Passatwind des Visitenfächers für uns eine Winds¬ braut ist und der kühle Athem über die Theetasse herüber ein Seewind -- wo man weniger am Kum¬ mer des andern Antheil nahm als an seinem Fraße -- wo die Damen und die Herren in Bärenhäuten mit nichts verwundeten (mit Blicken, Reizen, Locken am allerwenigsten) mit nichts als mit Keulen und wo sie sich zwar so gut wie heute und morgen des Herzens eines ehrlichen Mannes bemächtigten, aber doch nur so, daß sie den Inhaber desselben vorher auf einen Altar hinstreckten und ordentlich abschlachte¬ ten, eh' sie ihm den Himmelsglobus aus dem Brust¬ gehäuse ausschnitten. -- --
Um diese Zeiten sind wir nun alle gebracht: in den jetzigen siehts schlecht aus. Beim Himmel, man hat ja nicht viel weniger als Alles vonnöthen, um glücklich, und nicht viel mehr als Nichts, um un¬ glücklich zu seyn -- zu jenem braucht man eine Sonne, zu diesem ein Sonnenstäubgen! -- Gut wä¬ ren wir daran und große Zimmer im Luftschloß mon repos am Rhein hätten wir innen, wenn es uns vom Schicksal bescheeret wäre, daß wir etwan so viele Foltern erlitten wie die Juristen haben, näm¬ lich drei -- nicht mehr Plagen als die Aegypter tru¬ gen, nämlich sieben -- nicht mehr Verfolgungen als die ersten Christen ausstanden, nämlich zehn. Aber auf solche Glücks-Ziehungen sieht ein Mann von
Paſſatwind des Viſitenfaͤchers fuͤr uns eine Winds¬ braut iſt und der kuͤhle Athem uͤber die Theetaſſe heruͤber ein Seewind — wo man weniger am Kum¬ mer des andern Antheil nahm als an ſeinem Fraße — wo die Damen und die Herren in Baͤrenhaͤuten mit nichts verwundeten (mit Blicken, Reizen, Locken am allerwenigſten) mit nichts als mit Keulen und wo ſie ſich zwar ſo gut wie heute und morgen des Herzens eines ehrlichen Mannes bemaͤchtigten, aber doch nur ſo, daß ſie den Inhaber deſſelben vorher auf einen Altar hinſtreckten und ordentlich abſchlachte¬ ten, eh' ſie ihm den Himmelsglobus aus dem Bruſt¬ gehaͤuſe ausſchnitten. — —
Um dieſe Zeiten ſind wir nun alle gebracht: in den jetzigen ſiehts ſchlecht aus. Beim Himmel, man hat ja nicht viel weniger als Alles vonnoͤthen, um gluͤcklich, und nicht viel mehr als Nichts, um un¬ gluͤcklich zu ſeyn — zu jenem braucht man eine Sonne, zu dieſem ein Sonnenſtaͤubgen! — Gut waͤ¬ ren wir daran und große Zimmer im Luftſchloß mon répos am Rhein haͤtten wir innen, wenn es uns vom Schickſal beſcheeret waͤre, daß wir etwan ſo viele Foltern erlitten wie die Juriſten haben, naͤm¬ lich drei — nicht mehr Plagen als die Aegypter tru¬ gen, naͤmlich ſieben — nicht mehr Verfolgungen als die erſten Chriſten ausſtanden, naͤmlich zehn. Aber auf ſolche Gluͤcks-Ziehungen ſieht ein Mann von
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Paſſatwind des Viſitenfaͤchers fuͤr uns eine Winds¬
braut iſt und der kuͤhle Athem uͤber die Theetaſſe
heruͤber ein Seewind — wo man weniger am Kum¬
mer des andern Antheil nahm als an ſeinem Fraße
— wo die Damen und die Herren in Baͤrenhaͤuten
mit nichts verwundeten (mit Blicken, Reizen, Locken
am allerwenigſten) mit nichts als mit Keulen und
wo ſie ſich zwar ſo gut wie heute und morgen des
Herzens eines ehrlichen Mannes bemaͤchtigten, aber
doch nur ſo, daß ſie den Inhaber deſſelben vorher
auf einen Altar hinſtreckten und ordentlich abſchlachte¬
ten, eh' ſie ihm den Himmelsglobus aus dem Bruſt¬
gehaͤuſe ausſchnitten. — —
Um dieſe Zeiten ſind wir nun alle gebracht: in
den jetzigen ſiehts ſchlecht aus. Beim Himmel, man
hat ja nicht viel weniger als Alles vonnoͤthen, um
gluͤcklich, und nicht viel mehr als Nichts, um un¬
gluͤcklich zu ſeyn — zu jenem braucht man eine
Sonne, zu dieſem ein Sonnenſtaͤubgen! — Gut waͤ¬
ren wir daran und große Zimmer im Luftſchloß mon
répos am Rhein haͤtten wir innen, wenn es uns
vom Schickſal beſcheeret waͤre, daß wir etwan ſo
viele Foltern erlitten wie die Juriſten haben, naͤm¬
lich drei — nicht mehr Plagen als die Aegypter tru¬
gen, naͤmlich ſieben — nicht mehr Verfolgungen als
die erſten Chriſten ausſtanden, naͤmlich zehn. Aber
auf ſolche Gluͤcks-Ziehungen ſieht ein Mann von
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/14>, abgerufen am 21.11.2024.
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