-- Ambassadeur vom ersten Range. Denn Jenner, dessen Herzens-Elektrisirmaschine sich am elektrisi¬ renden Kissen einer schönen Wange oder eines Fichü voll Funken lud, hatte eben deswegen gegen Agnola, mit der er der Politik wegen die Konkordaten der Ehe abgeschlossen, alle Wärme seines -- Monatsna¬ men. Gegen Viktor, den Sohn ihres Erbfeindes, den Sukzessor des Hausdiebes der fürstlichen Gunst hegte sie, wie leicht zu erachten, wahre -- Zärtlich¬ keit. Unser arme Held -- betroffen über Jenners Kälte, für die er sich von der Gemahlin eben keine sonderliche Wärme gegen sich selber versprach -- be¬ trug sich so ernsthaft wie der ältere und jüngere Kato zugleich. Er dankte Gott (und ich selber) daß er fortkam.
Aber unter dem ganzen Wege dachte er: "hätt' "ich nur mein Sendschreiben aus dem Uhr-Couvert "heraus! Ach ich thäte dann alles, arme Agnola, "dich zu versöhnen mit deinem Schicksal und mit "deinem Gemahl!" -- "Ach St. Lüne -- setzte er "unter dem Vorbeifahren vor dem Stadtsenior hin¬ "zu -- du friedlicher Ort voll Blumen und Liebe! "Die Hazpachtung spedirt deinen Bastian von einem "Hazhaus ins andre."
Denn er mußte Höflichkeitshalber doch auch zum wirklichen Minister -- und Jenner nahm ihn mit. Dorthin gieng er mit Lust, gleichsam wie in ein
— Ambaſſadeur vom erſten Range. Denn Jenner, deſſen Herzens-Elektriſirmaſchine ſich am elektriſi¬ renden Kiſſen einer ſchoͤnen Wange oder eines Fichuͤ voll Funken lud, hatte eben deswegen gegen Agnola, mit der er der Politik wegen die Konkordaten der Ehe abgeſchloſſen, alle Waͤrme ſeines — Monatsna¬ men. Gegen Viktor, den Sohn ihres Erbfeindes, den Sukzeſſor des Hausdiebes der fuͤrſtlichen Gunſt hegte ſie, wie leicht zu erachten, wahre — Zaͤrtlich¬ keit. Unſer arme Held — betroffen uͤber Jenners Kaͤlte, fuͤr die er ſich von der Gemahlin eben keine ſonderliche Waͤrme gegen ſich ſelber verſprach — be¬ trug ſich ſo ernſthaft wie der aͤltere und juͤngere Kato zugleich. Er dankte Gott (und ich ſelber) daß er fortkam.
Aber unter dem ganzen Wege dachte er: »haͤtt' »ich nur mein Sendſchreiben aus dem Uhr-Couvert »heraus! Ach ich thaͤte dann alles, arme Agnola, »dich zu verſoͤhnen mit deinem Schickſal und mit »deinem Gemahl!» — »Ach St. Luͤne — ſetzte er »unter dem Vorbeifahren vor dem Stadtſenior hin¬ »zu — du friedlicher Ort voll Blumen und Liebe! »Die Hazpachtung ſpedirt deinen Baſtian von einem »Hazhaus ins andre.»
Denn er mußte Hoͤflichkeitshalber doch auch zum wirklichen Miniſter — und Jenner nahm ihn mit. Dorthin gieng er mit Luſt, gleichſam wie in ein
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— Ambaſſadeur vom erſten Range. Denn Jenner,
deſſen Herzens-Elektriſirmaſchine ſich am elektriſi¬
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voll Funken lud, hatte eben deswegen gegen Agnola,
mit der er der Politik wegen die Konkordaten der
Ehe abgeſchloſſen, alle Waͤrme ſeines — Monatsna¬
men. Gegen Viktor, den Sohn ihres Erbfeindes,
den Sukzeſſor des Hausdiebes der fuͤrſtlichen Gunſt
hegte ſie, wie leicht zu erachten, wahre — Zaͤrtlich¬
keit. Unſer arme Held — betroffen uͤber Jenners
Kaͤlte, fuͤr die er ſich von der Gemahlin eben keine
ſonderliche Waͤrme gegen ſich ſelber verſprach — be¬
trug ſich ſo ernſthaft wie der aͤltere und juͤngere
Kato zugleich. Er dankte Gott (und ich ſelber)
daß er fortkam.
Aber unter dem ganzen Wege dachte er: »haͤtt'
»ich nur mein Sendſchreiben aus dem Uhr-Couvert
»heraus! Ach ich thaͤte dann alles, arme Agnola,
»dich zu verſoͤhnen mit deinem Schickſal und mit
»deinem Gemahl!» — »Ach St. Luͤne — ſetzte er
»unter dem Vorbeifahren vor dem Stadtſenior hin¬
»zu — du friedlicher Ort voll Blumen und Liebe!
»Die Hazpachtung ſpedirt deinen Baſtian von einem
»Hazhaus ins andre.»
Denn er mußte Hoͤflichkeitshalber doch auch zum
wirklichen Miniſter — und Jenner nahm ihn mit.
Dorthin gieng er mit Luſt, gleichſam wie in ein
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/31>, abgerufen am 03.12.2024.
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