die Fensterblumen in die Linden warfen, gingen mei¬ nem Helden, dem noch dazu das Mittagsgeläute wie ein Geläute zu einem Friedensfeste der Erde vorkam, die Blumen der Freude, worin er watete, bis an das Herz -- Emanuels Poesie klang ihm in dieser epischen Berauschung wie Prose; er war eingesunken in ein Blumengebüsch und erblickte oben darüber ei¬ nen genesenen Unsterblichen, der die Blüten Ueber¬ hüllung auseinander bog -- und noch höher eine ewige Pfingstsonne im endlosen Blau -- und näher das Sprießen des Blumenlaubes und das Bienen¬ gewimmel darüber -- und eine goldne Morgenröthe als Einfassungsgewächs rund um die ganze bunte rauchende Waldung geschlungen. . . . .
-- Beim Himmel! nur in einer unfigürlichen solchen Blumen-Holzung zu liegen, wäre schon et¬ was -- geschweige gar in einer metaphorischen! -- Viktor war fromm aus Freude, aus Ueberfüllung still, aus Dankbarkeit genügsam. Der Anblick des gemeinschaftlichen Lehrers gab zwar Klotildens Bilde wärmere Farben und seiner Seele höhere Flammen, aber seinen Wünschen keine Unersättlichkeit und keine Ungeduld.
Emanuel kam sogleich auf diese geliebte Schüle¬ rin: nicht, gar nicht als ob Klotilde ihm den drit¬ ten Osterfeiertag klar erzählt hätte oder als ob
Hesperus. III. Th. I
die Fenſterblumen in die Linden warfen, gingen mei¬ nem Helden, dem noch dazu das Mittagsgelaͤute wie ein Gelaͤute zu einem Friedensfeſte der Erde vorkam, die Blumen der Freude, worin er watete, bis an das Herz — Emanuels Poeſie klang ihm in dieſer epiſchen Berauſchung wie Proſe; er war eingeſunken in ein Blumengebuͤſch und erblickte oben daruͤber ei¬ nen geneſenen Unſterblichen, der die Bluͤten Ueber¬ huͤllung auseinander bog — und noch hoͤher eine ewige Pfingſtſonne im endloſen Blau — und naͤher das Sprießen des Blumenlaubes und das Bienen¬ gewimmel daruͤber — und eine goldne Morgenroͤthe als Einfaſſungsgewaͤchs rund um die ganze bunte rauchende Waldung geſchlungen. . . . .
— Beim Himmel! nur in einer unfiguͤrlichen ſolchen Blumen-Holzung zu liegen, waͤre ſchon et¬ was — geſchweige gar in einer metaphoriſchen! — Viktor war fromm aus Freude, aus Ueberfuͤllung ſtill, aus Dankbarkeit genuͤgſam. Der Anblick des gemeinſchaftlichen Lehrers gab zwar Klotildens Bilde waͤrmere Farben und ſeiner Seele hoͤhere Flammen, aber ſeinen Wuͤnſchen keine Unerſaͤttlichkeit und keine Ungeduld.
Emanuel kam ſogleich auf dieſe geliebte Schuͤle¬ rin: nicht, gar nicht als ob Klotilde ihm den drit¬ ten Oſterfeiertag klar erzaͤhlt haͤtte oder als ob
Heſperus. III. Th. I
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0139"n="129"/>
die Fenſterblumen in die Linden warfen, gingen mei¬<lb/>
nem Helden, dem noch dazu das Mittagsgelaͤute wie<lb/>
ein Gelaͤute zu einem Friedensfeſte der Erde vorkam,<lb/>
die Blumen der Freude, worin er watete, bis an<lb/>
das Herz — Emanuels Poeſie klang ihm in dieſer<lb/>
epiſchen Berauſchung wie Proſe; er war eingeſunken<lb/>
in ein Blumengebuͤſch und erblickte oben daruͤber ei¬<lb/>
nen geneſenen Unſterblichen, der die Bluͤten Ueber¬<lb/>
huͤllung auseinander bog — und noch hoͤher eine<lb/>
ewige Pfingſtſonne im endloſen Blau — und naͤher<lb/>
das Sprießen des Blumenlaubes und das Bienen¬<lb/>
gewimmel daruͤber — und eine goldne Morgenroͤthe<lb/>
als Einfaſſungsgewaͤchs rund um die ganze bunte<lb/>
rauchende Waldung geſchlungen. . . . .</p><lb/><p>— Beim Himmel! nur in einer <choice><sic><hirendition="#g">nnfiguͤrlichen</hi></sic><corr><hirendition="#g">unfiguͤrlichen</hi></corr></choice><lb/>ſolchen Blumen-Holzung zu liegen, waͤre ſchon et¬<lb/>
was — geſchweige gar in einer <hirendition="#g">metaphoriſchen</hi>!<lb/>— Viktor war fromm aus Freude, aus Ueberfuͤllung<lb/>ſtill, aus Dankbarkeit genuͤgſam. Der Anblick des<lb/>
gemeinſchaftlichen Lehrers gab zwar Klotildens Bilde<lb/>
waͤrmere Farben und ſeiner Seele hoͤhere Flammen,<lb/>
aber ſeinen Wuͤnſchen keine Unerſaͤttlichkeit und keine<lb/>
Ungeduld.</p><lb/><p>Emanuel kam ſogleich auf dieſe geliebte Schuͤle¬<lb/>
rin: nicht, gar nicht als ob Klotilde ihm den drit¬<lb/>
ten Oſterfeiertag klar erzaͤhlt haͤtte oder als ob<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Heſperus. <hirendition="#aq">III</hi>. Th. I<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[129/0139]
die Fenſterblumen in die Linden warfen, gingen mei¬
nem Helden, dem noch dazu das Mittagsgelaͤute wie
ein Gelaͤute zu einem Friedensfeſte der Erde vorkam,
die Blumen der Freude, worin er watete, bis an
das Herz — Emanuels Poeſie klang ihm in dieſer
epiſchen Berauſchung wie Proſe; er war eingeſunken
in ein Blumengebuͤſch und erblickte oben daruͤber ei¬
nen geneſenen Unſterblichen, der die Bluͤten Ueber¬
huͤllung auseinander bog — und noch hoͤher eine
ewige Pfingſtſonne im endloſen Blau — und naͤher
das Sprießen des Blumenlaubes und das Bienen¬
gewimmel daruͤber — und eine goldne Morgenroͤthe
als Einfaſſungsgewaͤchs rund um die ganze bunte
rauchende Waldung geſchlungen. . . . .
— Beim Himmel! nur in einer unfiguͤrlichen
ſolchen Blumen-Holzung zu liegen, waͤre ſchon et¬
was — geſchweige gar in einer metaphoriſchen!
— Viktor war fromm aus Freude, aus Ueberfuͤllung
ſtill, aus Dankbarkeit genuͤgſam. Der Anblick des
gemeinſchaftlichen Lehrers gab zwar Klotildens Bilde
waͤrmere Farben und ſeiner Seele hoͤhere Flammen,
aber ſeinen Wuͤnſchen keine Unerſaͤttlichkeit und keine
Ungeduld.
Emanuel kam ſogleich auf dieſe geliebte Schuͤle¬
rin: nicht, gar nicht als ob Klotilde ihm den drit¬
ten Oſterfeiertag klar erzaͤhlt haͤtte oder als ob
Heſperus. III. Th. I
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/139>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.