Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.Freund nannte. Die Drillinge hielten altbrittische Er ahmte meistens den Styl nach, den er zu¬ "Kein Staat ist frei als der sich liebt; das Freund nannte. Die Drillinge hielten altbrittiſche Er ahmte meiſtens den Styl nach, den er zu¬ »Kein Staat iſt frei als der ſich liebt; das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0103" n="93"/><hi rendition="#g">Freund</hi> nannte. Die Drillinge hielten altbrittiſche<lb/> Reden, die nur freie Menſchen verſtehen konnten.<lb/> Viktor wunderte ſich uͤber die allgemeine Freimuͤthig¬<lb/> keit vor einer ſo geſtachelten Schmeiß-Mouche wie<lb/> Matthieu war — aber die Englaͤnder fragten nach<lb/> nichts. Der Pfarrer ſchickte Herzensgebete ab und<lb/> ſagte, er ſeines Orts nehme wenig Notiz davon und<lb/> bitte nur leiſer zu haranguiren, damit er nicht in<lb/> den Ruf kaͤme, als ob er pietiſtiſche Konventikel in<lb/> ſeiner Pfarre zuließe. »Inzwiſchen ſteif' er ſich<lb/> »ganz auf den Herrn Hofmedikus und H. Hofjun¬<lb/> »ker, die ihn gegen Fiskulate gewißlich decken wuͤr¬<lb/> »den: ſonſt wuͤrd' er Frau und Sohn nicht mit<lb/> »drein ſprechen laſſen.» Die Pfarrerin zog die<lb/> Erinnerungen an ihr freies Vaterland den beſten<lb/> Verlaͤumdungen und Moden vor. — Viktor mußte<lb/> heute ſein Verſprechen halten, ſeine republikaniſche<lb/> Orthodoxie außer Zweifel zu ſetzen; und da er's vor<lb/> unſern Ohren gab, wollen wir auch mit ſehen, wie<lb/> er's haͤlt und ob er ein Alt-Britte iſt.</p><lb/> <p>Er ahmte meiſtens den Styl nach, den er zu¬<lb/> letzt geleſen oder — wie heute — gehoͤrt hatte; da¬<lb/> her ſprach er in Sentenzen wie der eine brennend-<lb/> kalte Englaͤnder.</p><lb/> <p>»Kein Staat iſt frei als der ſich liebt; das<lb/> »Maaß der Vaterlandsliebe iſt das Maaß der<lb/> »Freiheit. Was iſt denn nun dieſe Freiheit!<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
Freund nannte. Die Drillinge hielten altbrittiſche
Reden, die nur freie Menſchen verſtehen konnten.
Viktor wunderte ſich uͤber die allgemeine Freimuͤthig¬
keit vor einer ſo geſtachelten Schmeiß-Mouche wie
Matthieu war — aber die Englaͤnder fragten nach
nichts. Der Pfarrer ſchickte Herzensgebete ab und
ſagte, er ſeines Orts nehme wenig Notiz davon und
bitte nur leiſer zu haranguiren, damit er nicht in
den Ruf kaͤme, als ob er pietiſtiſche Konventikel in
ſeiner Pfarre zuließe. »Inzwiſchen ſteif' er ſich
»ganz auf den Herrn Hofmedikus und H. Hofjun¬
»ker, die ihn gegen Fiskulate gewißlich decken wuͤr¬
»den: ſonſt wuͤrd' er Frau und Sohn nicht mit
»drein ſprechen laſſen.» Die Pfarrerin zog die
Erinnerungen an ihr freies Vaterland den beſten
Verlaͤumdungen und Moden vor. — Viktor mußte
heute ſein Verſprechen halten, ſeine republikaniſche
Orthodoxie außer Zweifel zu ſetzen; und da er's vor
unſern Ohren gab, wollen wir auch mit ſehen, wie
er's haͤlt und ob er ein Alt-Britte iſt.
Er ahmte meiſtens den Styl nach, den er zu¬
letzt geleſen oder — wie heute — gehoͤrt hatte; da¬
her ſprach er in Sentenzen wie der eine brennend-
kalte Englaͤnder.
»Kein Staat iſt frei als der ſich liebt; das
»Maaß der Vaterlandsliebe iſt das Maaß der
»Freiheit. Was iſt denn nun dieſe Freiheit!
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