Augen geführt wurde -- von einem Gefängniß ins andere; -- es gab andre Jahrhunderte, wo Gespen¬ ster die ganze Nacht polterten und umstürzten und am Morgen war nichts verrückt; es kann keine andern Jahrhunderte geben als solche, wo In¬ dividuen sterben, wenn Völker steigen, wo Völker zerfallen, wenn das Menschengeschlecht steigt; wo dieses sinkt, stürzt, endigt mit der verstiebenden Ku¬ gel. . . . Was tröstet uns? --
Ein verschleiertes Auge hinter der Zeit, ein un¬ endliches Herz jenseits der Welt. Es giebt eine hö¬ here Ordnung der Dinge als wir erweisen können -- es giebt eine Vorsehung in der Weltgeschichte und in eines jeden Leben, die die Vernunft aus Kühn¬ heit läugnet und die das Herz aus Kühnheit glaubt -- es muß eine Vorsehung geben, die nach andern Regeln, als wir bisher zum Grunde legten, diese ver¬ wirrte Erde verknüpft als Tochterland mit einer hö¬ hern Stadt Gottes -- es muß einen Gott, eine Tu¬ gend und eine Ewigkeit geben.
Augen gefuͤhrt wurde — von einem Gefaͤngniß ins andere; — es gab andre Jahrhunderte, wo Geſpen¬ ſter die ganze Nacht polterten und umſtuͤrzten und am Morgen war nichts verruͤckt; es kann keine andern Jahrhunderte geben als ſolche, wo In¬ dividuen ſterben, wenn Voͤlker ſteigen, wo Voͤlker zerfallen, wenn das Menſchengeſchlecht ſteigt; wo dieſes ſinkt, ſtuͤrzt, endigt mit der verſtiebenden Ku¬ gel. . . . Was troͤſtet uns? —
Ein verſchleiertes Auge hinter der Zeit, ein un¬ endliches Herz jenſeits der Welt. Es giebt eine hoͤ¬ here Ordnung der Dinge als wir erweiſen koͤnnen — es giebt eine Vorſehung in der Weltgeſchichte und in eines jeden Leben, die die Vernunft aus Kuͤhn¬ heit laͤugnet und die das Herz aus Kuͤhnheit glaubt — es muß eine Vorſehung geben, die nach andern Regeln, als wir bisher zum Grunde legten, dieſe ver¬ wirrte Erde verknuͤpft als Tochterland mit einer hoͤ¬ hern Stadt Gottes — es muß einen Gott, eine Tu¬ gend und eine Ewigkeit geben.
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Augen gefuͤhrt wurde — von einem Gefaͤngniß ins
andere; — es gab andre Jahrhunderte, wo Geſpen¬
ſter die ganze Nacht polterten und umſtuͤrzten und
am Morgen war nichts verruͤckt; es kann keine
andern Jahrhunderte geben als ſolche, wo In¬
dividuen ſterben, wenn Voͤlker ſteigen, wo Voͤlker
zerfallen, wenn das Menſchengeſchlecht ſteigt; wo
dieſes ſinkt, ſtuͤrzt, endigt mit der verſtiebenden Ku¬
gel. . . . Was troͤſtet uns? —
Ein verſchleiertes Auge hinter der Zeit, ein un¬
endliches Herz jenſeits der Welt. Es giebt eine hoͤ¬
here Ordnung der Dinge als wir erweiſen koͤnnen —
es giebt eine Vorſehung in der Weltgeſchichte und
in eines jeden Leben, die die Vernunft aus Kuͤhn¬
heit laͤugnet und die das Herz aus Kuͤhnheit glaubt
— es muß eine Vorſehung geben, die nach andern
Regeln, als wir bisher zum Grunde legten, dieſe ver¬
wirrte Erde verknuͤpft als Tochterland mit einer hoͤ¬
hern Stadt Gottes — es muß einen Gott, eine Tu¬
gend und eine Ewigkeit geben.
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/259>, abgerufen am 21.11.2024.
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