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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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und nachfüllen, hätt' er nicht wie jener Ertrunkne
ein Glockengeläute in die Wellen hinunterge¬
hört. . .

Kurz -- die Kirche war aus und er mußte hin¬
ter einen Blätter-Jagdschirm gehen, um, wenn
die kleinen Abendmals-Panisten aus der nachor¬
gelnden Kirche und unter den nachtrompetenden
Thurm vorbei zögen, dann mit dem Taschenperspek¬
tiv zuzuschauen, wer zuschaue aus dem Kloster.
Klotildens Angesicht schwebte, wie durch Magie vor¬
gerufen aus der zweiten Welt, dicht am Glase und
er konnte unvertrieben seine Schmetterlingsflügel um
diese Blume schlagen: er konnte frei in ihre großen
Augenhölen wie in zwei mit Thau-Glanz gefüllte
Blumenkelche sinken. Er sah nie einen so reinen
Schnee des Augapfels um die blaue Himmelsöfnung
die weit in die schönere Seele ging; und wenn sie
das Auge in den Garten niederschlug, stand das
große verhüllende Augenlied mit seinen zitternden
Wimpern eben so schön darüber wie eine Lilie über
einer Quelle. Die Liebe fängt sich wie das Zeich¬
nen und der keimende Mensch beim Auge an. --
Da die Kinder vorüber waren: so wandte Klotilde
ihr Angesicht langsam und frei gegen Emanuels Laub¬
hütte und schauete mit dem weiten sehnenden Blicke
der Liebe herüber. . . .

und nachfuͤllen, haͤtt' er nicht wie jener Ertrunkne
ein Glockengelaͤute in die Wellen hinunterge¬
hoͤrt. . .

Kurz — die Kirche war aus und er mußte hin¬
ter einen Blaͤtter-Jagdſchirm gehen, um, wenn
die kleinen Abendmals-Paniſten aus der nachor¬
gelnden Kirche und unter den nachtrompetenden
Thurm vorbei zoͤgen, dann mit dem Taſchenperſpek¬
tiv zuzuſchauen, wer zuſchaue aus dem Kloſter.
Klotildens Angeſicht ſchwebte, wie durch Magie vor¬
gerufen aus der zweiten Welt, dicht am Glaſe und
er konnte unvertrieben ſeine Schmetterlingsfluͤgel um
dieſe Blume ſchlagen: er konnte frei in ihre großen
Augenhoͤlen wie in zwei mit Thau-Glanz gefuͤllte
Blumenkelche ſinken. Er ſah nie einen ſo reinen
Schnee des Augapfels um die blaue Himmelsoͤfnung
die weit in die ſchoͤnere Seele ging; und wenn ſie
das Auge in den Garten niederſchlug, ſtand das
große verhuͤllende Augenlied mit ſeinen zitternden
Wimpern eben ſo ſchoͤn daruͤber wie eine Lilie uͤber
einer Quelle. Die Liebe faͤngt ſich wie das Zeich¬
nen und der keimende Menſch beim Auge an. —
Da die Kinder voruͤber waren: ſo wandte Klotilde
ihr Angeſicht langſam und frei gegen Emanuels Laub¬
huͤtte und ſchauete mit dem weiten ſehnenden Blicke
der Liebe heruͤber. . . .

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[152/0162] und nachfuͤllen, haͤtt' er nicht wie jener Ertrunkne ein Glockengelaͤute in die Wellen hinunterge¬ hoͤrt. . . Kurz — die Kirche war aus und er mußte hin¬ ter einen Blaͤtter-Jagdſchirm gehen, um, wenn die kleinen Abendmals-Paniſten aus der nachor¬ gelnden Kirche und unter den nachtrompetenden Thurm vorbei zoͤgen, dann mit dem Taſchenperſpek¬ tiv zuzuſchauen, wer zuſchaue aus dem Kloſter. Klotildens Angeſicht ſchwebte, wie durch Magie vor¬ gerufen aus der zweiten Welt, dicht am Glaſe und er konnte unvertrieben ſeine Schmetterlingsfluͤgel um dieſe Blume ſchlagen: er konnte frei in ihre großen Augenhoͤlen wie in zwei mit Thau-Glanz gefuͤllte Blumenkelche ſinken. Er ſah nie einen ſo reinen Schnee des Augapfels um die blaue Himmelsoͤfnung die weit in die ſchoͤnere Seele ging; und wenn ſie das Auge in den Garten niederſchlug, ſtand das große verhuͤllende Augenlied mit ſeinen zitternden Wimpern eben ſo ſchoͤn daruͤber wie eine Lilie uͤber einer Quelle. Die Liebe faͤngt ſich wie das Zeich¬ nen und der keimende Menſch beim Auge an. — Da die Kinder voruͤber waren: ſo wandte Klotilde ihr Angeſicht langſam und frei gegen Emanuels Laub¬ huͤtte und ſchauete mit dem weiten ſehnenden Blicke der Liebe heruͤber. . . .

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/162>, abgerufen am 27.11.2024.