Rosen flattern, die ich bisher so gern begossen -- dieses Herz, wenn es sich zerlegt hat in den Blüten¬ staub eines neuen ewigen Herzens, spiele und schwebe im Strale des Mondes, der mir es in meinem Le¬ ben so oft schwer und weich gemacht -- Fährest du einmal, liebe Schwester, bei Maienthal vorüber: so blickt bis zur Straße das Kreuz durch die Rosen hindurch und wenn es dich nicht zu traurig macht, so schaue hinüber zu mir. --
Mir war jetzt einige Minuten als holte ich in Aether Athem -- in kleinen dünnen Zügen -- Es wird bald aus seyn. Sag' aber meinen Gespielin¬ nen, wenn sie nach mir fragen, ich bin gern gegan¬ gen, ob ich wohl jung war. Recht gern. Unser Lehrer sagt, die Sterbenden sind fliegendes Gewölk, die Lebenden sind stehendes, unter welchem jenes hinzieht, aber Abends ist beides dahin. Ach ich dachte, ich würde mich noch recht lange, von einem Trauerjahr zum andern, nach dem Sterben sehnen müssen, ach ich besorgte, diese erblaßten Wangen, diese hineingeweinten. Augen würden den Tod nicht erbitten, er würde mich veralten lassen und mir das verblühte Herz erst abnehmen, wenn es sich müde geschlagen -- aber siehe, er kömmt eher -- In we¬ nig Tagen, vielleicht in wenig Stunden wird ein Engel vor mich treten und lächeln und ich werd' es sehen, daß es der Tod ist und auch lächeln und
Roſen flattern, die ich bisher ſo gern begoſſen — dieſes Herz, wenn es ſich zerlegt hat in den Bluͤten¬ ſtaub eines neuen ewigen Herzens, ſpiele und ſchwebe im Strale des Mondes, der mir es in meinem Le¬ ben ſo oft ſchwer und weich gemacht — Faͤhreſt du einmal, liebe Schweſter, bei Maienthal voruͤber: ſo blickt bis zur Straße das Kreuz durch die Roſen hindurch und wenn es dich nicht zu traurig macht, ſo ſchaue hinuͤber zu mir. —
Mir war jetzt einige Minuten als holte ich in Aether Athem — in kleinen duͤnnen Zuͤgen — Es wird bald aus ſeyn. Sag' aber meinen Geſpielin¬ nen, wenn ſie nach mir fragen, ich bin gern gegan¬ gen, ob ich wohl jung war. Recht gern. Unſer Lehrer ſagt, die Sterbenden ſind fliegendes Gewoͤlk, die Lebenden ſind ſtehendes, unter welchem jenes hinzieht, aber Abends iſt beides dahin. Ach ich dachte, ich wuͤrde mich noch recht lange, von einem Trauerjahr zum andern, nach dem Sterben ſehnen muͤſſen, ach ich beſorgte, dieſe erblaßten Wangen, dieſe hineingeweinten. Augen wuͤrden den Tod nicht erbitten, er wuͤrde mich veralten laſſen und mir das verbluͤhte Herz erſt abnehmen, wenn es ſich muͤde geſchlagen — aber ſiehe, er koͤmmt eher — In we¬ nig Tagen, vielleicht in wenig Stunden wird ein Engel vor mich treten und laͤcheln und ich werd' es ſehen, daß es der Tod iſt und auch laͤcheln und
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Roſen flattern, die ich bisher ſo gern begoſſen —
dieſes Herz, wenn es ſich zerlegt hat in den Bluͤten¬
ſtaub eines neuen ewigen Herzens, ſpiele und ſchwebe
im Strale des Mondes, der mir es in meinem Le¬
ben ſo oft ſchwer und weich gemacht — Faͤhreſt du
einmal, liebe Schweſter, bei Maienthal voruͤber: ſo
blickt bis zur Straße das Kreuz durch die Roſen
hindurch und wenn es dich nicht zu traurig macht,
ſo ſchaue hinuͤber zu mir. —
Mir war jetzt einige Minuten als holte ich in
Aether Athem — in kleinen duͤnnen Zuͤgen — Es
wird bald aus ſeyn. Sag' aber meinen Geſpielin¬
nen, wenn ſie nach mir fragen, ich bin gern gegan¬
gen, ob ich wohl jung war. Recht gern. Unſer
Lehrer ſagt, die Sterbenden ſind fliegendes Gewoͤlk,
die Lebenden ſind ſtehendes, unter welchem jenes
hinzieht, aber Abends iſt beides dahin. Ach ich
dachte, ich wuͤrde mich noch recht lange, von einem
Trauerjahr zum andern, nach dem Sterben ſehnen
muͤſſen, ach ich beſorgte, dieſe erblaßten Wangen,
dieſe hineingeweinten. Augen wuͤrden den Tod nicht
erbitten, er wuͤrde mich veralten laſſen und mir das
verbluͤhte Herz erſt abnehmen, wenn es ſich muͤde
geſchlagen — aber ſiehe, er koͤmmt eher — In we¬
nig Tagen, vielleicht in wenig Stunden wird ein
Engel vor mich treten und laͤcheln und ich werd' es
ſehen, daß es der Tod iſt und auch laͤcheln und
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/193>, abgerufen am 21.11.2024.
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