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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

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sie Geld hätten --; und mit welcher Süßigkeit
er vom Reichseyn spricht: wahrhaftig, so wüßt'
ich keinen schönern Tag als den, wo der arme
Narr die höchsten Geldkästen und Geldsäcke plötz¬
lich in seiner Stube stehen sähe. Wie könnten ei¬
nem solchen Menschen schon die Zinsen von den
Zinsen der Zinsen der englischen Nazionalschuld
aufhelfen!" Er fragte, warum, da alle Leiden
Ferien finden, denn die eines deutschen Schuldners
nie absetzen, indeß in England doch der Sonntag,
ein Ruhetag des verschuldeten Ohrs ist, wie so gar
um die Verdammten (nach der jüdischen Religion)
am Sabbath, am Feste des Neumonds und un¬
ter dem wöchentlichen Gebete der Juden die Hölle
erstirbt und ein sanfter kühler Nachsommer des
begrabnen Lebens über die heißen Abgründe weht.

Lieblich überwallete ihm das Herz, wenn er
sich das Seelenfest ausfärbte, womit er den Flö¬
tenspieler durch den Elsaßer und diesen durch je¬
nen zu beschenken hoffte, wenn er Vulten die un¬
schuldige liberale poetische Lebensfreiheit Flittens
beschwüre und diesem einen Spiel- und Edelmann
zugleich zuführte: "o ich will dabei dem wackern

ſie Geld haͤtten —; und mit welcher Suͤßigkeit
er vom Reichſeyn ſpricht: wahrhaftig, ſo wuͤßt'
ich keinen ſchoͤnern Tag als den, wo der arme
Narr die hoͤchſten Geldkaͤſten und Geldſaͤcke ploͤtz¬
lich in ſeiner Stube ſtehen ſaͤhe. Wie koͤnnten ei¬
nem ſolchen Menſchen ſchon die Zinſen von den
Zinſen der Zinſen der engliſchen Nazionalſchuld
aufhelfen!“ Er fragte, warum, da alle Leiden
Ferien finden, denn die eines deutſchen Schuldners
nie abſetzen, indeß in England doch der Sonntag,
ein Ruhetag des verſchuldeten Ohrs iſt, wie ſo gar
um die Verdammten (nach der juͤdiſchen Religion)
am Sabbath, am Feſte des Neumonds und un¬
ter dem woͤchentlichen Gebete der Juden die Hoͤlle
erſtirbt und ein ſanfter kuͤhler Nachſommer des
begrabnen Lebens uͤber die heißen Abgruͤnde weht.

Lieblich uͤberwallete ihm das Herz, wenn er
ſich das Seelenfeſt ausfaͤrbte, womit er den Floͤ¬
tenſpieler durch den Elſaßer und dieſen durch je¬
nen zu beſchenken hoffte, wenn er Vulten die un¬
ſchuldige liberale poetiſche Lebensfreiheit Flittens
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[61/0067] ſie Geld haͤtten —; und mit welcher Suͤßigkeit er vom Reichſeyn ſpricht: wahrhaftig, ſo wuͤßt' ich keinen ſchoͤnern Tag als den, wo der arme Narr die hoͤchſten Geldkaͤſten und Geldſaͤcke ploͤtz¬ lich in ſeiner Stube ſtehen ſaͤhe. Wie koͤnnten ei¬ nem ſolchen Menſchen ſchon die Zinſen von den Zinſen der Zinſen der engliſchen Nazionalſchuld aufhelfen!“ Er fragte, warum, da alle Leiden Ferien finden, denn die eines deutſchen Schuldners nie abſetzen, indeß in England doch der Sonntag, ein Ruhetag des verſchuldeten Ohrs iſt, wie ſo gar um die Verdammten (nach der juͤdiſchen Religion) am Sabbath, am Feſte des Neumonds und un¬ ter dem woͤchentlichen Gebete der Juden die Hoͤlle erſtirbt und ein ſanfter kuͤhler Nachſommer des begrabnen Lebens uͤber die heißen Abgruͤnde weht. Lieblich uͤberwallete ihm das Herz, wenn er ſich das Seelenfeſt ausfaͤrbte, womit er den Floͤ¬ tenſpieler durch den Elſaßer und dieſen durch je¬ nen zu beſchenken hoffte, wenn er Vulten die un¬ ſchuldige liberale poetiſche Lebensfreiheit Flittens beſchwuͤre und dieſem einen Spiel- und Edelmann zugleich zufuͤhrte: „o ich will dabei dem wackern

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/67>, abgerufen am 27.11.2024.