Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.spännigen Kadettenkorps auf und ab, damit die Rüh¬ Das Schicksal sagte: es werde licht und es ward. ke
ſpaͤnnigen Kadettenkorps auf und ab, damit die Ruͤh¬ Das Schickſal ſagte: es werde licht und es ward. ke
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="32"/> ſpaͤnnigen Kadettenkorps auf und ab, damit die Ruͤh¬<lb/> rung und die Sehnſucht aus der bewegten Bruſt<lb/> entwichen. Drinnen hatt' unterdeß die Kaplaͤnin<lb/> aus dem Blinden einen noch Blindern gemacht und<lb/> ihm vorgelogen <hi rendition="#aq">quantum ſatis</hi>; ſobald eine Luͤge,<lb/><hi rendition="#aq">pia fraus</hi>, <hi rendition="#aq">dolum bonum</hi>, poetiſche und juriſtiſche<lb/><hi rendition="#aq">fictio</hi> auszufertigen iſt: ſo ſtellen ſich die Weiber<lb/> von ſelber als expedirende Sekretaire und Hofbuch¬<lb/> druckerinnen hinzu und helfen dem ehrlichen Mann.<lb/> »Ich wuͤnſchte ſehr — ſagte der Vater beim Ein¬<lb/> »tritt des Sohnes — die Operation gienge jetzt vor<lb/> »ſich eh' mein Sohn da waͤre.« Die Staarzange<lb/> wurde vorgeholt, das Zimmer verſchattet und das<lb/> kranke Auge befeſtigt. Der blinde Englaͤnder — ein<lb/> Menſch, der ſeinen Kopf wie ein heiteres Schneege¬<lb/> buͤrge kuͤhl uͤber eine Feuerzone hob — hielt der<lb/> kindlichen Hand ein ſchweigendes Angeſicht ohne<lb/> Zuckung vor; er blieb vor dem Schickſal gefaſt und<lb/> ſtumm, das jetzt entſcheiden wollte, ob ſeine oͤde<lb/> Nacht langen ſollte bis ans Grab oder nur bis an<lb/> dieſe Minute. . . .</p><lb/> <p>Das Schickſal ſagte: es werde licht und es ward.<lb/> Das unſichtbare Schickſal nahm eines Sohnes aͤngſt¬<lb/> liche Hand und ſchloß damit ein Auge auf, das ei¬<lb/> ner ſchoͤnern Nacht als dieſer <hi rendition="#g">ungeſtirnten</hi> wuͤr¬<lb/> dig war: Viktor druͤkte die reife Staarlinſe — dieſe<lb/> auf die Schoͤpfung geworfene Dampfkugel und Wol¬<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ke<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0043]
ſpaͤnnigen Kadettenkorps auf und ab, damit die Ruͤh¬
rung und die Sehnſucht aus der bewegten Bruſt
entwichen. Drinnen hatt' unterdeß die Kaplaͤnin
aus dem Blinden einen noch Blindern gemacht und
ihm vorgelogen quantum ſatis; ſobald eine Luͤge,
pia fraus, dolum bonum, poetiſche und juriſtiſche
fictio auszufertigen iſt: ſo ſtellen ſich die Weiber
von ſelber als expedirende Sekretaire und Hofbuch¬
druckerinnen hinzu und helfen dem ehrlichen Mann.
»Ich wuͤnſchte ſehr — ſagte der Vater beim Ein¬
»tritt des Sohnes — die Operation gienge jetzt vor
»ſich eh' mein Sohn da waͤre.« Die Staarzange
wurde vorgeholt, das Zimmer verſchattet und das
kranke Auge befeſtigt. Der blinde Englaͤnder — ein
Menſch, der ſeinen Kopf wie ein heiteres Schneege¬
buͤrge kuͤhl uͤber eine Feuerzone hob — hielt der
kindlichen Hand ein ſchweigendes Angeſicht ohne
Zuckung vor; er blieb vor dem Schickſal gefaſt und
ſtumm, das jetzt entſcheiden wollte, ob ſeine oͤde
Nacht langen ſollte bis ans Grab oder nur bis an
dieſe Minute. . . .
Das Schickſal ſagte: es werde licht und es ward.
Das unſichtbare Schickſal nahm eines Sohnes aͤngſt¬
liche Hand und ſchloß damit ein Auge auf, das ei¬
ner ſchoͤnern Nacht als dieſer ungeſtirnten wuͤr¬
dig war: Viktor druͤkte die reife Staarlinſe — dieſe
auf die Schoͤpfung geworfene Dampfkugel und Wol¬
ke
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |