"dem Engel für eine Bewandniß habe." -- Guter Held! du vermengst jeden Engel mit deinem und ich wüßte nicht, warum nicht! . . .
Jetzt lief ein Wolkenschatten über sie, gleichsam als Vorläufer eines dunklern, der ihre Seelen suchte. Denn Viktor, der vor einem schönen Herzen niemals seines versperren konnte, der in der Heiligung der Liebe alle Verstellung verschmähte, erzählte Klotil¬ den mit jener Herzlichkeit, die sich so leicht mit Feinheit vermählen läßt, die Ursachen von Mat¬ thieus Reise, nämlich seine eigne kleine Thorheit in Kussewiz, wo er der Fürstin das geschriebene billet¬ doux mitgab. Er hätt' ihr auch ohnedas diese Er¬ öfnung machen müssen, um der fremden eines An¬ klägers vorzubauen. Aber er setzte bei Klotilde vor¬ eilig die Chronologie seiner kleinen Annalen voraus und merkte nicht an, daß er das Billet geschrieben, eh' er wußte, daß Klotilde noch frei und nur Fla¬ mins Schwester sey*). Sie schwieg lange. Er be¬ fürchtete diese Pantomime des Zürnens; und wagt' es nicht, sich davon zu überzeugen durch einen Blick in ihr Angesicht. Endlich bat sie ihn an ihrem Lieblings-bow¬ ling green, wo in der größten Vertiefung des Thals
grüner
*) Denn erst als er Kussewiz zurück kam, erfuhr er auf der Insel von seinem Vater die Verwandschaft Klotildens.
»dem Engel fuͤr eine Bewandniß habe.» — Guter Held! du vermengſt jeden Engel mit deinem und ich wuͤßte nicht, warum nicht! . . .
Jetzt lief ein Wolkenſchatten uͤber ſie, gleichſam als Vorlaͤufer eines dunklern, der ihre Seelen ſuchte. Denn Viktor, der vor einem ſchoͤnen Herzen niemals ſeines verſperren konnte, der in der Heiligung der Liebe alle Verſtellung verſchmaͤhte, erzaͤhlte Klotil¬ den mit jener Herzlichkeit, die ſich ſo leicht mit Feinheit vermaͤhlen laͤßt, die Urſachen von Mat¬ thieus Reiſe, naͤmlich ſeine eigne kleine Thorheit in Kuſſewiz, wo er der Fuͤrſtin das geſchriebene billet¬ doux mitgab. Er haͤtt' ihr auch ohnedas dieſe Er¬ oͤfnung machen muͤſſen, um der fremden eines An¬ klaͤgers vorzubauen. Aber er ſetzte bei Klotilde vor¬ eilig die Chronologie ſeiner kleinen Annalen voraus und merkte nicht an, daß er das Billet geſchrieben, eh' er wußte, daß Klotilde noch frei und nur Fla¬ mins Schweſter ſey*). Sie ſchwieg lange. Er be¬ fuͤrchtete dieſe Pantomime des Zuͤrnens; und wagt' es nicht, ſich davon zu uͤberzeugen durch einen Blick in ihr Angeſicht. Endlich bat ſie ihn an ihrem Lieblings-bow¬ ling green, wo in der groͤßten Vertiefung des Thals
gruͤner
*) Denn erſt als er Kuſſewiz zurück kam, erfuhr er auf der Inſel von ſeinem Vater die Verwandſchaft Klotildens.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0170"n="160"/>
»dem Engel fuͤr eine Bewandniß habe.» — Guter<lb/>
Held! du vermengſt jeden Engel mit deinem und ich<lb/>
wuͤßte nicht, warum nicht! . . .</p><lb/><p>Jetzt lief ein Wolkenſchatten uͤber ſie, gleichſam<lb/>
als Vorlaͤufer eines dunklern, der ihre Seelen ſuchte.<lb/>
Denn Viktor, der vor einem ſchoͤnen Herzen niemals<lb/>ſeines verſperren konnte, der in der Heiligung der<lb/>
Liebe alle Verſtellung verſchmaͤhte, erzaͤhlte Klotil¬<lb/>
den mit jener Herzlichkeit, die ſich ſo leicht mit<lb/>
Feinheit vermaͤhlen laͤßt, die Urſachen von Mat¬<lb/>
thieus Reiſe, naͤmlich ſeine eigne kleine Thorheit in<lb/>
Kuſſewiz, wo er der Fuͤrſtin das geſchriebene <hirendition="#aq">billet¬<lb/>
doux</hi> mitgab. Er haͤtt' ihr auch ohnedas dieſe Er¬<lb/>
oͤfnung machen muͤſſen, um der fremden eines An¬<lb/>
klaͤgers vorzubauen. Aber er ſetzte bei Klotilde vor¬<lb/>
eilig die Chronologie ſeiner kleinen Annalen voraus<lb/>
und merkte nicht an, daß er das Billet geſchrieben,<lb/>
eh' er wußte, daß Klotilde noch <hirendition="#g">frei</hi> und nur Fla¬<lb/>
mins <hirendition="#g">Schweſter</hi>ſey<noteplace="foot"n="*)">Denn erſt als er Kuſſewiz zurück kam, erfuhr er auf<lb/>
der Inſel von ſeinem Vater die Verwandſchaft Klotildens.</note>. Sie ſchwieg lange. Er be¬<lb/>
fuͤrchtete dieſe Pantomime des Zuͤrnens; und wagt' es<lb/>
nicht, ſich davon zu uͤberzeugen durch einen Blick in ihr<lb/>
Angeſicht. Endlich bat ſie ihn an ihrem Lieblings-<hirendition="#aq">bow¬<lb/>
ling green</hi>, wo in der groͤßten Vertiefung des Thals<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gruͤner<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[160/0170]
»dem Engel fuͤr eine Bewandniß habe.» — Guter
Held! du vermengſt jeden Engel mit deinem und ich
wuͤßte nicht, warum nicht! . . .
Jetzt lief ein Wolkenſchatten uͤber ſie, gleichſam
als Vorlaͤufer eines dunklern, der ihre Seelen ſuchte.
Denn Viktor, der vor einem ſchoͤnen Herzen niemals
ſeines verſperren konnte, der in der Heiligung der
Liebe alle Verſtellung verſchmaͤhte, erzaͤhlte Klotil¬
den mit jener Herzlichkeit, die ſich ſo leicht mit
Feinheit vermaͤhlen laͤßt, die Urſachen von Mat¬
thieus Reiſe, naͤmlich ſeine eigne kleine Thorheit in
Kuſſewiz, wo er der Fuͤrſtin das geſchriebene billet¬
doux mitgab. Er haͤtt' ihr auch ohnedas dieſe Er¬
oͤfnung machen muͤſſen, um der fremden eines An¬
klaͤgers vorzubauen. Aber er ſetzte bei Klotilde vor¬
eilig die Chronologie ſeiner kleinen Annalen voraus
und merkte nicht an, daß er das Billet geſchrieben,
eh' er wußte, daß Klotilde noch frei und nur Fla¬
mins Schweſter ſey *). Sie ſchwieg lange. Er be¬
fuͤrchtete dieſe Pantomime des Zuͤrnens; und wagt' es
nicht, ſich davon zu uͤberzeugen durch einen Blick in ihr
Angeſicht. Endlich bat ſie ihn an ihrem Lieblings-bow¬
ling green, wo in der groͤßten Vertiefung des Thals
gruͤner
*) Denn erſt als er Kuſſewiz zurück kam, erfuhr er auf
der Inſel von ſeinem Vater die Verwandſchaft Klotildens.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/170>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.