Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

"ausser dem papiernen Adel noch einen gebacknen."
-- -- Was mich anlangt, der ich mein Gesicht bis¬
her noch nirgends gewahr wurde als im Rasirspie¬
gel: so soll man mich damit -- denn in Westphalen
bin ich am wenigsten bekannt, vielleicht keinem
Hund -- auf Pumpernickel mappieren. -- --

Jetzt wieder zur Historie! Ein langer kraushaa¬
riger Mensch steht in der Nacht vor dem bunten
Hause des Apotheker Zeusels, guckt zum dritten er¬
leuchteten Stockwerk, in das er zieht, empor und
macht endlich statt der hölzernen Thür die transpa¬
rente der Apotheke auf. O mein guter Sebastian!
Segen sey mit deinem Einzug! Ein guter Engel
gebe dir seine Hand, um dich über sumpfige Wege
und Fußangeln zu heben: und wenn du dir eine
Wunde gefallen, so weh' er sie mit seinem Flügel
an und ein guter Mensch decke sie mit seinem Her¬
zen zu! --

In der wie ein Tanzsaal flammenden Apotheke
bat sich einer der fettesten Hoflakaien von einem der
magersten Provisoren noch einen Manipel und einen
kleinen Pugillum Moxa für seine Durchlaucht aus.
Der magere Mann nahm aber hinter seiner Wage
eine halbofne Hand voll Moxa und noch vier Fin¬
gerspitzen voll -- da doch ein kleiner Pugillus nur
drei Fingerspitzen beträgt -- und schickte alles den
Füssen des Fürsten zu: "wenn wir das gar verbrannt

»auſſer dem papiernen Adel noch einen gebacknen.»
— — Was mich anlangt, der ich mein Geſicht bis¬
her noch nirgends gewahr wurde als im Raſirſpie¬
gel: ſo ſoll man mich damit — denn in Weſtphalen
bin ich am wenigſten bekannt, vielleicht keinem
Hund — auf Pumpernickel mappieren. — —

Jetzt wieder zur Hiſtorie! Ein langer kraushaa¬
riger Menſch ſteht in der Nacht vor dem bunten
Hauſe des Apotheker Zeuſels, guckt zum dritten er¬
leuchteten Stockwerk, in das er zieht, empor und
macht endlich ſtatt der hoͤlzernen Thuͤr die transpa¬
rente der Apotheke auf. O mein guter Sebaſtian!
Segen ſey mit deinem Einzug! Ein guter Engel
gebe dir ſeine Hand, um dich uͤber ſumpfige Wege
und Fußangeln zu heben: und wenn du dir eine
Wunde gefallen, ſo weh' er ſie mit ſeinem Fluͤgel
an und ein guter Menſch decke ſie mit ſeinem Her¬
zen zu! —

