Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Pointd'honneurs hinweg und war, spottend über den
Spott, nur dem hohen Adel der Tugend unter¬
than. -- --

Viktor sog sich mit Laubfroschfüßen an jedes
Blumenblatt der Freude an, an Kinder, an Thiere,
an Dorf-Luperkalien, an Stunden; -- am liebsten
aber hatt' er den Sonnabend. Hier that er Streif¬
züge durch die freudige Unruhe des Dorfes, vor
Knechten vorbei, die ihre Sensen nicht magnetisch
sondern schärfer hämmerten und vor der Ladenthüre
des Schulmeisters, an der sein Auge als Portier oft
eine halbe Stunde stand. Denn er konnte den St.
Lünischen Handelsflor recht gut im kleinen Gro߬
avanturhandel des Schulmeisters bemerken, der keine
geringere Börse der Kaufleute kannte als die in sei¬
ner Hosentasche. Aus diesem ostindischen Hause sah
er spät die wohlfeilen Freuden des Sonntags holen
-- der Grossierer (der Schulmeister wird gemeint)
machte, von den Negersklaven unterstützt, den Sonn¬
tagsmorgen von St. Lüne mit seinem Syrup süß
und mit seinem Kaffee heiß: und sowohl durch den
Tabaksbau in Deutschland wurde dieser Handelsherr
in Stand gesetzt, mit Spiralwürsten von Lausewen¬
zel die Köpfe der Pfeifen, als durch den Seidenbau,
der Töchter ihre mit Sabaaths-Wimpeln zu versorgen
aus seinem Auerbachischen Hofe. -- Unsern Helden
kannte alles. Aus jeder Hundshütte wedelte ihm

Pointd'honneurs hinweg und war, ſpottend uͤber den
Spott, nur dem hohen Adel der Tugend unter¬
than. — —

Viktor ſog ſich mit Laubfroſchfuͤßen an jedes
Blumenblatt der Freude an, an Kinder, an Thiere,
an Dorf-Luperkalien, an Stunden; — am liebſten
aber hatt' er den Sonnabend. Hier that er Streif¬
zuͤge durch die freudige Unruhe des Dorfes, vor
Knechten vorbei, die ihre Senſen nicht magnetiſch
ſondern ſchaͤrfer haͤmmerten und vor der Ladenthuͤre
des Schulmeiſters, an der ſein Auge als Portier oft
eine halbe Stunde ſtand. Denn er konnte den St.
Luͤniſchen Handelsflor recht gut im kleinen Gro߬
avanturhandel des Schulmeiſters bemerken, der keine
geringere Boͤrſe der Kaufleute kannte als die in ſei¬
ner Hoſentaſche. Aus dieſem oſtindiſchen Hauſe ſah
er ſpaͤt die wohlfeilen Freuden des Sonntags holen
— der Groſſierer (der Schulmeiſter wird gemeint)
machte, von den Negerſklaven unterſtuͤtzt, den Sonn¬
tagsmorgen von St. Luͤne mit ſeinem Syrup ſuͤß
und mit ſeinem Kaffee heiß: und ſowohl durch den
Tabaksbau in Deutſchland wurde dieſer Handelsherr
in Stand geſetzt, mit Spiralwuͤrſten von Lauſewen¬
zel die Koͤpfe der Pfeifen, als durch den Seidenbau,
der Toͤchter ihre mit Sabaaths-Wimpeln zu verſorgen
aus ſeinem Auerbachiſchen Hofe. — Unſern Helden
kannte alles. Aus jeder Hundshuͤtte wedelte ihm

