in sein Elementarfeuer sanftes Oel und einige Zün¬ deruthen nach: sie haßte Klotilden, weil diese geliebt wurde, und unsern Helden, weil er nicht wie der Evangelist die Stiefmutter über die Stieftochter er¬ hob. Eine Frau, die für einen Mann in den Tod gegangen ist, d. h. in einen kurzen Schlaf (welches der Tod für Fromme ist,) nämlich in eine Ohnmacht -- wie eben die Frau Wittwe im 8ten Posttage -- darf schon diesen Mann hassen, wenn er sich nicht lieben lässet. Der Evangelist, der bisher Klotildens und Viktors Liebe nur für die zufällige Galanterie einer Minute gehalten und der die flüchtige Verbin¬ dung mit seiner Schwester Joachime auch für keine längere angesehen hatte, war teufelstoll über den Fehlschuß im ersten Falle und über den Königsschuß im zweiten: und beschloß, sich und seine Schwester, die er mehr als seinen Vater liebte, an jedem zu rächen.
Er hinterbrachte dem Regierungsrath zuerst ob¬ wohl ohne 24 blasende Postillons den Sieg Viktors über sie beide. Flamin hätte im eingesperrten Grün gern den einen Welttheil am andern zersplittert; aber Maz faßte sich und wälzte alles auf den Kam¬ merherrn: "dieser sey ein kleiner Filou und ein gro¬ "ßer Hofmann -- er habe vielleicht mehr als der "Liebhaber Klotildens Badreise nach Maienthal ver¬ "mittelt -- er und nicht so sehr Viktor, suche aus
in ſein Elementarfeuer ſanftes Oel und einige Zuͤn¬ deruthen nach: ſie haßte Klotilden, weil dieſe geliebt wurde, und unſern Helden, weil er nicht wie der Evangeliſt die Stiefmutter uͤber die Stieftochter er¬ hob. Eine Frau, die fuͤr einen Mann in den Tod gegangen iſt, d. h. in einen kurzen Schlaf (welches der Tod fuͤr Fromme iſt,) naͤmlich in eine Ohnmacht — wie eben die Frau Wittwe im 8ten Poſttage — darf ſchon dieſen Mann haſſen, wenn er ſich nicht lieben laͤſſet. Der Evangeliſt, der bisher Klotildens und Viktors Liebe nur fuͤr die zufaͤllige Galanterie einer Minute gehalten und der die fluͤchtige Verbin¬ dung mit ſeiner Schweſter Joachime auch fuͤr keine laͤngere angeſehen hatte, war teufelstoll uͤber den Fehlſchuß im erſten Falle und uͤber den Koͤnigsſchuß im zweiten: und beſchloß, ſich und ſeine Schweſter, die er mehr als ſeinen Vater liebte, an jedem zu raͤchen.
Er hinterbrachte dem Regierungsrath zuerſt ob¬ wohl ohne 24 blaſende Poſtillons den Sieg Viktors uͤber ſie beide. Flamin haͤtte im eingeſperrten Gruͤn gern den einen Welttheil am andern zerſplittert; aber Maz faßte ſich und waͤlzte alles auf den Kam¬ merherrn: »dieſer ſey ein kleiner Filou und ein gro¬ »ßer Hofmann — er habe vielleicht mehr als der »Liebhaber Klotildens Badreiſe nach Maienthal ver¬ »mittelt — er und nicht ſo ſehr Viktor, ſuche aus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0328"n="318"/>
in ſein Elementarfeuer ſanftes Oel und einige Zuͤn¬<lb/>
deruthen nach: ſie haßte Klotilden, weil dieſe geliebt<lb/>
wurde, und unſern Helden, weil er nicht wie der<lb/>
Evangeliſt die Stiefmutter uͤber die Stieftochter er¬<lb/>
hob. Eine Frau, die fuͤr einen Mann in den Tod<lb/>
gegangen iſt, d. h. in einen kurzen Schlaf (welches<lb/>
der Tod fuͤr Fromme iſt,) naͤmlich in eine Ohnmacht<lb/>— wie eben die Frau Wittwe im 8ten Poſttage —<lb/>
darf ſchon dieſen Mann haſſen, wenn er ſich nicht<lb/>
lieben laͤſſet. Der Evangeliſt, der bisher Klotildens<lb/>
und Viktors Liebe nur fuͤr die zufaͤllige Galanterie<lb/>
einer Minute gehalten und der die fluͤchtige Verbin¬<lb/>
dung mit ſeiner Schweſter Joachime auch fuͤr keine<lb/>
laͤngere angeſehen hatte, war teufelstoll uͤber den<lb/>
Fehlſchuß im erſten Falle und uͤber den Koͤnigsſchuß<lb/>
im zweiten: und beſchloß, ſich und ſeine Schweſter,<lb/>
die er mehr als ſeinen Vater liebte, an jedem zu<lb/>
raͤchen.</p><lb/><p>Er hinterbrachte dem Regierungsrath zuerſt ob¬<lb/>
wohl ohne 24 blaſende Poſtillons den Sieg Viktors<lb/>
uͤber ſie beide. Flamin haͤtte im eingeſperrten Gruͤn<lb/>
gern den einen Welttheil am andern zerſplittert;<lb/>
aber Maz faßte ſich und waͤlzte alles auf den Kam¬<lb/>
merherrn: »dieſer ſey ein kleiner Filou und ein gro¬<lb/>
»ßer Hofmann — er habe vielleicht mehr als der<lb/>
»Liebhaber Klotildens Badreiſe nach Maienthal ver¬<lb/>
»mittelt — er und nicht ſo ſehr Viktor, ſuche aus<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[318/0328]
in ſein Elementarfeuer ſanftes Oel und einige Zuͤn¬
deruthen nach: ſie haßte Klotilden, weil dieſe geliebt
wurde, und unſern Helden, weil er nicht wie der
Evangeliſt die Stiefmutter uͤber die Stieftochter er¬
hob. Eine Frau, die fuͤr einen Mann in den Tod
gegangen iſt, d. h. in einen kurzen Schlaf (welches
der Tod fuͤr Fromme iſt,) naͤmlich in eine Ohnmacht
— wie eben die Frau Wittwe im 8ten Poſttage —
darf ſchon dieſen Mann haſſen, wenn er ſich nicht
lieben laͤſſet. Der Evangeliſt, der bisher Klotildens
und Viktors Liebe nur fuͤr die zufaͤllige Galanterie
einer Minute gehalten und der die fluͤchtige Verbin¬
dung mit ſeiner Schweſter Joachime auch fuͤr keine
laͤngere angeſehen hatte, war teufelstoll uͤber den
Fehlſchuß im erſten Falle und uͤber den Koͤnigsſchuß
im zweiten: und beſchloß, ſich und ſeine Schweſter,
die er mehr als ſeinen Vater liebte, an jedem zu
raͤchen.
Er hinterbrachte dem Regierungsrath zuerſt ob¬
wohl ohne 24 blaſende Poſtillons den Sieg Viktors
uͤber ſie beide. Flamin haͤtte im eingeſperrten Gruͤn
gern den einen Welttheil am andern zerſplittert;
aber Maz faßte ſich und waͤlzte alles auf den Kam¬
merherrn: »dieſer ſey ein kleiner Filou und ein gro¬
»ßer Hofmann — er habe vielleicht mehr als der
»Liebhaber Klotildens Badreiſe nach Maienthal ver¬
»mittelt — er und nicht ſo ſehr Viktor, ſuche aus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/328>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.