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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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den wir uns einmal lieben, wenn mein Vater
kömmt!"

Hier holte sie die vielleicht um beide besorgte
Pfarrerin ab und Flamin ehrte sie, was er selten
that, in seiner Erweichung mit einer kindlichen Um¬
armung; und aus vier verweinten Augen las sie ent¬
zückt die Erneuerung ihres unvergänglichen Bundes.

Nichts beweget den Menschen mehr als der An¬
blick einer Versöhnung, unsere Schwächen werden
nicht zu kostbar durch die Stunden ihrer Vergebung
erkauft, und der Engel, der keinen Zorn empfände,
müßte den Menschen beneiden, der ihn überwindet.
-- Wenn du vergiebst, so ist der Mensch, der in
dein Herz Wunden macht, der Seewurm, der die
Muschelschaale zerlöchert, welche die Oefnungen mit
Perlen verschließet.

Diese Aussöhnung zog, gleichsam eine mit dem
Glück nach sich -- der brumaire Abend wurde zu ei¬
nem floreal-Abend -- die Drillinge aßen vom ge¬
bratnen Ruhm der Appel nach -- Der Pfarrer hatte
mit keinen Schlüsseln weiter zu thun als mit Löse¬
schlüsseln, den geistigen Musikschlüsseln -- und das
Geburtsfest war zu einem Föderationsfeste aufgeblü¬
het, zu einem Oppositionsklub, wo sich alles, aber in
einem höhern Sinne als Quäker und Kaufleute

den wir uns einmal lieben, wenn mein Vater
koͤmmt!«

Hier holte ſie die vielleicht um beide beſorgte
Pfarrerin ab und Flamin ehrte ſie, was er ſelten
that, in ſeiner Erweichung mit einer kindlichen Um¬
armung; und aus vier verweinten Augen las ſie ent¬
zuͤckt die Erneuerung ihres unvergaͤnglichen Bundes.

Nichts beweget den Menſchen mehr als der An¬
blick einer Verſoͤhnung, unſere Schwaͤchen werden
nicht zu koſtbar durch die Stunden ihrer Vergebung
erkauft, und der Engel, der keinen Zorn empfaͤnde,
muͤßte den Menſchen beneiden, der ihn uͤberwindet.
— Wenn du vergiebſt, ſo iſt der Menſch, der in
dein Herz Wunden macht, der Seewurm, der die
Muſchelſchaale zerloͤchert, welche die Oefnungen mit
Perlen verſchließet.

Dieſe Ausſoͤhnung zog, gleichſam eine mit dem
Gluͤck nach ſich — der brumaire Abend wurde zu ei¬
nem floréal-Abend — die Drillinge aßen vom ge¬
bratnen Ruhm der Appel nach — Der Pfarrer hatte
mit keinen Schluͤſſeln weiter zu thun als mit Loͤſe¬
ſchluͤſſeln, den geiſtigen Muſikſchluͤſſeln — und das
Geburtsfeſt war zu einem Foͤderationsfeſte aufgebluͤ¬
het, zu einem Oppoſitionsklub, wo ſich alles, aber in
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[92/0102] den wir uns einmal lieben, wenn mein Vater koͤmmt!« Hier holte ſie die vielleicht um beide beſorgte Pfarrerin ab und Flamin ehrte ſie, was er ſelten that, in ſeiner Erweichung mit einer kindlichen Um¬ armung; und aus vier verweinten Augen las ſie ent¬ zuͤckt die Erneuerung ihres unvergaͤnglichen Bundes. Nichts beweget den Menſchen mehr als der An¬ blick einer Verſoͤhnung, unſere Schwaͤchen werden nicht zu koſtbar durch die Stunden ihrer Vergebung erkauft, und der Engel, der keinen Zorn empfaͤnde, muͤßte den Menſchen beneiden, der ihn uͤberwindet. — Wenn du vergiebſt, ſo iſt der Menſch, der in dein Herz Wunden macht, der Seewurm, der die Muſchelſchaale zerloͤchert, welche die Oefnungen mit Perlen verſchließet. Dieſe Ausſoͤhnung zog, gleichſam eine mit dem Gluͤck nach ſich — der brumaire Abend wurde zu ei¬ nem floréal-Abend — die Drillinge aßen vom ge¬ bratnen Ruhm der Appel nach — Der Pfarrer hatte mit keinen Schluͤſſeln weiter zu thun als mit Loͤſe¬ ſchluͤſſeln, den geiſtigen Muſikſchluͤſſeln — und das Geburtsfeſt war zu einem Foͤderationsfeſte aufgebluͤ¬ het, zu einem Oppoſitionsklub, wo ſich alles, aber in einem hoͤhern Sinne als Quaͤker und Kaufleute

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/102>, abgerufen am 23.11.2024.