"Entfernung seines Sohns verhänge und unterhalte, "damit dieser nicht etwan den unglücklichen Liebling "decke." -- Nicht ein wahres Wort war daran, das wußte Viktor besser; aber desto schlimmer: ach verräth nicht alles, daß Matthieu die Fürstin durch Winke über Flamins Geburt in sein treuloses In¬ teresse gezogen, um wie Zauberer, in der Ferne und durch wenige Karaktere umzubringen? Würd' ihn wol blos die Furcht vor der Rüge der Ausfoderung so lange außer den Gränzsteinen des Landes festhal¬ ten? -- Noch dazu brütete die Fürstensonne den ministerialischen Krötenlaich immer lebendiger an. Es ist wahr -- und Viktor läugnete es nicht --, man darf erwarten von der Fürstin, daß sie die Matthäus" oder Jakobsleiter, auf der sie das fürst¬ liche Herz erstieg, da sie vorher nur an Jenners Hand reichte --, mit der Zeit umschnellen wird mit dem Fuß, so wie der Marder sich vom schlaf¬ trunknen Adler in die Höhe reißen läßt und ihn erst droben so lange zerhackt, bis der Träger fällt und stirbt: aber jetzt ist, glaub' ich, ihre fortdauernde Dankbarkeit gegen Schleunes schon genugsam für den Rechtschaffenen dadurch entschuldigt, daß noch mehr zu holen steht von der unvollendeten Gabe. Ein alter Gesetzmacher setzte auf jeden Undank Strafe; ich glaube, man verfällt in den nämlichen Fehler wie er, wenn man jede Dankbarkeit tadelt
»Entfernung ſeines Sohns verhaͤnge und unterhalte, »damit dieſer nicht etwan den ungluͤcklichen Liebling »decke.» — Nicht ein wahres Wort war daran, das wußte Viktor beſſer; aber deſto ſchlimmer: ach verraͤth nicht alles, daß Matthieu die Fuͤrſtin durch Winke uͤber Flamins Geburt in ſein treuloſes In¬ tereſſe gezogen, um wie Zauberer, in der Ferne und durch wenige Karaktere umzubringen? Wuͤrd' ihn wol blos die Furcht vor der Ruͤge der Ausfoderung ſo lange außer den Graͤnzſteinen des Landes feſthal¬ ten? — Noch dazu bruͤtete die Fuͤrſtenſonne den miniſterialiſchen Kroͤtenlaich immer lebendiger an. Es iſt wahr — und Viktor laͤugnete es nicht —, man darf erwarten von der Fuͤrſtin, daß ſie die Matthaͤus« oder Jakobsleiter, auf der ſie das fuͤrſt¬ liche Herz erſtieg, da ſie vorher nur an Jenners Hand reichte —, mit der Zeit umſchnellen wird mit dem Fuß, ſo wie der Marder ſich vom ſchlaf¬ trunknen Adler in die Hoͤhe reißen laͤßt und ihn erſt droben ſo lange zerhackt, bis der Traͤger faͤllt und ſtirbt: aber jetzt iſt, glaub' ich, ihre fortdauernde Dankbarkeit gegen Schleunes ſchon genugſam fuͤr den Rechtſchaffenen dadurch entſchuldigt, daß noch mehr zu holen ſteht von der unvollendeten Gabe. Ein alter Geſetzmacher ſetzte auf jeden Undank Strafe; ich glaube, man verfaͤllt in den naͤmlichen Fehler wie er, wenn man jede Dankbarkeit tadelt
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»Entfernung ſeines Sohns verhaͤnge und unterhalte,
»damit dieſer nicht etwan den ungluͤcklichen Liebling
»decke.» — Nicht ein wahres Wort war daran,
das wußte Viktor beſſer; aber deſto ſchlimmer: ach
verraͤth nicht alles, daß Matthieu die Fuͤrſtin durch
Winke uͤber Flamins Geburt in ſein treuloſes In¬
tereſſe gezogen, um wie Zauberer, in der Ferne und
durch wenige Karaktere umzubringen? Wuͤrd' ihn
wol blos die Furcht vor der Ruͤge der Ausfoderung
ſo lange außer den Graͤnzſteinen des Landes feſthal¬
ten? — Noch dazu bruͤtete die Fuͤrſtenſonne den
miniſterialiſchen Kroͤtenlaich immer lebendiger an.
Es iſt wahr — und Viktor laͤugnete es nicht —,
man darf erwarten von der Fuͤrſtin, daß ſie die
Matthaͤus« oder Jakobsleiter, auf der ſie das fuͤrſt¬
liche Herz erſtieg, da ſie vorher nur an Jenners
Hand reichte —, mit der Zeit umſchnellen wird
mit dem Fuß, ſo wie der Marder ſich vom ſchlaf¬
trunknen Adler in die Hoͤhe reißen laͤßt und ihn erſt
droben ſo lange zerhackt, bis der Traͤger faͤllt und
ſtirbt: aber jetzt iſt, glaub' ich, ihre fortdauernde
Dankbarkeit gegen Schleunes ſchon genugſam fuͤr
den Rechtſchaffenen dadurch entſchuldigt, daß noch
mehr zu holen ſteht von der unvollendeten Gabe.
Ein alter Geſetzmacher ſetzte auf jeden Undank
Strafe; ich glaube, man verfaͤllt in den naͤmlichen
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/354>, abgerufen am 31.10.2024.
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