mich auch. -- Ach arme Giulia, richte deine Seele auf und erliege jetzt nicht, da du deinen Julius dir an deinem Grabe denkest! -- Wenn du das Todten¬ opfer bringst, so wird zwar mein Geist schon höher stehen, ich werde ein Jahr jenseits der Erde gelebet haben, ich werde die Erde schon vergessen haben -- aber doch, aber o Gott, nenn du die Töne über meinem Grabe ins Elysium dringen liessest, dann würd' ich niedersinken und heiße Thränen vergießen und die Arme ausbreiten und rufen: ja! hier in der Ewigkeit lieb' ich ihn noch -- es geh' ihm wohl auf der Erde, sein weiches Herz ruhe weich und lange auf dem Leben drunten. -- Nein, nicht lange! Komm herauf, Sterblicher, zu den Unsterblichen, damit dein Auge genese und die Freundin erblicke, die für dich gestorben ist!
Giulia."
"Ich will gehen -- sagte Julius stockend, aber "mit Zuckungen im Gesicht -- wenn auch die Son¬ "ne nicht hinab ist: Mein Vater soll mich bis zum "Untergange trösten, damit mein Herz nicht so hef¬ "tig an die Brust anschlägt, wenn ich am Grabe "stehe und das Todtenopfer bringe." -- -- Laß mich nichts sagen, Leser, von der Beklemmung, womit
mich auch. — Ach arme Giulia, richte deine Seele auf und erliege jetzt nicht, da du deinen Julius dir an deinem Grabe denkeſt! — Wenn du das Todten¬ opfer bringſt, ſo wird zwar mein Geiſt ſchon hoͤher ſtehen, ich werde ein Jahr jenſeits der Erde gelebet haben, ich werde die Erde ſchon vergeſſen haben — aber doch, aber o Gott, nenn du die Toͤne uͤber meinem Grabe ins Elyſium dringen lieſſeſt, dann wuͤrd' ich niederſinken und heiße Thraͤnen vergießen und die Arme ausbreiten und rufen: ja! hier in der Ewigkeit lieb' ich ihn noch — es geh' ihm wohl auf der Erde, ſein weiches Herz ruhe weich und lange auf dem Leben drunten. — Nein, nicht lange! Komm herauf, Sterblicher, zu den Unſterblichen, damit dein Auge geneſe und die Freundin erblicke, die fuͤr dich geſtorben iſt!
Giulia.»
»Ich will gehen — ſagte Julius ſtockend, aber »mit Zuckungen im Geſicht — wenn auch die Son¬ »ne nicht hinab iſt: Mein Vater ſoll mich bis zum »Untergange troͤſten, damit mein Herz nicht ſo hef¬ »tig an die Bruſt anſchlaͤgt, wenn ich am Grabe »ſtehe und das Todtenopfer bringe.» — — Laß mich nichts ſagen, Leſer, von der Beklemmung, womit
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mich auch. — Ach arme Giulia, richte deine Seele
auf und erliege jetzt nicht, da du deinen Julius dir
an deinem Grabe denkeſt! — Wenn du das Todten¬
opfer bringſt, ſo wird zwar mein Geiſt ſchon hoͤher
ſtehen, ich werde ein Jahr jenſeits der Erde gelebet
haben, ich werde die Erde ſchon vergeſſen haben —
aber doch, aber o Gott, nenn du die Toͤne uͤber
meinem Grabe ins Elyſium dringen lieſſeſt, dann
wuͤrd' ich niederſinken und heiße Thraͤnen vergießen
und die Arme ausbreiten und rufen: ja! hier in der
Ewigkeit lieb' ich ihn noch — es geh' ihm wohl auf
der Erde, ſein weiches Herz ruhe weich und lange
auf dem Leben drunten. — Nein, nicht lange!
Komm herauf, Sterblicher, zu den Unſterblichen,
damit dein Auge geneſe und die Freundin erblicke,
die fuͤr dich geſtorben iſt!
Giulia.»
»Ich will gehen — ſagte Julius ſtockend, aber
»mit Zuckungen im Geſicht — wenn auch die Son¬
»ne nicht hinab iſt: Mein Vater ſoll mich bis zum
»Untergange troͤſten, damit mein Herz nicht ſo hef¬
»tig an die Bruſt anſchlaͤgt, wenn ich am Grabe
»ſtehe und das Todtenopfer bringe.» — — Laß mich
nichts ſagen, Leſer, von der Beklemmung, womit
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/216>, abgerufen am 27.11.2024.
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