ein langer befranzter Tisch begriffen, der das Me¬ dianzimmer, das selber ein Abtheilungszeichen der zwei Kulissen ist, abtheilt in zwei Hälften. Man sollte nicht erwarten, daß dieser Sektionstisch sich seines Orts wieder von etwas werde halbiren lassen, was ein Dummer kaum sieht. Aber ein Mensch trete in Viktors Laden: so wird er seiner Seiden¬ schnur ansichtig, die unter dem Spiegeltisch anfan¬ gend, über den Achatboden und unter dem Partage- Tisch wegstreichend, aufhört vorn an der Thür¬ schwelle, Und so theilt ein bloßer Seidenstrang leicht den Abtheilungstisch und dadurch das Abtheilungs¬ zimmer und am Ende die Abtheilungsschauspielerge¬ sellschaft in zwei der gleichsten Hälften -- lasset uns daraus lernen, daß am Hofe alles trenchirt wird und selber der Prosektor wird zu seiner Zeithingestreckt auf den Anatomirtisch. Von dieser seidenen Schnur, womit der Großherr seine Günstlinge von oben di¬ vidirt aber in Brüche, kann und soll im ersten Akt nicht mehr die Rede seyn, weil er -- aus ist. . .
Es wurde mir ungemein leicht, diesen Akt ernst¬ haft abzufassen: denn da nach Platner das Lächer¬ liche nur am Menschen haftet, so war das Erhabe¬ ne, das in meinem Aufzuge die Stelle des Komi¬ schen annimmt, in einem Akte leicht zu haben, wo gar nichts Lebendiges agirte, nicht einmal Vieh.
Zweiter Akt. Das Theater wird jetzt leben¬
ein langer befranzter Tiſch begriffen, der das Me¬ dianzimmer, das ſelber ein Abtheilungszeichen der zwei Kuliſſen iſt, abtheilt in zwei Haͤlften. Man ſollte nicht erwarten, daß dieſer Sektionstiſch ſich ſeines Orts wieder von etwas werde halbiren laſſen, was ein Dummer kaum ſieht. Aber ein Menſch trete in Viktors Laden: ſo wird er ſeiner Seiden¬ ſchnur anſichtig, die unter dem Spiegeltiſch anfan¬ gend, uͤber den Achatboden und unter dem Partage- Tiſch wegſtreichend, aufhoͤrt vorn an der Thuͤr¬ ſchwelle, Und ſo theilt ein bloßer Seidenſtrang leicht den Abtheilungstiſch und dadurch das Abtheilungs¬ zimmer und am Ende die Abtheilungsſchauſpielerge¬ ſellſchaft in zwei der gleichſten Haͤlften — laſſet uns daraus lernen, daß am Hofe alles trenchirt wird und ſelber der Proſektor wird zu ſeiner Zeithingeſtreckt auf den Anatomirtiſch. Von dieſer ſeidenen Schnur, womit der Großherr ſeine Guͤnſtlinge von oben di¬ vidirt aber in Bruͤche, kann und ſoll im erſten Akt nicht mehr die Rede ſeyn, weil er — aus iſt. . .
Es wurde mir ungemein leicht, dieſen Akt ernſt¬ haft abzufaſſen: denn da nach Platner das Laͤcher¬ liche nur am Menſchen haftet, ſo war das Erhabe¬ ne, das in meinem Aufzuge die Stelle des Komi¬ ſchen annimmt, in einem Akte leicht zu haben, wo gar nichts Lebendiges agirte, nicht einmal Vieh.
Zweiter Akt. Das Theater wird jetzt leben¬
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ein langer befranzter Tiſch begriffen, der das Me¬
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zwei Kuliſſen iſt, abtheilt in zwei Haͤlften. Man
ſollte nicht erwarten, daß dieſer Sektionstiſch ſich
ſeines Orts wieder von etwas werde halbiren laſſen,
was ein Dummer kaum ſieht. Aber ein Menſch
trete in Viktors Laden: ſo wird er ſeiner Seiden¬
ſchnur anſichtig, die unter dem Spiegeltiſch anfan¬
gend, uͤber den Achatboden und unter dem Partage-
Tiſch wegſtreichend, aufhoͤrt vorn an der Thuͤr¬
ſchwelle, Und ſo theilt ein bloßer Seidenſtrang leicht
den Abtheilungstiſch und dadurch das Abtheilungs¬
zimmer und am Ende die Abtheilungsſchauſpielerge¬
ſellſchaft in zwei der gleichſten Haͤlften — laſſet uns
daraus lernen, daß am Hofe alles trenchirt wird und
ſelber der Proſektor wird zu ſeiner Zeithingeſtreckt auf
den Anatomirtiſch. Von dieſer ſeidenen Schnur,
womit der Großherr ſeine Guͤnſtlinge von oben di¬
vidirt aber in Bruͤche, kann und ſoll im erſten Akt
nicht mehr die Rede ſeyn, weil er — aus iſt. . .
Es wurde mir ungemein leicht, dieſen Akt ernſt¬
haft abzufaſſen: denn da nach Platner das Laͤcher¬
liche nur am Menſchen haftet, ſo war das Erhabe¬
ne, das in meinem Aufzuge die Stelle des Komi¬
ſchen annimmt, in einem Akte leicht zu haben, wo
gar nichts Lebendiges agirte, nicht einmal Vieh.
Zweiter Akt. Das Theater wird jetzt leben¬
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/261>, abgerufen am 22.11.2024.
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