Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.verklärte Welten aus der dunkeln Erde auf und die verklaͤrte Welten aus der dunkeln Erde auf und die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0201" n="191"/> verklaͤrte Welten aus der dunkeln Erde auf und die<lb/> Abendfontaine legte ſich glimmend wie eine Milch¬<lb/> ſtraße uͤber ſie heruͤber und der Sternenhimmel ſchlug<lb/> funkelnd uͤber ſie zuſammen und das entweichende<lb/> Vertoͤnen ſpuͤhlte die aufgehobnen Seelen vom Er¬<lb/> denufer loß. ... Siehe! da trieb ein kleines We¬<lb/> hen die entfliegenden Laute heiſſer und naͤher an ihr<lb/> Herz und ſie nahmen ihre Thraͤnen von den Augen;<lb/> und als ſie umher ſchaueten in der Gegenwart: ſo<lb/> bewegte das melodiſche Wehen alle Bluͤten im Gar¬<lb/> ten und die große Nacht, die mit Rieſengliedern im<lb/> Mondſchein auf der Erde ſchlief, regte vor Wonne<lb/> ihre Kraͤnze aus abgeſchatteten Gipfeln und die zwei<lb/> Menſchen laͤchelten zitternd zugleich und ſchlugen mit ein¬<lb/> ander die Augen nieder und hoben ſie mit einander auf und<lb/> wußten's nicht. Und Viktor konnte endlich ſagen:<lb/> O! moͤge das edelſte Herz, das ich kenne, ſo unaus¬<lb/> ſprechlich ſeelig ſeyn wie ich und noch ſeeliger! So<lb/> viel hab' ich nicht verdient. — Und Klotilde ſagte<lb/> in einem ſanften Tone: ich bin den ganzen Abend<lb/> allein geblieben bloß um vor Freude zu weinen, aber<lb/> er iſt zu ſchoͤn fuͤr mich und die Zukunft. ... Die<lb/> umkehrenden Geſpielinnen kamen den Garten herauf<lb/> und beide mußten auseinander ſcheiden; und als Vik¬<lb/> tor noch mit erſtickten Lauten ſagte: »Ruhe wohl,<lb/> du edle Seele — ſolche Freudenthraͤnen muͤſſen im¬<lb/> mer in deinen Augen ſtehen, ſolches melodiſche Ge¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0201]
verklaͤrte Welten aus der dunkeln Erde auf und die
Abendfontaine legte ſich glimmend wie eine Milch¬
ſtraße uͤber ſie heruͤber und der Sternenhimmel ſchlug
funkelnd uͤber ſie zuſammen und das entweichende
Vertoͤnen ſpuͤhlte die aufgehobnen Seelen vom Er¬
denufer loß. ... Siehe! da trieb ein kleines We¬
hen die entfliegenden Laute heiſſer und naͤher an ihr
Herz und ſie nahmen ihre Thraͤnen von den Augen;
und als ſie umher ſchaueten in der Gegenwart: ſo
bewegte das melodiſche Wehen alle Bluͤten im Gar¬
ten und die große Nacht, die mit Rieſengliedern im
Mondſchein auf der Erde ſchlief, regte vor Wonne
ihre Kraͤnze aus abgeſchatteten Gipfeln und die zwei
Menſchen laͤchelten zitternd zugleich und ſchlugen mit ein¬
ander die Augen nieder und hoben ſie mit einander auf und
wußten's nicht. Und Viktor konnte endlich ſagen:
O! moͤge das edelſte Herz, das ich kenne, ſo unaus¬
ſprechlich ſeelig ſeyn wie ich und noch ſeeliger! So
viel hab' ich nicht verdient. — Und Klotilde ſagte
in einem ſanften Tone: ich bin den ganzen Abend
allein geblieben bloß um vor Freude zu weinen, aber
er iſt zu ſchoͤn fuͤr mich und die Zukunft. ... Die
umkehrenden Geſpielinnen kamen den Garten herauf
und beide mußten auseinander ſcheiden; und als Vik¬
tor noch mit erſtickten Lauten ſagte: »Ruhe wohl,
du edle Seele — ſolche Freudenthraͤnen muͤſſen im¬
mer in deinen Augen ſtehen, ſolches melodiſche Ge¬
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