"damit du ihn weniger hart richten lerntest; denn "dieß thust du, Lieber!"
"Flitte scheint dir erhaben? ein Seelenklas¬ "siker oder so? Und seine Lustigkeit poetisches Se¬ "gel- und Flugwerk? fragte Vult. Ich habe "in der That, versetzte Walt, recht gut seinen "schönen Temperaments-Leichtsinn, der nur Ge¬ "genwart abweidet, von dem dichterischen leich¬ "ten Schweben über jeder unterschieden; er freue¬ "te sich nie lange nach." --
-- "Hat er dich in deiner Probe-Woche, "die du dir selber sehr gut ohne allen fremden "Rath gewählt, keine bedenklichen Sprünge ma¬ "chen lassen, die etwa Bäume kosten?" sagte Vult. "Nein, versetzte Walt, aber französische Fehltritte hat er mir abgewöhnt." Hier fuhr Notarius fort und bediente sich der fragenden Fi¬ gur, ob Flitte ihm nicht das Feinste entdecket ha¬ be, z. B. daß man nie oder selten comment fra¬ gen müsse, sondern höflicher Monsieur oder auch Madame? Hab' Ers nicht gerügt, fragte Walt, als er so ganz unfranzösisch bon appetit wünsch¬ te, oder eine Kammerfrau, femme de chambre
„damit du ihn weniger hart richten lernteſt; denn „dieß thuſt du, Lieber!“
„Flitte ſcheint dir erhaben? ein Seelenklaſ¬ „ſiker oder ſo? Und ſeine Luſtigkeit poetiſches Se¬ „gel- und Flugwerk? fragte Vult. Ich habe „in der That, verſetzte Walt, recht gut ſeinen „ſchoͤnen Temperaments-Leichtſinn, der nur Ge¬ „genwart abweidet, von dem dichteriſchen leich¬ „ten Schweben uͤber jeder unterſchieden; er freue¬ „te ſich nie lange nach.“ —
— „Hat er dich in deiner Probe-Woche, „die du dir ſelber ſehr gut ohne allen fremden „Rath gewaͤhlt, keine bedenklichen Spruͤnge ma¬ „chen laſſen, die etwa Baͤume koſten?“ ſagte Vult. „Nein, verſetzte Walt, aber franzoͤſiſche Fehltritte hat er mir abgewoͤhnt.“ Hier fuhr Notarius fort und bediente ſich der fragenden Fi¬ gur, ob Flitte ihm nicht das Feinſte entdecket ha¬ be, z. B. daß man nie oder ſelten comment fra¬ gen muͤſſe, ſondern hoͤflicher Monsieur oder auch Madame? Hab' Ers nicht geruͤgt, fragte Walt, als er ſo ganz unfranzoͤſiſch bon appetit wuͤnſch¬ te, oder eine Kammerfrau, femme de chambre
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0076"n="70"/>„damit du ihn weniger hart richten lernteſt; denn<lb/>„dieß thuſt du, Lieber!“</p><lb/><p>„Flitte ſcheint dir erhaben? ein Seelenklaſ¬<lb/>„ſiker oder ſo? Und ſeine Luſtigkeit poetiſches Se¬<lb/>„gel- und Flugwerk? fragte Vult. Ich habe<lb/>„in der That, verſetzte Walt, recht gut ſeinen<lb/>„ſchoͤnen Temperaments-Leichtſinn, der nur Ge¬<lb/>„genwart abweidet, von dem dichteriſchen leich¬<lb/>„ten Schweben uͤber jeder unterſchieden; er freue¬<lb/>„te ſich nie lange nach.“—</p><lb/><p>—„Hat er dich in deiner Probe-Woche,<lb/>„die du dir ſelber ſehr gut ohne allen fremden<lb/>„Rath gewaͤhlt, keine bedenklichen Spruͤnge ma¬<lb/>„chen laſſen, die etwa Baͤume koſten?“ſagte<lb/>
Vult. „Nein, verſetzte Walt, aber franzoͤſiſche<lb/>
Fehltritte hat er mir abgewoͤhnt.“ Hier fuhr<lb/>
Notarius fort und bediente ſich der fragenden Fi¬<lb/>
gur, ob Flitte ihm nicht das Feinſte entdecket ha¬<lb/>
be, z. B. daß man nie oder ſelten <hirendition="#aq">comment</hi> fra¬<lb/>
gen muͤſſe, ſondern hoͤflicher <hirendition="#aq">Monsieur</hi> oder auch<lb/><hirendition="#aq">Madame</hi>? Hab' Ers nicht geruͤgt, fragte Walt,<lb/>
als er ſo ganz unfranzoͤſiſch <hirendition="#aq">bon appetit</hi> wuͤnſch¬<lb/>
te, oder eine Kammerfrau, <hirendition="#aq">femme de chambre</hi><lb/></p></div></body></text></TEI>
[70/0076]
„damit du ihn weniger hart richten lernteſt; denn
„dieß thuſt du, Lieber!“
„Flitte ſcheint dir erhaben? ein Seelenklaſ¬
„ſiker oder ſo? Und ſeine Luſtigkeit poetiſches Se¬
„gel- und Flugwerk? fragte Vult. Ich habe
„in der That, verſetzte Walt, recht gut ſeinen
„ſchoͤnen Temperaments-Leichtſinn, der nur Ge¬
„genwart abweidet, von dem dichteriſchen leich¬
„ten Schweben uͤber jeder unterſchieden; er freue¬
„te ſich nie lange nach.“ —
— „Hat er dich in deiner Probe-Woche,
„die du dir ſelber ſehr gut ohne allen fremden
„Rath gewaͤhlt, keine bedenklichen Spruͤnge ma¬
„chen laſſen, die etwa Baͤume koſten?“ ſagte
Vult. „Nein, verſetzte Walt, aber franzoͤſiſche
Fehltritte hat er mir abgewoͤhnt.“ Hier fuhr
Notarius fort und bediente ſich der fragenden Fi¬
gur, ob Flitte ihm nicht das Feinſte entdecket ha¬
be, z. B. daß man nie oder ſelten comment fra¬
gen muͤſſe, ſondern hoͤflicher Monsieur oder auch
Madame? Hab' Ers nicht geruͤgt, fragte Walt,
als er ſo ganz unfranzoͤſiſch bon appetit wuͤnſch¬
te, oder eine Kammerfrau, femme de chambre
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/76>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.