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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

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"dumm nicht, -- Nein, es ist sündlich, wenn ein
"Mann, ein Hof Medikus, ein Denker, Monate
"lang darüber spintisiret, oft halbe Abende und doch
"die Sache nicht eher herausbringt als wenn er sie
"hört, jetzt erst -- Warlich, sogar das Fenster S
"passet an!" -- Ich und der Leser wollen ihm das
aus den Händen nehmen, womit er sich hier vor uns
steinigt: denn er wirft nach uns beiden eben so gut,
weil wir eben so gut nichts errathen haben wie er.
Kurz, der versteckte Glückliche der die schöne Klo¬
tilde zur Unglücklichen macht und für den sie
ihre stumme scheue Seele ausseufzet und der für
ihre meisten Reize gar keine Augen hat, ist
der blinde -- Julius in Maienthal. Daher will
sie hin.

Ich wollt' einen Folioband mit den Beweisen
davon vollbringen: Viktor zählte sie sich an seinen
fünf Fingern ab. Beim Daumen sagt' er: "des Ju¬
"lius wegen, sucht sie die kleine Julia, so ists auch
"mit Giulia" -- beim Schreibfinger sagte er: "das
französische Anfangs J sieht wie ein S ohne Queer¬
strich aus" -- beim Mittelfinger: "die Minerva
"hat ihm ja nicht bloß die Flöte sondern auch Mi¬
"nervens schönes Gesicht bescheert, und in dieses
"blinde Amors Gesicht konnte Klotilde sich ohne Er¬
"röthen vertiefen: schon aus Liebe gegen seinen
"Freund Emanuel hätte sie ihn geliebt" -- Beim

Hesperus. II Th. R

»dumm nicht, — Nein, es iſt ſuͤndlich, wenn ein
»Mann, ein Hof Medikus, ein Denker, Monate
»lang daruͤber ſpintiſiret, oft halbe Abende und doch
»die Sache nicht eher herausbringt als wenn er ſie
»hoͤrt, jetzt erſt — Warlich, ſogar das Fenſter S
»paſſet an!« — Ich und der Leſer wollen ihm das
aus den Haͤnden nehmen, womit er ſich hier vor uns
ſteinigt: denn er wirft nach uns beiden eben ſo gut,
weil wir eben ſo gut nichts errathen haben wie er.
Kurz, der verſteckte Gluͤckliche der die ſchoͤne Klo¬
tilde zur Ungluͤcklichen macht und fuͤr den ſie
ihre ſtumme ſcheue Seele ausſeufzet und der fuͤr
ihre meiſten Reize gar keine Augen hat, iſt
der blinde — Julius in Maienthal. Daher will
ſie hin.

Ich wollt' einen Folioband mit den Beweiſen
davon vollbringen: Viktor zaͤhlte ſie ſich an ſeinen
fuͤnf Fingern ab. Beim Daumen ſagt' er: »des Ju¬
»lius wegen, ſucht ſie die kleine Julia, ſo iſts auch
»mit Giulia« — beim Schreibfinger ſagte er: »das
franzoͤſiſche Anfangs J ſieht wie ein S ohne Queer¬
ſtrich aus« — beim Mittelfinger: »die Minerva
»hat ihm ja nicht bloß die Floͤte ſondern auch Mi¬
»nervens ſchoͤnes Geſicht beſcheert, und in dieſes
»blinde Amors Geſicht konnte Klotilde ſich ohne Er¬
»roͤthen vertiefen: ſchon aus Liebe gegen ſeinen
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[257/0267] »dumm nicht, — Nein, es iſt ſuͤndlich, wenn ein »Mann, ein Hof Medikus, ein Denker, Monate »lang daruͤber ſpintiſiret, oft halbe Abende und doch »die Sache nicht eher herausbringt als wenn er ſie »hoͤrt, jetzt erſt — Warlich, ſogar das Fenſter S »paſſet an!« — Ich und der Leſer wollen ihm das aus den Haͤnden nehmen, womit er ſich hier vor uns ſteinigt: denn er wirft nach uns beiden eben ſo gut, weil wir eben ſo gut nichts errathen haben wie er. Kurz, der verſteckte Gluͤckliche der die ſchoͤne Klo¬ tilde zur Ungluͤcklichen macht und fuͤr den ſie ihre ſtumme ſcheue Seele ausſeufzet und der fuͤr ihre meiſten Reize gar keine Augen hat, iſt der blinde — Julius in Maienthal. Daher will ſie hin. Ich wollt' einen Folioband mit den Beweiſen davon vollbringen: Viktor zaͤhlte ſie ſich an ſeinen fuͤnf Fingern ab. Beim Daumen ſagt' er: »des Ju¬ »lius wegen, ſucht ſie die kleine Julia, ſo iſts auch »mit Giulia« — beim Schreibfinger ſagte er: »das franzoͤſiſche Anfangs J ſieht wie ein S ohne Queer¬ ſtrich aus« — beim Mittelfinger: »die Minerva »hat ihm ja nicht bloß die Floͤte ſondern auch Mi¬ »nervens ſchoͤnes Geſicht beſcheert, und in dieſes »blinde Amors Geſicht konnte Klotilde ſich ohne Er¬ »roͤthen vertiefen: ſchon aus Liebe gegen ſeinen »Freund Emanuel haͤtte ſie ihn geliebt« — Beim Heſperus. II Th. R

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/267>, abgerufen am 21.11.2024.