Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.Monde -- nah am Horizont kreiseten Sterne -- Und in diesem Farben-Getümmel ging eine süße Aber die Seelen erblindeten nur und vergingen Da überfielen Abendwinde und Morgenwinde Monde — nah am Horizont kreiſeten Sterne — Und in dieſem Farben–Getuͤmmel ging eine ſuͤße Aber die Seelen erblindeten nur und vergingen Da uͤberfielen Abendwinde und Morgenwinde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0302" n="292"/> Monde — nah am Horizont kreiſeten Sterne —<lb/> und ſo oft eine Sonne oder ein Mond hinunterflog,<lb/> ſchaueten ſie himmliſch wie Engels Augen durch die<lb/> großen Blumen am Ufer hindurch. Die Sonnen<lb/> wurden von den Monden durch Regenbogen geſchie¬<lb/> den, und alle Sterne liefen zwiſchen zwei Regenboͤ¬<lb/> gen und ſtickten ſilbern die bunte Ringkugel des Him¬<lb/> mels. Ueber einander ſtiegen hinauf bunte Wolken,<lb/> in denen ein Kern von Gold, von Silber, von<lb/> Edelſteinen brannte — von Schmetterlingsfluͤgeln<lb/> waren Staubwolken abgeſtreift, die wie fliegende<lb/> Farben den Boden uͤberhuͤllten und aus dem Ge¬<lb/> woͤlke blitzten reißende Lichtfluͤſſe, die ſich alle in<lb/> einander verſchlangen. . ...</p><lb/> <p>Und in dieſem Farben–Getuͤmmel ging eine ſuͤße<lb/> Stimme umher und ſagte uͤberall: <hi rendition="#g">vergehet ſuͤßer<lb/> am Lichte</hi>.</p><lb/> <p>Aber die Seelen erblindeten nur und vergingen<lb/> noch nicht.</p><lb/> <p>Da uͤberfielen Abendwinde und Morgenwinde<lb/> und Mittagswinde mit einander die Aue und weh¬<lb/> ten die hell–blauen und gold–gruͤnen Wolken nieder,<lb/> die aus Blumenduft entſtanden waren, und falteten<lb/> den Blumenring am Horizonte auf und trieben den<lb/> ſuͤßen Rauch an die Herzen der Seeligen. — Der<lb/> Bluͤtennebel ſchlang ſie in ſich ein, das Herz wurde<lb/> in die dunkeln Duͤfte wie in ein Gefuͤhl aus der<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [292/0302]
Monde — nah am Horizont kreiſeten Sterne —
und ſo oft eine Sonne oder ein Mond hinunterflog,
ſchaueten ſie himmliſch wie Engels Augen durch die
großen Blumen am Ufer hindurch. Die Sonnen
wurden von den Monden durch Regenbogen geſchie¬
den, und alle Sterne liefen zwiſchen zwei Regenboͤ¬
gen und ſtickten ſilbern die bunte Ringkugel des Him¬
mels. Ueber einander ſtiegen hinauf bunte Wolken,
in denen ein Kern von Gold, von Silber, von
Edelſteinen brannte — von Schmetterlingsfluͤgeln
waren Staubwolken abgeſtreift, die wie fliegende
Farben den Boden uͤberhuͤllten und aus dem Ge¬
woͤlke blitzten reißende Lichtfluͤſſe, die ſich alle in
einander verſchlangen. . ...
Und in dieſem Farben–Getuͤmmel ging eine ſuͤße
Stimme umher und ſagte uͤberall: vergehet ſuͤßer
am Lichte.
Aber die Seelen erblindeten nur und vergingen
noch nicht.
Da uͤberfielen Abendwinde und Morgenwinde
und Mittagswinde mit einander die Aue und weh¬
ten die hell–blauen und gold–gruͤnen Wolken nieder,
die aus Blumenduft entſtanden waren, und falteten
den Blumenring am Horizonte auf und trieben den
ſuͤßen Rauch an die Herzen der Seeligen. — Der
Bluͤtennebel ſchlang ſie in ſich ein, das Herz wurde
in die dunkeln Duͤfte wie in ein Gefuͤhl aus der
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