Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.und sehen nach unserem dunkeln Tag die Sonne Wir Niedergesenkte, da der Mensch unter den *) Denn nach 400000 Jahren steht die Erdaxe, wie Jupiter
jetzt, senkrecht auf ihrer Bahn. und ſehen nach unſerem dunkeln Tag die Sonne Wir Niedergeſenkte, da der Menſch unter den *) Denn nach 400000 Jahren ſteht die Erdaxe, wie Jupiter
jetzt, ſenkrecht auf ihrer Bahn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0258" n="248"/> und ſehen nach unſerem dunkeln Tag die Sonne<lb/> durchgluͤhend untergehen und uns den heitern ſtillen<lb/> Sabbathstag der Menſchheit hinter der letzten Wolke<lb/> verſprechen; aber unſre Nachkommenſchaft geht noch<lb/> durch eine Nacht voll Wind und durch einen Nebel<lb/> voll Gift bis endlich uͤber eine gluͤcklichere Erde ein<lb/> ewiger Morgenwind voll Bluͤtengeiſter, vor der Sonne<lb/> ziehend, alle Wolken verdraͤngend, an Menſchen ohne<lb/> Seufzer weht. Die Aſtronomie verſpricht der Erde<lb/> ein ewiges Fruͤhlingsaͤquinoktium <note place="foot" n="*)">Denn nach 400000 Jahren ſteht die Erdaxe, wie Jupiter<lb/> jetzt, ſenkrecht auf ihrer Bahn.<lb/></note>; und die Ge¬<lb/> ſchichte verſpricht ihr ein hoͤheres: vielleicht fallen<lb/> beide ewige Fruͤhlinge in einander. —</p> <p>Wir Niedergeſenkte, da der Menſch unter den<lb/> Menſchen verſchwindet, muͤſſen uns vor der Menſch¬<lb/> heit erheben — Wenn ich an die Griechen denke:<lb/> ſo ſeh' ich, daß unſere Hofnungen ſchneller gehen<lb/> als das Schickſal. — Wie man mit Lichtern zu<lb/> Nachts uͤber die Alpen von Eis reiſet um nicht vor<lb/> den Abgruͤnden und vor dem langen Wege zu er¬<lb/> ſchrecken: ſo legt das Schickſal Nacht um uns und<lb/> reicht uns nur Fackeln fuͤr den <hi rendition="#g">naͤchſten</hi> Weg, da¬<lb/> mit wir uns nicht betruͤben uͤber die Kluͤfte der Zu¬<lb/> kunft und uͤber die Entfernung des Ziels. — Es gab<lb/> Jahrhunderte, wo die Menſchheit mit verbundnen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [248/0258]
und ſehen nach unſerem dunkeln Tag die Sonne
durchgluͤhend untergehen und uns den heitern ſtillen
Sabbathstag der Menſchheit hinter der letzten Wolke
verſprechen; aber unſre Nachkommenſchaft geht noch
durch eine Nacht voll Wind und durch einen Nebel
voll Gift bis endlich uͤber eine gluͤcklichere Erde ein
ewiger Morgenwind voll Bluͤtengeiſter, vor der Sonne
ziehend, alle Wolken verdraͤngend, an Menſchen ohne
Seufzer weht. Die Aſtronomie verſpricht der Erde
ein ewiges Fruͤhlingsaͤquinoktium *); und die Ge¬
ſchichte verſpricht ihr ein hoͤheres: vielleicht fallen
beide ewige Fruͤhlinge in einander. —
Wir Niedergeſenkte, da der Menſch unter den
Menſchen verſchwindet, muͤſſen uns vor der Menſch¬
heit erheben — Wenn ich an die Griechen denke:
ſo ſeh' ich, daß unſere Hofnungen ſchneller gehen
als das Schickſal. — Wie man mit Lichtern zu
Nachts uͤber die Alpen von Eis reiſet um nicht vor
den Abgruͤnden und vor dem langen Wege zu er¬
ſchrecken: ſo legt das Schickſal Nacht um uns und
reicht uns nur Fackeln fuͤr den naͤchſten Weg, da¬
mit wir uns nicht betruͤben uͤber die Kluͤfte der Zu¬
kunft und uͤber die Entfernung des Ziels. — Es gab
Jahrhunderte, wo die Menſchheit mit verbundnen
*) Denn nach 400000 Jahren ſteht die Erdaxe, wie Jupiter
jetzt, ſenkrecht auf ihrer Bahn.
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