ges Gesicht getuschet war, anzunehmen zwang -- "es "wäre sein eignes: (sagt' er) sie sollte das Ge¬ "sicht nur zu Nachts im Bette auf oder an der "Hand haben, damit es aussähe als küßt' er ihr "durch die ganze Novembernacht die Hand." --
Ich fahre in meinem pragmatischen Auszuge aus diesem Belagerungstagebuch fort und finde am Leo¬ poldstag aufgezeichnet, daß Joachime schon Vormit¬ tags sagte, sie würde ihren Papagei, wenn sie ihm einen Sprachmeister hielte, nichts aus dem ganzen Dictionaire beibringen lassen als das Wort perfide! "Jeder Liebhaber, sagte sie, sollte sich ein Papgen "halten, das ihm unaufhörlich zuriefe: perfide!" -- "Die Damen, sagte mein Held, sind allein schuld: "sie wollen zu lange, oft ganze Wochen, ganze Mon¬ "den geliebt werden. Das ist über unsre Kräfte. "Haben nicht die Jesuiten sogar die Liebe zu Gott "periodisch gemacht? *) Skotus schränkt sie auf den "Sonntag ein -- andre auf die Festtage -- Coninch "sagt, es ist genug, wenn man ihn alle vier Jahre "einmal liebt -- Henriquez sezt noch ein Jahr dazu "-- Suarez sagt gar, wenns nur vor dem Tode ist "-- -- Manchen Damen fielen bisher die Zwischen¬ "zeiten anheim; aber die Tags- die Jahrs- die
*) Dieser exzentrische Unsinn steht wirklich in Paskals Brie¬ fen, S. den 10ten.
ges Geſicht getuſchet war, anzunehmen zwang — »es »waͤre ſein eignes: (ſagt' er) ſie ſollte das Ge¬ »ſicht nur zu Nachts im Bette auf oder an der »Hand haben, damit es ausſaͤhe als kuͤßt' er ihr »durch die ganze Novembernacht die Hand.« —
Ich fahre in meinem pragmatiſchen Auszuge aus dieſem Belagerungstagebuch fort und finde am Leo¬ poldstag aufgezeichnet, daß Joachime ſchon Vormit¬ tags ſagte, ſie wuͤrde ihren Papagei, wenn ſie ihm einen Sprachmeiſter hielte, nichts aus dem ganzen Dictionaire beibringen laſſen als das Wort perfide! »Jeder Liebhaber, ſagte ſie, ſollte ſich ein Papgen »halten, das ihm unaufhoͤrlich zuriefe: perfide!« — »Die Damen, ſagte mein Held, ſind allein ſchuld: »ſie wollen zu lange, oft ganze Wochen, ganze Mon¬ »den geliebt werden. Das iſt uͤber unſre Kraͤfte. »Haben nicht die Jeſuiten ſogar die Liebe zu Gott »periodiſch gemacht? *) Skotus ſchraͤnkt ſie auf den »Sonntag ein — andre auf die Feſttage — Coninch »ſagt, es iſt genug, wenn man ihn alle vier Jahre »einmal liebt — Henriquez ſezt noch ein Jahr dazu »— Suarez ſagt gar, wenns nur vor dem Tode iſt »— — Manchen Damen fielen bisher die Zwiſchen¬ »zeiten anheim; aber die Tags- die Jahrs- die
*) Dieſer exzentriſche Unſinn ſteht wirklich in Paskals Brie¬ fen, S. den 10ten.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0169"n="159"/>
ges Geſicht getuſchet war, anzunehmen zwang — »es<lb/>
»waͤre ſein eignes: (ſagt' er) ſie ſollte das Ge¬<lb/>
»ſicht nur zu Nachts im Bette auf oder an der<lb/>
»Hand haben, damit es ausſaͤhe als kuͤßt' er ihr<lb/>
»durch die ganze Novembernacht die Hand.« —</p><lb/><p>Ich fahre in meinem pragmatiſchen Auszuge aus<lb/>
dieſem Belagerungstagebuch fort und finde am Leo¬<lb/>
poldstag aufgezeichnet, daß Joachime ſchon Vormit¬<lb/>
tags ſagte, ſie wuͤrde ihren Papagei, wenn ſie ihm<lb/>
einen Sprachmeiſter hielte, nichts aus dem ganzen<lb/>
Dictionaire beibringen laſſen als das Wort <hirendition="#aq">perfide</hi>!<lb/>
»Jeder Liebhaber, ſagte ſie, ſollte ſich ein Papgen<lb/>
»halten, das ihm unaufhoͤrlich zuriefe: <hirendition="#aq">perfide</hi>!« —<lb/>
»Die Damen, ſagte mein Held, ſind allein ſchuld:<lb/>
»ſie wollen zu lange, oft ganze Wochen, ganze Mon¬<lb/>
»den geliebt werden. Das iſt uͤber unſre Kraͤfte.<lb/>
»Haben nicht die Jeſuiten ſogar die Liebe zu Gott<lb/>
»periodiſch gemacht? <noteplace="foot"n="*)">Dieſer exzentriſche Unſinn ſteht wirklich in Paskals Brie¬<lb/>
fen, S. den 10ten.<lb/></note> Skotus ſchraͤnkt ſie auf den<lb/>
»Sonntag ein — andre auf die Feſttage — Coninch<lb/>
»ſagt, es iſt genug, wenn man ihn alle vier Jahre<lb/>
»einmal liebt — Henriquez ſezt noch ein Jahr dazu<lb/>
»— Suarez ſagt gar, wenns nur vor dem Tode iſt<lb/>
»—— Manchen Damen fielen bisher die Zwiſchen¬<lb/>
»zeiten anheim; aber die Tags- die Jahrs- die<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[159/0169]
ges Geſicht getuſchet war, anzunehmen zwang — »es
»waͤre ſein eignes: (ſagt' er) ſie ſollte das Ge¬
»ſicht nur zu Nachts im Bette auf oder an der
»Hand haben, damit es ausſaͤhe als kuͤßt' er ihr
»durch die ganze Novembernacht die Hand.« —
Ich fahre in meinem pragmatiſchen Auszuge aus
dieſem Belagerungstagebuch fort und finde am Leo¬
poldstag aufgezeichnet, daß Joachime ſchon Vormit¬
tags ſagte, ſie wuͤrde ihren Papagei, wenn ſie ihm
einen Sprachmeiſter hielte, nichts aus dem ganzen
Dictionaire beibringen laſſen als das Wort perfide!
»Jeder Liebhaber, ſagte ſie, ſollte ſich ein Papgen
»halten, das ihm unaufhoͤrlich zuriefe: perfide!« —
»Die Damen, ſagte mein Held, ſind allein ſchuld:
»ſie wollen zu lange, oft ganze Wochen, ganze Mon¬
»den geliebt werden. Das iſt uͤber unſre Kraͤfte.
»Haben nicht die Jeſuiten ſogar die Liebe zu Gott
»periodiſch gemacht? *) Skotus ſchraͤnkt ſie auf den
»Sonntag ein — andre auf die Feſttage — Coninch
»ſagt, es iſt genug, wenn man ihn alle vier Jahre
»einmal liebt — Henriquez ſezt noch ein Jahr dazu
»— Suarez ſagt gar, wenns nur vor dem Tode iſt
»— — Manchen Damen fielen bisher die Zwiſchen¬
»zeiten anheim; aber die Tags- die Jahrs- die
*) Dieſer exzentriſche Unſinn ſteht wirklich in Paskals Brie¬
fen, S. den 10ten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/169>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.