs. Vielleicht mit zu großem
Stolze trug ich einen Quartband, einige Oktav¬
bände und ein Sedez-Werkchen unter dem Arm.

"Ich weiß, sagte Vult. du holtest der Mut¬
ter noch Semmel aus dem Wirthshause, als du
schon den Markus und seinem Ochsen griechisch
exponirtest.

wieder vor mir, bat Vult; — ich ſtehe dir mit
neuen Zuͤgen bei.“

„Ein neuer Zug aus der Kindheit iſt ein
goldnes Geſchenk“, ſagte Walt „— nur wirſt du
manches zu kindiſch finden. (Kindiſch blos, ſagte
Vult) Ich nahm heute zwei Tage, nahe am kuͤr¬
zeſten und laͤngſten.“

Der erſte Tag fiel in die Adventszeit. Schon
dieſer Name und der andere „Adventsvogel“ um¬
fliegt mich wie ein Luͤftchen. Im Winter iſt ein
Dorf ſchoͤn, man kann es mehr uͤberſchauen, weil
man mehr darin beiſammen bleibt. Nimm nur
den Montag. Schon den ganzen Sonntag freue¬
te ich mich auf die Schule am Montag. Jedes
Kind mußte um 7 Uhr bei Sternenſchein mit ſei¬
nem Lichtchen kommen; ich und du hatten ſchoͤn
bemahlte von Wachs. Vielleicht mit zu großem
Stolze trug ich einen Quartband, einige Oktav¬
baͤnde und ein Sedez-Werkchen unter dem Arm.

„Ich weiß, ſagte Vult. du holteſt der Mut¬
ter noch Semmel aus dem Wirthshauſe, als du
ſchon den Markus und ſeinem Ochſen griechiſch
exponirteſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0174" n="168"/>
wieder vor mir, bat Vult; &#x2014; ich &#x017F;tehe dir mit<lb/>
neuen Zu&#x0364;gen bei.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein neuer Zug aus der Kindheit i&#x017F;t ein<lb/>
goldnes Ge&#x017F;chenk&#x201C;, &#x017F;agte Walt &#x201E;&#x2014; nur wir&#x017F;t du<lb/>
manches zu kindi&#x017F;ch finden. (Kindi&#x017F;ch blos, &#x017F;agte<lb/>
Vult) Ich nahm heute zwei Tage, nahe am ku&#x0364;<lb/>
ze&#x017F;ten und la&#x0364;ng&#x017F;ten.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der er&#x017F;te Tag fiel in die Adventszeit. Schon<lb/>
die&#x017F;er Name und der andere &#x201E;Adventsvogel&#x201C; um¬<lb/>
fliegt mich wie ein Lu&#x0364;ftchen. Im Winter i&#x017F;t ein<lb/>
Dorf &#x017F;cho&#x0364;n, man kann es mehr u&#x0364;ber&#x017F;chauen, weil<lb/>
man mehr darin bei&#x017F;ammen bleibt. Nimm nur<lb/>
den Montag. Schon den ganzen Sonntag freue¬<lb/>
te ich mich auf die Schule am Montag. Jedes<lb/>
Kind mußte um 7 Uhr bei Sternen&#x017F;chein mit &#x017F;ei¬<lb/>
nem Lichtchen kommen; ich und du hatten &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
bemahlte von Wachs. Vielleicht mit zu großem<lb/>
Stolze trug ich einen Quartband, einige Oktav¬<lb/>
ba&#x0364;nde und ein Sedez-Werkchen unter dem Arm.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich weiß, &#x017F;agte Vult. du holte&#x017F;t der Mut¬<lb/>
ter noch Semmel aus dem Wirthshau&#x017F;e, als du<lb/>
&#x017F;chon den Markus und &#x017F;einem Och&#x017F;en griechi&#x017F;ch<lb/>
exponirte&#x017F;t.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0174] wieder vor mir, bat Vult; — ich ſtehe dir mit neuen Zuͤgen bei.“ „Ein neuer Zug aus der Kindheit iſt ein goldnes Geſchenk“, ſagte Walt „— nur wirſt du manches zu kindiſch finden. (Kindiſch blos, ſagte Vult) Ich nahm heute zwei Tage, nahe am kuͤr¬ zeſten und laͤngſten.“ Der erſte Tag fiel in die Adventszeit. Schon dieſer Name und der andere „Adventsvogel“ um¬ fliegt mich wie ein Luͤftchen. Im Winter iſt ein Dorf ſchoͤn, man kann es mehr uͤberſchauen, weil man mehr darin beiſammen bleibt. Nimm nur den Montag. Schon den ganzen Sonntag freue¬ te ich mich auf die Schule am Montag. Jedes Kind mußte um 7 Uhr bei Sternenſchein mit ſei¬ nem Lichtchen kommen; ich und du hatten ſchoͤn bemahlte von Wachs. Vielleicht mit zu großem Stolze trug ich einen Quartband, einige Oktav¬ baͤnde und ein Sedez-Werkchen unter dem Arm. „Ich weiß, ſagte Vult. du holteſt der Mut¬ ter noch Semmel aus dem Wirthshauſe, als du ſchon den Markus und ſeinem Ochſen griechiſch exponirteſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/174
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/174>, abgerufen am 26.11.2024.