Schließquadrätgen ein, die auf die Juliusbutter des Schmuckes wegen zu drucken waren. Man hätte denken sollen, Viktor hätte sich dadurch viel gehol¬ fen, daß er Witz hatte und anmerkte, die alten Drucke wären zwar langer Bücher darüber und langer allgemeiner deutschen litterarischen Rezen¬ sionen der Bücher ganz würdig, aber keines menschlichen Gedankens, und wären zehnmal unge¬ niesbarer als diese neuesten Butter-Inkunabeln -- denn wenn es etwas elenderes geben könnte als die Weltgeschichte (d. h. die Regentengeschichte) deren Inhalt aus Kriegen wie das Theaterjournal ande¬ rer Marionetten aus Prügeleien bestände, so wärs bloß die Gelehrten- und Buchdruckerhistorie -- auch das hätt' ihm zu statten kommen sollen, daß er hin¬ terdrein philosophisch war und verlangte, man sollte den Menschen weder ein lachendes noch vernünftiges Thier nennen sondern ein putzendes; zu welcher Anmerkung die Kaplänin nichts setzte als die An¬ wendung davon auf ihre Töchter.
Aber in Menschen seiner Art haben Kummer, Satire und Philosophie neben einander Platz. Er erzählte dem Kartoffeln-Medailleur und der Kaplä¬ nin, die alle Weiber auf der Erde zu ihren Töchtern zählte und gegen sie ähnliche Strafpredigten hielt, seine Reise mit so vielen Satiren und Elisionen und Rasuren als für beide Partheien nöthig waren; aber
Schließquadraͤtgen ein, die auf die Juliusbutter des Schmuckes wegen zu drucken waren. Man haͤtte denken ſollen, Viktor haͤtte ſich dadurch viel gehol¬ fen, daß er Witz hatte und anmerkte, die alten Drucke waͤren zwar langer Buͤcher daruͤber und langer allgemeiner deutſchen litterariſchen Rezen¬ ſionen der Buͤcher ganz wuͤrdig, aber keines menſchlichen Gedankens, und waͤren zehnmal unge¬ niesbarer als dieſe neueſten Butter-Inkunabeln — denn wenn es etwas elenderes geben koͤnnte als die Weltgeſchichte (d. h. die Regentengeſchichte) deren Inhalt aus Kriegen wie das Theaterjournal ande¬ rer Marionetten aus Pruͤgeleien beſtaͤnde, ſo waͤrs bloß die Gelehrten- und Buchdruckerhiſtorie — auch das haͤtt' ihm zu ſtatten kommen ſollen, daß er hin¬ terdrein philoſophiſch war und verlangte, man ſollte den Menſchen weder ein lachendes noch vernuͤnftiges Thier nennen ſondern ein putzendes; zu welcher Anmerkung die Kaplaͤnin nichts ſetzte als die An¬ wendung davon auf ihre Toͤchter.
Aber in Menſchen ſeiner Art haben Kummer, Satire und Philoſophie neben einander Platz. Er erzaͤhlte dem Kartoffeln-Medailleur und der Kaplaͤ¬ nin, die alle Weiber auf der Erde zu ihren Toͤchtern zaͤhlte und gegen ſie aͤhnliche Strafpredigten hielt, ſeine Reiſe mit ſo vielen Satiren und Eliſionen und Raſuren als fuͤr beide Partheien noͤthig waren; aber
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Schließquadraͤtgen ein, die auf die Juliusbutter des
Schmuckes wegen zu drucken waren. Man haͤtte
denken ſollen, Viktor haͤtte ſich dadurch viel gehol¬
fen, daß er Witz hatte und anmerkte, die alten
Drucke waͤren zwar langer Buͤcher daruͤber und
langer allgemeiner deutſchen litterariſchen Rezen¬
ſionen der Buͤcher ganz wuͤrdig, aber keines
menſchlichen Gedankens, und waͤren zehnmal unge¬
niesbarer als dieſe neueſten Butter-Inkunabeln —
denn wenn es etwas elenderes geben koͤnnte als die
Weltgeſchichte (d. h. die Regentengeſchichte) deren
Inhalt aus Kriegen wie das Theaterjournal ande¬
rer Marionetten aus Pruͤgeleien beſtaͤnde, ſo waͤrs
bloß die Gelehrten- und Buchdruckerhiſtorie — auch
das haͤtt' ihm zu ſtatten kommen ſollen, daß er hin¬
terdrein philoſophiſch war und verlangte, man ſollte
den Menſchen weder ein lachendes noch vernuͤnftiges
Thier nennen ſondern ein putzendes; zu welcher
Anmerkung die Kaplaͤnin nichts ſetzte als die An¬
wendung davon auf ihre Toͤchter.
Aber in Menſchen ſeiner Art haben Kummer,
Satire und Philoſophie neben einander Platz. Er
erzaͤhlte dem Kartoffeln-Medailleur und der Kaplaͤ¬
nin, die alle Weiber auf der Erde zu ihren Toͤchtern
zaͤhlte und gegen ſie aͤhnliche Strafpredigten hielt,
ſeine Reiſe mit ſo vielen Satiren und Eliſionen und
Raſuren als fuͤr beide Partheien noͤthig waren; aber
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/368>, abgerufen am 22.11.2024.
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