an ihn gewöhnt, aber jetzt mußt' er ihn ziehen lassen und dieser mußte ziehen. Beyde sprachen nun in der letzten Stunde bloß wie Männer, nämlich nicht über die letzte Stunde, sondern wie sonst, weil nur Männer der Nothwendig- keit schweigend gehorchen; und so gingen beyde, so sehe auch in jedem der innere Mensch schwere Thränen in den Augen hatte, wortkarg, ernst, mit ihren Wunden und mit einem Gott befoh- len, aus einander.
So weit war die Vorlesung einer größern Zeit schon vorgerückt, als noch die Thüre aufging, und wie ein fremder Geist ein Mann eintrat, der wie auferstanden aus dem Gottesacker der Ritterzeiten ganz dem Ritter an Blick und Höhe glich und die Hör-Gesellschaft fast eben so sehr erschreckte als erfreuete...
an ihn gewoͤhnt, aber jetzt mußt’ er ihn ziehen laſſen und dieſer mußte ziehen. Beyde ſprachen nun in der letzten Stunde bloß wie Maͤnner, nämlich nicht uͤber die letzte Stunde, ſondern wie ſonſt, weil nur Maͤnner der Nothwendig- keit ſchweigend gehorchen; und ſo gingen beyde, ſo ſehe auch in jedem der innere Menſch ſchwere Thraͤnen in den Augen hatte, wortkarg, ernſt, mit ihren Wunden und mit einem Gott befoh- len, aus einander.
So weit war die Vorleſung einer groͤßern Zeit ſchon vorgeruͤckt, als noch die Thuͤre aufging, und wie ein fremder Geiſt ein Mann eintrat, der wie auferſtanden aus dem Gottesacker der Ritterzeiten ganz dem Ritter an Blick und Hoͤhe glich und die Hoͤr-Geſellſchaft faſt eben ſo ſehr erſchreckte als erfreuete…
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0174"n="156"/>
an ihn gewoͤhnt, aber jetzt mußt’ er ihn ziehen<lb/>
laſſen und dieſer mußte ziehen. Beyde ſprachen<lb/>
nun in der letzten Stunde bloß wie Maͤnner,<lb/>
nämlich nicht uͤber die letzte Stunde, ſondern<lb/>
wie ſonſt, weil nur Maͤnner der Nothwendig-<lb/>
keit ſchweigend gehorchen; und ſo gingen beyde,<lb/>ſo ſehe auch in jedem der innere Menſch ſchwere<lb/>
Thraͤnen in den Augen hatte, wortkarg, ernſt,<lb/>
mit ihren Wunden und mit einem Gott befoh-<lb/>
len, aus einander.</p><lb/><p>So weit war die Vorleſung einer groͤßern<lb/>
Zeit ſchon vorgeruͤckt, als noch die Thuͤre aufging,<lb/>
und wie ein fremder Geiſt ein Mann eintrat,<lb/>
der wie auferſtanden aus dem Gottesacker der<lb/>
Ritterzeiten ganz dem Ritter an Blick und Hoͤhe<lb/>
glich und die Hoͤr-Geſellſchaft faſt eben ſo ſehr<lb/>
erſchreckte als erfreuete…</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[156/0174]
an ihn gewoͤhnt, aber jetzt mußt’ er ihn ziehen
laſſen und dieſer mußte ziehen. Beyde ſprachen
nun in der letzten Stunde bloß wie Maͤnner,
nämlich nicht uͤber die letzte Stunde, ſondern
wie ſonſt, weil nur Maͤnner der Nothwendig-
keit ſchweigend gehorchen; und ſo gingen beyde,
ſo ſehe auch in jedem der innere Menſch ſchwere
Thraͤnen in den Augen hatte, wortkarg, ernſt,
mit ihren Wunden und mit einem Gott befoh-
len, aus einander.
So weit war die Vorleſung einer groͤßern
Zeit ſchon vorgeruͤckt, als noch die Thuͤre aufging,
und wie ein fremder Geiſt ein Mann eintrat,
der wie auferſtanden aus dem Gottesacker der
Ritterzeiten ganz dem Ritter an Blick und Hoͤhe
glich und die Hoͤr-Geſellſchaft faſt eben ſo ſehr
erſchreckte als erfreuete…
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/174>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.