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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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fliegendes Schiff; zu Flitten kehrte er sogleich zu¬
rück. Sie gingen heim. Die großen Eßglocken
riefen die Stadt zusammen, wie zwei Stunden
später kleinere den Hof; dieß wirkte auf den satten
Notar, der jetzt nicht zum Essen ging, sehr ro¬
mantisch. Gibt es einen wahren Mann nach der
Uhr, der zugleich die Uhr selber ist, so ists der
Magen. Je dunkler und zeitiger das Wesen, desto
mehr Zeit kennt es, wie Leiber, Fieber, Thiere,
Kinder und Wahnsinnige beweisen; nur ein Geist
kann die Zeit vergessen, weil nur er sie schafft.
Wird nun dem gedachten Magen oder Manne nach
der Uhr, seine Speise-Uhr um Stunden voraus
oder zurück gestellt: so macht er wieder den Geist
so irre, daß dieser ganz romantisch wird. Denn
er mit allen seinen Himmels-Sternen muß doch
der körperlichen Umdrehung folgen. Das Früh¬
stück, das ein Spätstück gewesen, warf den Notar
aus einem Gleise, worin er seit Jahrzehenden ge¬
fahren war, so weit hinaus, daß vor ihm jeder
Glockenschlag, der Sonnenstand, der ganze Nach¬
mittag ein fremdes seltsames Ansehen gewann.
Vielleicht macht daher der Krieg den disziplinir¬

fliegendes Schiff; zu Flitten kehrte er ſogleich zu¬
ruͤck. Sie gingen heim. Die großen Eßglocken
riefen die Stadt zuſammen, wie zwei Stunden
ſpaͤter kleinere den Hof; dieß wirkte auf den ſatten
Notar, der jetzt nicht zum Eſſen ging, ſehr ro¬
mantiſch. Gibt es einen wahren Mann nach der
Uhr, der zugleich die Uhr ſelber iſt, ſo iſts der
Magen. Je dunkler und zeitiger das Weſen, deſto
mehr Zeit kennt es, wie Leiber, Fieber, Thiere,
Kinder und Wahnſinnige beweiſen; nur ein Geiſt
kann die Zeit vergeſſen, weil nur er ſie ſchafft.
Wird nun dem gedachten Magen oder Manne nach
der Uhr, ſeine Speiſe-Uhr um Stunden voraus
oder zuruͤck geſtellt: ſo macht er wieder den Geiſt
ſo irre, daß dieſer ganz romantiſch wird. Denn
er mit allen ſeinen Himmels-Sternen muß doch
der koͤrperlichen Umdrehung folgen. Das Fruͤh¬
ſtuͤck, das ein Spaͤtſtuͤck geweſen, warf den Notar
aus einem Gleiſe, worin er ſeit Jahrzehenden ge¬
fahren war, ſo weit hinaus, daß vor ihm jeder
Glockenſchlag, der Sonnenſtand, der ganze Nach¬
mittag ein fremdes ſeltſames Anſehen gewann.
Vielleicht macht daher der Krieg den disziplinir¬

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[47/0053] fliegendes Schiff; zu Flitten kehrte er ſogleich zu¬ ruͤck. Sie gingen heim. Die großen Eßglocken riefen die Stadt zuſammen, wie zwei Stunden ſpaͤter kleinere den Hof; dieß wirkte auf den ſatten Notar, der jetzt nicht zum Eſſen ging, ſehr ro¬ mantiſch. Gibt es einen wahren Mann nach der Uhr, der zugleich die Uhr ſelber iſt, ſo iſts der Magen. Je dunkler und zeitiger das Weſen, deſto mehr Zeit kennt es, wie Leiber, Fieber, Thiere, Kinder und Wahnſinnige beweiſen; nur ein Geiſt kann die Zeit vergeſſen, weil nur er ſie ſchafft. Wird nun dem gedachten Magen oder Manne nach der Uhr, ſeine Speiſe-Uhr um Stunden voraus oder zuruͤck geſtellt: ſo macht er wieder den Geiſt ſo irre, daß dieſer ganz romantiſch wird. Denn er mit allen ſeinen Himmels-Sternen muß doch der koͤrperlichen Umdrehung folgen. Das Fruͤh¬ ſtuͤck, das ein Spaͤtſtuͤck geweſen, warf den Notar aus einem Gleiſe, worin er ſeit Jahrzehenden ge¬ fahren war, ſo weit hinaus, daß vor ihm jeder Glockenſchlag, der Sonnenſtand, der ganze Nach¬ mittag ein fremdes ſeltſames Anſehen gewann. Vielleicht macht daher der Krieg den disziplinir¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/53>, abgerufen am 28.11.2024.