Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

oft zwei? Du bezahltest mirs nicht, daß ich
nichts trank, und ich nicht einmal, wenn ich
etwas trank. Oder glaubst du, daß ein Mann,
der seine Flöte bläset, der mehr Welt hat, sah
und genoß, als alle seine Anverwandten, der in
Paris und Warschau Abends um 1 Uhr, nach
Mitternacht, seine Tasse Suppe trank, und sei¬
nen Löffel Eis speißte, so leicht sein Paris und
Warschau, als du dein Haßlau und Elterlein,
in einer Neupeterschen Mansardstube opfert, die
nicht einmal den Quadratinhalt eines Opferal¬
tars groß ist? Ich aber glaube, ich war ein
Coock, der Freundschafts- und Gesellschaftsinseln
entdeckte, und darunter die schöne Insel O-Wai¬
hi, welche aber den Entdecker und Weltumfahrer
zulezt, als er den Mastbaum wollte wieder zu¬
sammenschienen lassen, gar todt machte und
auffraß.

Sogar meine Flöte ist dir entbehrlich, da du
einmal (was du wohl vergessen) eine Hoboe für
eine Flöte angesehen, nämlich angehört. Und
da dir, wie du sagst, überall die höchsten Töne
am meisten gefallen; so wirst du immer musika¬

oft zwei? Du bezahlteſt mirs nicht, daß ich
nichts trank, und ich nicht einmal, wenn ich
etwas trank. Oder glaubſt du, daß ein Mann,
der ſeine Floͤte blaͤſet, der mehr Welt hat, ſah
und genoß, als alle ſeine Anverwandten, der in
Paris und Warſchau Abends um 1 Uhr, nach
Mitternacht, ſeine Taſſe Suppe trank, und ſei¬
nen Loͤffel Eis ſpeißte, ſo leicht ſein Paris und
Warſchau, als du dein Haßlau und Elterlein,
in einer Neupeterſchen Manſardſtube opfert, die
nicht einmal den Quadratinhalt eines Opferal¬
tars groß iſt? Ich aber glaube, ich war ein
Coock, der Freundſchafts- und Geſellſchaftsinſeln
entdeckte, und darunter die ſchoͤne Inſel O-Wai¬
hi, welche aber den Entdecker und Weltumfahrer
zulezt, als er den Maſtbaum wollte wieder zu¬
ſammenſchienen laſſen, gar todt machte und
auffraß.

Sogar meine Floͤte iſt dir entbehrlich, da du
einmal (was du wohl vergeſſen) eine Hoboe fuͤr
eine Floͤte angeſehen, naͤmlich angehoͤrt. Und
da dir, wie du ſagſt, uͤberall die hoͤchſten Toͤne
am meiſten gefallen; ſo wirſt du immer muſika¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0303" n="297"/>
oft zwei? Du bezahlte&#x017F;t mirs nicht, daß ich<lb/>
nichts trank, und ich nicht einmal, wenn ich<lb/>
etwas trank. Oder glaub&#x017F;t du, daß ein Mann,<lb/>
der &#x017F;eine Flo&#x0364;te bla&#x0364;&#x017F;et, der mehr Welt hat, &#x017F;ah<lb/>
und genoß, als alle &#x017F;eine Anverwandten, der in<lb/>
Paris und War&#x017F;chau Abends um 1 Uhr, nach<lb/>
Mitternacht, &#x017F;eine Ta&#x017F;&#x017F;e Suppe trank, und &#x017F;ei¬<lb/>
nen Lo&#x0364;ffel Eis &#x017F;peißte, &#x017F;o leicht &#x017F;ein Paris und<lb/>
War&#x017F;chau, als du dein Haßlau und Elterlein,<lb/>
in einer Neupeter&#x017F;chen Man&#x017F;ard&#x017F;tube opfert, die<lb/>
nicht einmal den Quadratinhalt eines Opferal¬<lb/>
tars groß i&#x017F;t? Ich aber glaube, ich war ein<lb/>
Coock, der Freund&#x017F;chafts- und Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftsin&#x017F;eln<lb/>
entdeckte, und darunter die &#x017F;cho&#x0364;ne In&#x017F;el O-Wai¬<lb/>
hi, welche aber den Entdecker und Weltumfahrer<lb/>
zulezt, als er den Ma&#x017F;tbaum wollte wieder zu¬<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;chienen la&#x017F;&#x017F;en, gar todt machte und<lb/>
auffraß.</p><lb/>
        <p>Sogar meine Flo&#x0364;te i&#x017F;t dir entbehrlich, da du<lb/>
einmal (was du wohl verge&#x017F;&#x017F;en) eine Hoboe fu&#x0364;r<lb/>
eine Flo&#x0364;te ange&#x017F;ehen, na&#x0364;mlich angeho&#x0364;rt. Und<lb/>
da dir, wie du &#x017F;ag&#x017F;t, u&#x0364;berall die ho&#x0364;ch&#x017F;ten To&#x0364;ne<lb/>
am mei&#x017F;ten gefallen; &#x017F;o wir&#x017F;t du immer mu&#x017F;ika¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0303] oft zwei? Du bezahlteſt mirs nicht, daß ich nichts trank, und ich nicht einmal, wenn ich etwas trank. Oder glaubſt du, daß ein Mann, der ſeine Floͤte blaͤſet, der mehr Welt hat, ſah und genoß, als alle ſeine Anverwandten, der in Paris und Warſchau Abends um 1 Uhr, nach Mitternacht, ſeine Taſſe Suppe trank, und ſei¬ nen Loͤffel Eis ſpeißte, ſo leicht ſein Paris und Warſchau, als du dein Haßlau und Elterlein, in einer Neupeterſchen Manſardſtube opfert, die nicht einmal den Quadratinhalt eines Opferal¬ tars groß iſt? Ich aber glaube, ich war ein Coock, der Freundſchafts- und Geſellſchaftsinſeln entdeckte, und darunter die ſchoͤne Inſel O-Wai¬ hi, welche aber den Entdecker und Weltumfahrer zulezt, als er den Maſtbaum wollte wieder zu¬ ſammenſchienen laſſen, gar todt machte und auffraß. Sogar meine Floͤte iſt dir entbehrlich, da du einmal (was du wohl vergeſſen) eine Hoboe fuͤr eine Floͤte angeſehen, naͤmlich angehoͤrt. Und da dir, wie du ſagſt, uͤberall die hoͤchſten Toͤne am meiſten gefallen; ſo wirſt du immer muſika¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/303
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/303>, abgerufen am 24.11.2024.