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0184" n="173"/>
Pointd'honneurs hinweg und war, &#x017F;pottend u&#x0364;ber den<lb/>
Spott, nur dem hohen Adel der Tugend unter¬<lb/>
than. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Viktor &#x017F;og &#x017F;ich mit Laubfro&#x017F;chfu&#x0364;ßen an jedes<lb/>
Blumenblatt der Freude an, an Kinder, an Thiere,<lb/>
an Dorf-Luperkalien, an Stunden; &#x2014; am lieb&#x017F;ten<lb/>
aber hatt' er den Sonnabend. Hier that er Streif¬<lb/>
zu&#x0364;ge durch die freudige Unruhe des Dorfes, vor<lb/>
Knechten vorbei, die ihre Sen&#x017F;en nicht magneti&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;cha&#x0364;rfer ha&#x0364;mmerten und vor der Ladenthu&#x0364;re<lb/>
des Schulmei&#x017F;ters, an der &#x017F;ein Auge als Portier oft<lb/>
eine halbe Stunde &#x017F;tand. Denn er konnte den St.<lb/>
Lu&#x0364;ni&#x017F;chen Handelsflor recht gut im kleinen Gro߬<lb/>
avanturhandel des Schulmei&#x017F;ters bemerken, der keine<lb/>
geringere Bo&#x0364;r&#x017F;e der Kaufleute kannte als die in &#x017F;ei¬<lb/>
ner Ho&#x017F;enta&#x017F;che. Aus die&#x017F;em o&#x017F;tindi&#x017F;chen Hau&#x017F;e &#x017F;ah<lb/>
er &#x017F;pa&#x0364;t die wohlfeilen Freuden des Sonntags holen<lb/>
&#x2014; der Gro&#x017F;&#x017F;ierer (der Schulmei&#x017F;ter wird gemeint)<lb/>
machte, von den Neger&#x017F;klaven unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, den Sonn¬<lb/>
tagsmorgen von St. Lu&#x0364;ne mit &#x017F;einem Syrup &#x017F;u&#x0364;ß<lb/>
und mit &#x017F;einem Kaffee heiß: und &#x017F;owohl durch den<lb/>
Tabaksbau in Deut&#x017F;chland wurde die&#x017F;er Handelsherr<lb/>
in Stand ge&#x017F;etzt, mit Spiralwu&#x0364;r&#x017F;ten von Lau&#x017F;ewen¬<lb/>
zel die Ko&#x0364;pfe der Pfeifen, als durch den Seidenbau,<lb/>
der To&#x0364;chter ihre mit Sabaaths-Wimpeln zu ver&#x017F;orgen<lb/>
aus &#x017F;einem Auerbachi&#x017F;chen Hofe. &#x2014; Un&#x017F;ern Helden<lb/>
kannte alles. Aus jeder Hundshu&#x0364;tte wedelte ihm<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0184] Pointd'honneurs hinweg und war, ſpottend uͤber den Spott, nur dem hohen Adel der Tugend unter¬ than. — — Viktor ſog ſich mit Laubfroſchfuͤßen an jedes Blumenblatt der Freude an, an Kinder, an Thiere, an Dorf-Luperkalien, an Stunden; — am liebſten aber hatt' er den Sonnabend. Hier that er Streif¬ zuͤge durch die freudige Unruhe des Dorfes, vor Knechten vorbei, die ihre Senſen nicht magnetiſch ſondern ſchaͤrfer haͤmmerten und vor der Ladenthuͤre des Schulmeiſters, an der ſein Auge als Portier oft eine halbe Stunde ſtand. Denn er konnte den St. Luͤniſchen Handelsflor recht gut im kleinen Gro߬ avanturhandel des Schulmeiſters bemerken, der keine geringere Boͤrſe der Kaufleute kannte als die in ſei¬ ner Hoſentaſche. Aus dieſem oſtindiſchen Hauſe ſah er ſpaͤt die wohlfeilen Freuden des Sonntags holen — der Groſſierer (der Schulmeiſter wird gemeint) machte, von den Negerſklaven unterſtuͤtzt, den Sonn¬ tagsmorgen von St. Luͤne mit ſeinem Syrup ſuͤß und mit ſeinem Kaffee heiß: und ſowohl durch den Tabaksbau in Deutſchland wurde dieſer Handelsherr in Stand geſetzt, mit Spiralwuͤrſten von Lauſewen¬ zel die Koͤpfe der Pfeifen, als durch den Seidenbau, der Toͤchter ihre mit Sabaaths-Wimpeln zu verſorgen aus ſeinem Auerbachiſchen Hofe. — Unſern Helden kannte alles. Aus jeder Hundshuͤtte wedelte ihm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/184
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/184>, abgerufen am 23.11.2024.