Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.Die Todesstunde war schon vorüber und doch Emanuel zitterte sehnend und bange, weil er noch "Tod! fasse mich, rief er ausser sich, -- ihr ge¬ Da fuhr in's Gewitter eine lodernde rasselnde Der Knall warf den flammenden Emanuel erblaßt Die seelige Nachmitternacht. Viktor regte, sinnlos darniedergeworfen, endlich Die Todesſtunde war ſchon voruͤber und doch Emanuel zitterte ſehnend und bange, weil er noch »Tod! faſſe mich, rief er auſſer ſich, — ihr ge¬ Da fuhr in's Gewitter eine lodernde raſſelnde Der Knall warf den flammenden Emanuel erblaßt Die ſeelige Nachmitternacht. Viktor regte, ſinnlos darniedergeworfen, endlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0286" n="276"/> <p>Die Todesſtunde war ſchon voruͤber und doch<lb/> das Leben noch nicht. —</p><lb/> <p>Emanuel zitterte ſehnend und bange, weil er noch<lb/> kein Sterben fuͤhlte — bewegte die Haͤnde als wenn<lb/> er ſie jemand geben wollte — ſtarrte in die Blitze<lb/> als wenn er ſie auf ſich ziehen wollte. . . .</p><lb/> <p>»Tod! faſſe mich, rief er auſſer ſich, — ihr ge¬<lb/> »ſtorbnen Freunde! o Vater! o Mutter! brecht ab<lb/> »mein Herz, nehmet mich — ich kann, ich kann<lb/> »nicht mehr leben.« — —</p><lb/> <p>Da fuhr in's Gewitter eine lodernde raſſelnde<lb/> Weltkugel hinauf und der Pulverthurm zerſchoß wie<lb/> eine auseinander geſprengte Hoͤlle. —</p><lb/> <p>Der Knall warf den flammenden Emanuel erblaßt<lb/> in ſein Blumengrab; der ganze donnernde Oſten zit¬<lb/> terte; der Mond und der Regenbogen wurden zuge¬<lb/> huͤllt. . . .</p><lb/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Die ſeelige Nachmitternacht.</hi><lb/> </head> <p>Viktor regte, ſinnlos darniedergeworfen, endlich<lb/> den Arm und taſtete damit an das kalte Angeſicht,<lb/> aus dem heute das tolle Todtengebein dieſe Nacht<lb/> geleſen hatte und das aus dem Grabe ragte gen<lb/> Himmel gekehrt. Er warf ſich troſtlos daruͤber und<lb/> druͤckte ſeins an das bleiche. Eh noch ſeine Thraͤ¬<lb/> nen durch den harten Schmerz ſich durchgeriſſen hat¬<lb/> ten: trugen die Wolken ihre Sturmfaͤſſer und ihre<lb/> Leichenfackeln zuruͤck und durchſichtige Schaumflocken<lb/> uͤberfloſſen weichend den Mond und ſenkten ſich end¬<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [276/0286]
Die Todesſtunde war ſchon voruͤber und doch
das Leben noch nicht. —
Emanuel zitterte ſehnend und bange, weil er noch
kein Sterben fuͤhlte — bewegte die Haͤnde als wenn
er ſie jemand geben wollte — ſtarrte in die Blitze
als wenn er ſie auf ſich ziehen wollte. . . .
»Tod! faſſe mich, rief er auſſer ſich, — ihr ge¬
»ſtorbnen Freunde! o Vater! o Mutter! brecht ab
»mein Herz, nehmet mich — ich kann, ich kann
»nicht mehr leben.« — —
Da fuhr in's Gewitter eine lodernde raſſelnde
Weltkugel hinauf und der Pulverthurm zerſchoß wie
eine auseinander geſprengte Hoͤlle. —
Der Knall warf den flammenden Emanuel erblaßt
in ſein Blumengrab; der ganze donnernde Oſten zit¬
terte; der Mond und der Regenbogen wurden zuge¬
huͤllt. . . .
Die ſeelige Nachmitternacht.
Viktor regte, ſinnlos darniedergeworfen, endlich
den Arm und taſtete damit an das kalte Angeſicht,
aus dem heute das tolle Todtengebein dieſe Nacht
geleſen hatte und das aus dem Grabe ragte gen
Himmel gekehrt. Er warf ſich troſtlos daruͤber und
druͤckte ſeins an das bleiche. Eh noch ſeine Thraͤ¬
nen durch den harten Schmerz ſich durchgeriſſen hat¬
ten: trugen die Wolken ihre Sturmfaͤſſer und ihre
Leichenfackeln zuruͤck und durchſichtige Schaumflocken
uͤberfloſſen weichend den Mond und ſenkten ſich end¬
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