Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.sich gleich weit von histerischen Zuckungen und von phleg¬ Das Morgenroth deckte eine ferne Sonne nach ſich gleich weit von hiſteriſchen Zuckungen und von phleg¬ Das Morgenroth deckte eine ferne Sonne nach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0130" n="120"/> ſich gleich weit von hiſteriſchen Zuckungen und von phleg¬<lb/> matiſcher Agonie und die Entzuͤckung graͤnzet naͤher an<lb/> den Schmerz als die Ruhe. Aber keine Ruhe und<lb/> Kaͤlte iſt etwas werth als die <hi rendition="#g">erworbene</hi> — der<lb/> Menſch muß der Leidenſchaften zugleich <hi rendition="#g">faͤhig</hi> und<lb/><hi rendition="#g">maͤchtig</hi> ſeyn. Die <hi rendition="#g">Ueberſtroͤmungen</hi> des Wil¬<lb/> lens gleichen denen der <hi rendition="#g">Fluͤße</hi>, die alle <hi rendition="#g">Brunnen</hi><lb/> eine Zeitlang verunreinigen: nehmet ihr aber die<lb/> Fluͤße weg, ſo ſind die Brunnen auch fort. —</p><lb/> <p>Das Morgenroth deckte eine ferne Sonne nach<lb/> der andern zu; und als endlich die nahe aufgegangen<lb/> war oder vielmehr die Natur: ſo konnte Viktor —<lb/> ſehen und leſen und mein Werk (die bekannten <hi rendition="#g">Mu¬<lb/> mien</hi>) aus der Taſche ziehen. Ein Buch war fuͤr<lb/> ihn in der treibenden freien Natur eine <hi rendition="#g">Garten¬<lb/> ſcheere</hi> ſeiner uͤppig aufſchießenden Traͤume und<lb/> Freuden. Dieſer mit einem ganzen Fruͤhling pran¬<lb/> gende Morgen, dieſes Schimmern auf allen Baͤchen,<lb/> dieſes Summen aus Bluͤten in Bluͤten, dieſes haͤn¬<lb/> gende blaue Meer, woruͤber die Sonne wie ein Bu¬<lb/> centauro ſchiffte, um auf den Meeres-Grund der<lb/> Erde den Vermaͤhlungsring zu werfen, eine ſolche<lb/> Gegenwart wuͤrde neben einer ſolchen Zukunft ſchon<lb/> in der dritten Stunde ihm die Kraft genommen ha¬<lb/> ben, ſeiner neuen Konſtituzion zufolge uͤber ſeine<lb/> Wonne zu regieren und immer ſoviel Ruhe zu be¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0130]
ſich gleich weit von hiſteriſchen Zuckungen und von phleg¬
matiſcher Agonie und die Entzuͤckung graͤnzet naͤher an
den Schmerz als die Ruhe. Aber keine Ruhe und
Kaͤlte iſt etwas werth als die erworbene — der
Menſch muß der Leidenſchaften zugleich faͤhig und
maͤchtig ſeyn. Die Ueberſtroͤmungen des Wil¬
lens gleichen denen der Fluͤße, die alle Brunnen
eine Zeitlang verunreinigen: nehmet ihr aber die
Fluͤße weg, ſo ſind die Brunnen auch fort. —
Das Morgenroth deckte eine ferne Sonne nach
der andern zu; und als endlich die nahe aufgegangen
war oder vielmehr die Natur: ſo konnte Viktor —
ſehen und leſen und mein Werk (die bekannten Mu¬
mien) aus der Taſche ziehen. Ein Buch war fuͤr
ihn in der treibenden freien Natur eine Garten¬
ſcheere ſeiner uͤppig aufſchießenden Traͤume und
Freuden. Dieſer mit einem ganzen Fruͤhling pran¬
gende Morgen, dieſes Schimmern auf allen Baͤchen,
dieſes Summen aus Bluͤten in Bluͤten, dieſes haͤn¬
gende blaue Meer, woruͤber die Sonne wie ein Bu¬
centauro ſchiffte, um auf den Meeres-Grund der
Erde den Vermaͤhlungsring zu werfen, eine ſolche
Gegenwart wuͤrde neben einer ſolchen Zukunft ſchon
in der dritten Stunde ihm die Kraft genommen ha¬
ben, ſeiner neuen Konſtituzion zufolge uͤber ſeine
Wonne zu regieren und immer ſoviel Ruhe zu be¬
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