Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795."selten haben: warum will man nicht für die ge¬ Er sagte, er habe Moral gehört und verlange »ſelten haben: warum will man nicht fuͤr die ge¬ Er ſagte, er habe Moral gehoͤrt und verlange <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0183" n="172"/> »ſelten haben: warum will man nicht fuͤr die ge¬<lb/> »ſchonte Tugend und fuͤr die Freude zugleich etwas<lb/> »thun?«</p><lb/> <p>Er ſagte, er habe Moral gehoͤrt und verlange<lb/> fuͤr ſeine auſſergerichtlichen Schenkungen und milden<lb/> Stiftungen nichts als — Verzeihung. — Sein Fla¬<lb/> min, der ihn fuͤr eine ſorgloſe Saͤemaſchine auf Fel¬<lb/> ſen erklaͤrte, verbrachte ſeine kleinen Ferien bis zu<lb/> dem Seſſionstiſch, in gluͤhenden Hofnungen an die¬<lb/> ſem Tiſche zu nuͤtzen, und in Vorbereitungen, um es<lb/> zu koͤnnen: oft wenn der hoͤhere Patriotismus mit<lb/> Heiligenſchein und Moſis Glanz aus dem Angeſicht<lb/> des geliebten Flamius vorbrach, ſo ſtanden Thraͤnen<lb/> der freudigen Freundſchaft in Viktors Augen und<lb/> im Augenblick einer lyriſchen Menſchenliebe ſchwo¬<lb/> ren ſie ſich an ihrer Bruſt fuͤr die Zukunft gegen¬<lb/> ſeitige Unterſtuͤtzung im Gutesthun und gemeinſchaft¬<lb/> liche Aufopferungen fuͤr die Menſchen zu. — Ihr<lb/> Unterſchied war blos wechſelſeitige Uebertreibung —<lb/> Flamin war gegen Laſter zu intolerant, Viktor zu<lb/> tolerant — jener verwarf als Regierungsrath wie<lb/> Anabaptiſten alle Feſte und wie die erſten Chriſten<lb/> alle Blumen (in jedem Sinn) — dieſer liebte gleich<lb/> den Griechen beides zu ſehr — jener haͤtte der Ehre<lb/> Menſchenopfer gebracht — dieſer kannte keinen Eh¬<lb/> renraͤuber als das eigne Herz, er ſprang uͤber den<lb/> papiernen Halbadel unſers jaͤmmerlichen Viſiten¬<lb/></p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [172/0183]
»ſelten haben: warum will man nicht fuͤr die ge¬
»ſchonte Tugend und fuͤr die Freude zugleich etwas
»thun?«
Er ſagte, er habe Moral gehoͤrt und verlange
fuͤr ſeine auſſergerichtlichen Schenkungen und milden
Stiftungen nichts als — Verzeihung. — Sein Fla¬
min, der ihn fuͤr eine ſorgloſe Saͤemaſchine auf Fel¬
ſen erklaͤrte, verbrachte ſeine kleinen Ferien bis zu
dem Seſſionstiſch, in gluͤhenden Hofnungen an die¬
ſem Tiſche zu nuͤtzen, und in Vorbereitungen, um es
zu koͤnnen: oft wenn der hoͤhere Patriotismus mit
Heiligenſchein und Moſis Glanz aus dem Angeſicht
des geliebten Flamius vorbrach, ſo ſtanden Thraͤnen
der freudigen Freundſchaft in Viktors Augen und
im Augenblick einer lyriſchen Menſchenliebe ſchwo¬
ren ſie ſich an ihrer Bruſt fuͤr die Zukunft gegen¬
ſeitige Unterſtuͤtzung im Gutesthun und gemeinſchaft¬
liche Aufopferungen fuͤr die Menſchen zu. — Ihr
Unterſchied war blos wechſelſeitige Uebertreibung —
Flamin war gegen Laſter zu intolerant, Viktor zu
tolerant — jener verwarf als Regierungsrath wie
Anabaptiſten alle Feſte und wie die erſten Chriſten
alle Blumen (in jedem Sinn) — dieſer liebte gleich
den Griechen beides zu ſehr — jener haͤtte der Ehre
Menſchenopfer gebracht — dieſer kannte keinen Eh¬
renraͤuber als das eigne Herz, er ſprang uͤber den
papiernen Halbadel unſers jaͤmmerlichen Viſiten¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |