Vult erzählte jetzt, Jakobine, die Schauspie¬ lerin, sei angekommen: "sie wird auf dem Balle auch ihre Rolle spielen, spiele du weder den er¬ sten, noch den letzten Liebhaber, Walt. Es ist Teufels-Volk, die Weiber; scheinen sie schlimm, so sind sie es auch; scheinen sie es nicht, so sind sie es doch. Indeß zieh' ich alle Jakobinen allen Prüden vor, welche ihre himmelblauen Netze durch den Aether aufspannen." Walt fragte, wie es denn eine arme S [unleserliches Material - Zeichen fehlt][unleserliches Material - Zeichen fehlt]ne machen solle, wenn Schein und Seyn nichts hälfen. Allerdings ist eine gewisse Zurückziehung ein Netz, aber eines um einen Kirschbaum voll süßer Früchte, nicht um die Sperlinge zu fangen, sondern um sie ab¬ zuhalten. Aber Vults Zunge schonte, ungleich dem Löwen, jetzt keine Frau.
Walt trug mit stillem Beklagen des verarm¬ ten Bruders alles ganz gern. Vor Vult hatte sich die Lebensseite in die Nachtseite gekehrt, darum mußte er im Schatten kalt seyn, und, wie andere Gewächse, Gift-Lüfte ausathmen. Hin¬ gegen der Liebe wendet sich die Himmelskugel, wie auch die irdische Welt sich drehe, stets mit
auf¬
Vult erzaͤhlte jetzt, Jakobine, die Schauſpie¬ lerin, ſei angekommen: „ſie wird auf dem Balle auch ihre Rolle ſpielen, ſpiele du weder den er¬ ſten, noch den letzten Liebhaber, Walt. Es iſt Teufels-Volk, die Weiber; ſcheinen ſie ſchlimm, ſo ſind ſie es auch; ſcheinen ſie es nicht, ſo ſind ſie es doch. Indeß zieh' ich alle Jakobinen allen Pruͤden vor, welche ihre himmelblauen Netze durch den Aether aufſpannen.“ Walt fragte, wie es denn eine arme S [unleserliches Material – Zeichen fehlt][unleserliches Material – Zeichen fehlt]ne machen ſolle, wenn Schein und Seyn nichts haͤlfen. Allerdings iſt eine gewiſſe Zuruͤckziehung ein Netz, aber eines um einen Kirſchbaum voll ſuͤßer Fruͤchte, nicht um die Sperlinge zu fangen, ſondern um ſie ab¬ zuhalten. Aber Vults Zunge ſchonte, ungleich dem Loͤwen, jetzt keine Frau.
Walt trug mit ſtillem Beklagen des verarm¬ ten Bruders alles ganz gern. Vor Vult hatte ſich die Lebensſeite in die Nachtſeite gekehrt, darum mußte er im Schatten kalt ſeyn, und, wie andere Gewaͤchſe, Gift-Luͤfte ausathmen. Hin¬ gegen der Liebe wendet ſich die Himmelskugel, wie auch die irdiſche Welt ſich drehe, ſtets mit
auf¬
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0278"n="272"/><p>Vult erzaͤhlte jetzt, Jakobine, die Schauſpie¬<lb/>
lerin, ſei angekommen: „ſie wird auf dem Balle<lb/>
auch ihre Rolle ſpielen, ſpiele du weder den er¬<lb/>ſten, noch den letzten Liebhaber, Walt. Es iſt<lb/>
Teufels-Volk, die Weiber; ſcheinen ſie ſchlimm,<lb/>ſo ſind ſie es auch; ſcheinen ſie es nicht, ſo ſind<lb/>ſie es doch. Indeß zieh' ich alle Jakobinen allen<lb/>
Pruͤden vor, welche ihre himmelblauen Netze<lb/>
durch den Aether aufſpannen.“ Walt fragte,<lb/>
wie es denn eine arme S <gapreason="illegible"unit="chars"/><gapreason="illegible"unit="chars"/>ne machen ſolle, wenn<lb/>
Schein und Seyn nichts haͤlfen. Allerdings iſt<lb/>
eine gewiſſe Zuruͤckziehung ein Netz, aber eines<lb/>
um einen Kirſchbaum voll ſuͤßer Fruͤchte, nicht<lb/>
um die Sperlinge zu fangen, ſondern um ſie ab¬<lb/>
zuhalten. Aber Vults Zunge ſchonte, ungleich<lb/>
dem Loͤwen, jetzt keine Frau.</p><lb/><p>Walt trug mit ſtillem Beklagen des verarm¬<lb/>
ten Bruders alles ganz gern. Vor Vult hatte<lb/>ſich die Lebensſeite in die Nachtſeite gekehrt,<lb/>
darum mußte er im Schatten kalt ſeyn, und, wie<lb/>
andere Gewaͤchſe, Gift-Luͤfte ausathmen. Hin¬<lb/>
gegen der Liebe wendet ſich die Himmelskugel,<lb/>
wie auch die irdiſche Welt ſich drehe, ſtets mit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auf¬<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[272/0278]
Vult erzaͤhlte jetzt, Jakobine, die Schauſpie¬
lerin, ſei angekommen: „ſie wird auf dem Balle
auch ihre Rolle ſpielen, ſpiele du weder den er¬
ſten, noch den letzten Liebhaber, Walt. Es iſt
Teufels-Volk, die Weiber; ſcheinen ſie ſchlimm,
ſo ſind ſie es auch; ſcheinen ſie es nicht, ſo ſind
ſie es doch. Indeß zieh' ich alle Jakobinen allen
Pruͤden vor, welche ihre himmelblauen Netze
durch den Aether aufſpannen.“ Walt fragte,
wie es denn eine arme S _ _ ne machen ſolle, wenn
Schein und Seyn nichts haͤlfen. Allerdings iſt
eine gewiſſe Zuruͤckziehung ein Netz, aber eines
um einen Kirſchbaum voll ſuͤßer Fruͤchte, nicht
um die Sperlinge zu fangen, ſondern um ſie ab¬
zuhalten. Aber Vults Zunge ſchonte, ungleich
dem Loͤwen, jetzt keine Frau.
Walt trug mit ſtillem Beklagen des verarm¬
ten Bruders alles ganz gern. Vor Vult hatte
ſich die Lebensſeite in die Nachtſeite gekehrt,
darum mußte er im Schatten kalt ſeyn, und, wie
andere Gewaͤchſe, Gift-Luͤfte ausathmen. Hin¬
gegen der Liebe wendet ſich die Himmelskugel,
wie auch die irdiſche Welt ſich drehe, ſtets mit
auf¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/278>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.