mein zuschürte. Die Stubenmenagerie von einem alten Mops und Kater, die einander nicht mehr haßten -- wie sich im alten Menschen die gute und böse Seele aussöhnen -- und die Volerie unter dem Ofen, die einen schwarzgebalzten Gimpel stark war, nahmen Antheil genug an der allgemeinen Unruhe und prä¬ sentirten sich und ließen gern -- das thäte kein Am¬ bassadeur -- das Recht der ersten Visite fahren. Agathe drückte ihre Freude blos mit ihren Lippen aus, indem sie damit schwieg und sie an ihres Bru¬ ders seine drückte. Am Hofkaplan will mans rüh¬ men, daß er den invaliden Mops, der an den Hin¬ terfüßen das Podagra und an den Vorderfüßen das Chiragra hatte, ruhig in seinem Wohn- und Schlaf¬ korb wieder unter den Ofen schob, die Säulenord¬ nung der Sessel ohne Keiffen herstellte und den klei¬ nen Bastian unter der freudigen Sprachenverwirrung wiegte, damit er sie nicht vermehrte, wenn er erwach¬ te. Aber im erhaben geschliffnen Herzen der Lands¬ männin, der Kaplänin gingen die Freudenstralen der Familie in Einem Brennpunkt zusammen und ver¬ breiteten in ihrer ganzen Brust die Lebenswärme der Liebe -- Viktor lächelte sie so sehr in sein Gesicht hinein, daß sie sich mit nichts zu retten wuste als mit seiner künftigen Stube, die sie ihm zu öfnen und zu zeigen befahl. Agathe flog mit dem Schlüs¬ sel Geläute voran und dem Gaste zogen nicht mehr
mein zuſchuͤrte. Die Stubenmenagerie von einem alten Mops und Kater, die einander nicht mehr haßten — wie ſich im alten Menſchen die gute und boͤſe Seele ausſoͤhnen — und die Volerie unter dem Ofen, die einen ſchwarzgebalzten Gimpel ſtark war, nahmen Antheil genug an der allgemeinen Unruhe und praͤ¬ ſentirten ſich und ließen gern — das thaͤte kein Am¬ baſſadeur — das Recht der erſten Viſite fahren. Agathe druͤckte ihre Freude blos mit ihren Lippen aus, indem ſie damit ſchwieg und ſie an ihres Bru¬ ders ſeine druͤckte. Am Hofkaplan will mans ruͤh¬ men, daß er den invaliden Mops, der an den Hin¬ terfuͤßen das Podagra und an den Vorderfuͤßen das Chiragra hatte, ruhig in ſeinem Wohn- und Schlaf¬ korb wieder unter den Ofen ſchob, die Saͤulenord¬ nung der Seſſel ohne Keiffen herſtellte und den klei¬ nen Baſtian unter der freudigen Sprachenverwirrung wiegte, damit er ſie nicht vermehrte, wenn er erwach¬ te. Aber im erhaben geſchliffnen Herzen der Lands¬ maͤnnin, der Kaplaͤnin gingen die Freudenſtralen der Familie in Einem Brennpunkt zuſammen und ver¬ breiteten in ihrer ganzen Bruſt die Lebenswaͤrme der Liebe — Viktor laͤchelte ſie ſo ſehr in ſein Geſicht hinein, daß ſie ſich mit nichts zu retten wuſte als mit ſeiner kuͤnftigen Stube, die ſie ihm zu oͤfnen und zu zeigen befahl. Agathe flog mit dem Schluͤſ¬ ſel Gelaͤute voran und dem Gaſte zogen nicht mehr
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mein zuſchuͤrte. Die Stubenmenagerie von einem alten
Mops und Kater, die einander nicht mehr haßten —
wie ſich im alten Menſchen die gute und boͤſe Seele
ausſoͤhnen — und die Volerie unter dem Ofen, die
einen ſchwarzgebalzten Gimpel ſtark war, nahmen
Antheil genug an der allgemeinen Unruhe und praͤ¬
ſentirten ſich und ließen gern — das thaͤte kein Am¬
baſſadeur — das Recht der erſten Viſite fahren.
Agathe druͤckte ihre Freude blos mit ihren Lippen
aus, indem ſie damit ſchwieg und ſie an ihres Bru¬
ders ſeine druͤckte. Am Hofkaplan will mans ruͤh¬
men, daß er den invaliden Mops, der an den Hin¬
terfuͤßen das Podagra und an den Vorderfuͤßen das
Chiragra hatte, ruhig in ſeinem Wohn- und Schlaf¬
korb wieder unter den Ofen ſchob, die Saͤulenord¬
nung der Seſſel ohne Keiffen herſtellte und den klei¬
nen Baſtian unter der freudigen Sprachenverwirrung
wiegte, damit er ſie nicht vermehrte, wenn er erwach¬
te. Aber im erhaben geſchliffnen Herzen der Lands¬
maͤnnin, der Kaplaͤnin gingen die Freudenſtralen der
Familie in Einem Brennpunkt zuſammen und ver¬
breiteten in ihrer ganzen Bruſt die Lebenswaͤrme der
Liebe — Viktor laͤchelte ſie ſo ſehr in ſein Geſicht
hinein, daß ſie ſich mit nichts zu retten wuſte als
mit ſeiner kuͤnftigen Stube, die ſie ihm zu oͤfnen
und zu zeigen befahl. Agathe flog mit dem Schluͤſ¬
ſel Gelaͤute voran und dem Gaſte zogen nicht mehr
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/71>, abgerufen am 19.02.2025.
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