In der wie ein Tanzſaal flammenden Apotheke
bat ſich einer der fetteſten Hoflakaien von einem der
magerſten Proviſoren noch einen Manipel und einen
kleinen Pugillum Moxa fuͤr ſeine Durchlaucht aus.
Der magere Mann nahm aber hinter ſeiner Wage
eine halbofne Hand voll Moxa und noch vier Fin¬
gerſpitzen voll — da doch ein kleiner Pugillus nur
drei Fingerſpitzen betraͤgt — und ſchickte alles den
Fuͤſſen des Fuͤrſten zu: »wenn wir das gar verbrannt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0015" n="5"/>
»au&#x017F;&#x017F;er dem papiernen Adel noch einen gebacknen.»<lb/>
&#x2014; &#x2014; Was mich anlangt, der ich mein Ge&#x017F;icht bis¬<lb/>
her noch nirgends gewahr wurde als im Ra&#x017F;ir&#x017F;pie¬<lb/>
gel: &#x017F;o &#x017F;oll man mich damit &#x2014; denn in We&#x017F;tphalen<lb/>
bin ich am wenig&#x017F;ten bekannt, vielleicht keinem<lb/>
Hund &#x2014; auf Pumpernickel mappieren. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Jetzt wieder zur Hi&#x017F;torie! Ein langer kraushaa¬<lb/>
riger Men&#x017F;ch &#x017F;teht in der Nacht vor dem bunten<lb/>
Hau&#x017F;e des Apotheker Zeu&#x017F;els, guckt zum dritten er¬<lb/>
leuchteten Stockwerk, in das er zieht, empor und<lb/>
macht endlich &#x017F;tatt der ho&#x0364;lzernen Thu&#x0364;r die transpa¬<lb/>
rente der Apotheke auf. O mein guter Seba&#x017F;tian!<lb/>
Segen &#x017F;ey mit deinem Einzug! Ein guter Engel<lb/>
gebe dir &#x017F;eine Hand, um dich u&#x0364;ber &#x017F;umpfige Wege<lb/>
und Fußangeln zu heben: und wenn <hi rendition="#g">du</hi> dir eine<lb/>
Wunde gefallen, &#x017F;o weh' er &#x017F;ie mit &#x017F;einem Flu&#x0364;gel<lb/>
an und ein guter Men&#x017F;ch decke &#x017F;ie mit &#x017F;einem Her¬<lb/>
zen zu! &#x2014;</p><lb/>
          <p>In der wie ein Tanz&#x017F;aal flammenden Apotheke<lb/>
bat &#x017F;ich einer der fette&#x017F;ten Hoflakaien von einem der<lb/>
mager&#x017F;ten Provi&#x017F;oren noch einen Manipel und einen<lb/>
kleinen Pugillum Moxa fu&#x0364;r &#x017F;eine Durchlaucht aus.<lb/>
Der magere Mann nahm aber hinter &#x017F;einer Wage<lb/>
eine halbofne Hand voll Moxa und noch vier Fin¬<lb/>
ger&#x017F;pitzen voll &#x2014; da doch ein kleiner Pugillus nur<lb/>
drei Finger&#x017F;pitzen betra&#x0364;gt &#x2014; und &#x017F;chickte alles den<lb/>
Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en des Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu: »wenn wir das gar verbrannt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0015] »auſſer dem papiernen Adel noch einen gebacknen.» — — Was mich anlangt, der ich mein Geſicht bis¬ her noch nirgends gewahr wurde als im Raſirſpie¬ gel: ſo ſoll man mich damit — denn in Weſtphalen bin ich am wenigſten bekannt, vielleicht keinem Hund — auf Pumpernickel mappieren. — — Jetzt wieder zur Hiſtorie! Ein langer kraushaa¬ riger Menſch ſteht in der Nacht vor dem bunten Hauſe des Apotheker Zeuſels, guckt zum dritten er¬ leuchteten Stockwerk, in das er zieht, empor und macht endlich ſtatt der hoͤlzernen Thuͤr die transpa¬ rente der Apotheke auf. O mein guter Sebaſtian! Segen ſey mit deinem Einzug! Ein guter Engel gebe dir ſeine Hand, um dich uͤber ſumpfige Wege und Fußangeln zu heben: und wenn du dir eine Wunde gefallen, ſo weh' er ſie mit ſeinem Fluͤgel an und ein guter Menſch decke ſie mit ſeinem Her¬ zen zu! — In der wie ein Tanzſaal flammenden Apotheke bat ſich einer der fetteſten Hoflakaien von einem der magerſten Proviſoren noch einen Manipel und einen kleinen Pugillum Moxa fuͤr ſeine Durchlaucht aus. Der magere Mann nahm aber hinter ſeiner Wage eine halbofne Hand voll Moxa und noch vier Fin¬ gerſpitzen voll — da doch ein kleiner Pugillus nur drei Fingerſpitzen betraͤgt — und ſchickte alles den Fuͤſſen des Fuͤrſten zu: »wenn wir das gar verbrannt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/15
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/15>, abgerufen am 03.12.2024.