Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Die alte Frau *), die Aurora, streuet ihre
gelben Sonnenblumen immer dicker -- ich sehe
schon neugeprägte Krönungsflittern, goldne und
silberne, auf der Erde ausgeworfen -- höret das
Rauschen des Zugs -- jetzt wird eine Fackel vor-
ausgetragen -- sie brennt die Wolken an -- die
Fürstin soll über Feuer einziehen. -- -- Da
steigt sie herauf, die Königin unsers Tags und
unsers Jahrs.

Sey gegrüßet, Mutter der Erden und Blü-
then und Früchte! Wie blickst Du so mild und
weich das scheidende Jahrhundert an! --
O, seine Schlachtfelder sind jetzt nur unter
unschuldigen Schnee versteckt. -- Zieh dem
Jahrhundert, diesem wilden Titan **), wie
sonst, das Schwert aus der Hand, und gib ihm
deinen geheiligten Oelzweig ins Grab! -- Wie,
war nicht seine letzte Bahn, wie die einer Kö-
nigsleiche, mit Trauertuch belegt, und wird es
nicht wie diese unter Kanonen eingesenkt? --
Gib uns Liebe und Friede, Mutter des Lebens

*) Eine that es in London am Krönungstage des Königs.
**) Apollo stand dem Jupiter gegen die Titanen bey.

Die alte Frau *), die Aurora, ſtreuet ihre
gelben Sonnenblumen immer dicker — ich ſehe
ſchon neugepraͤgte Kroͤnungsflittern, goldne und
ſilberne, auf der Erde ausgeworfen — hoͤret das
Rauſchen des Zugs — jetzt wird eine Fackel vor-
ausgetragen — ſie brennt die Wolken an — die
Fuͤrſtin ſoll uͤber Feuer einziehen. — — Da
ſteigt ſie herauf, die Koͤnigin unſers Tags und
unſers Jahrs.

Sey gegruͤßet, Mutter der Erden und Bluͤ-
then und Fruͤchte! Wie blickſt Du ſo mild und
weich das ſcheidende Jahrhundert an! —
O, ſeine Schlachtfelder ſind jetzt nur unter
unſchuldigen Schnee verſteckt. — Zieh dem
Jahrhundert, dieſem wilden Titan **), wie
ſonſt, das Schwert aus der Hand, und gib ihm
deinen geheiligten Oelzweig ins Grab! — Wie,
war nicht ſeine letzte Bahn, wie die einer Koͤ-
nigsleiche, mit Trauertuch belegt, und wird es
nicht wie dieſe unter Kanonen eingeſenkt? —
Gib uns Liebe und Friede, Mutter des Lebens

*) Eine that es in London am Krönungstage des Königs.
**) Apollo ſtand dem Jupiter gegen die Titanen bey.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0197" n="179"/>
        <p>Die alte Frau <note place="foot" n="*)">Eine that es in London am Krönungstage des Königs.</note>, die Aurora, &#x017F;treuet ihre<lb/>
gelben Sonnenblumen immer dicker &#x2014; ich &#x017F;ehe<lb/>
&#x017F;chon neugepra&#x0364;gte Kro&#x0364;nungsflittern, goldne und<lb/>
&#x017F;ilberne, auf der Erde ausgeworfen &#x2014; ho&#x0364;ret das<lb/>
Rau&#x017F;chen des Zugs &#x2014; jetzt wird eine Fackel vor-<lb/>
ausgetragen &#x2014; &#x017F;ie brennt die Wolken an &#x2014; die<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin &#x017F;oll u&#x0364;ber Feuer einziehen. &#x2014; &#x2014; Da<lb/>
&#x017F;teigt &#x017F;ie herauf, die Ko&#x0364;nigin un&#x017F;ers Tags und<lb/>
un&#x017F;ers Jahrs.</p><lb/>
        <p>Sey gegru&#x0364;ßet, Mutter der Erden und Blu&#x0364;-<lb/>
then und Fru&#x0364;chte! Wie blick&#x017F;t Du &#x017F;o mild und<lb/>
weich das &#x017F;cheidende Jahrhundert an! &#x2014;<lb/>
O, &#x017F;eine Schlachtfelder &#x017F;ind jetzt nur unter<lb/>
un&#x017F;chuldigen Schnee ver&#x017F;teckt. &#x2014; Zieh dem<lb/>
Jahrhundert, die&#x017F;em wilden Titan <note place="foot" n="**)">Apollo &#x017F;tand dem Jupiter gegen die Titanen bey.</note>, wie<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t, das Schwert aus der Hand, und gib ihm<lb/>
deinen geheiligten Oelzweig ins Grab! &#x2014; Wie,<lb/>
war nicht &#x017F;eine letzte Bahn, wie die einer Ko&#x0364;-<lb/>
nigsleiche, mit Trauertuch belegt, und wird es<lb/>
nicht wie die&#x017F;e unter Kanonen einge&#x017F;enkt? &#x2014;<lb/>
Gib uns Liebe und Friede, Mutter des Lebens<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0197] Die alte Frau *), die Aurora, ſtreuet ihre gelben Sonnenblumen immer dicker — ich ſehe ſchon neugepraͤgte Kroͤnungsflittern, goldne und ſilberne, auf der Erde ausgeworfen — hoͤret das Rauſchen des Zugs — jetzt wird eine Fackel vor- ausgetragen — ſie brennt die Wolken an — die Fuͤrſtin ſoll uͤber Feuer einziehen. — — Da ſteigt ſie herauf, die Koͤnigin unſers Tags und unſers Jahrs. Sey gegruͤßet, Mutter der Erden und Bluͤ- then und Fruͤchte! Wie blickſt Du ſo mild und weich das ſcheidende Jahrhundert an! — O, ſeine Schlachtfelder ſind jetzt nur unter unſchuldigen Schnee verſteckt. — Zieh dem Jahrhundert, dieſem wilden Titan **), wie ſonſt, das Schwert aus der Hand, und gib ihm deinen geheiligten Oelzweig ins Grab! — Wie, war nicht ſeine letzte Bahn, wie die einer Koͤ- nigsleiche, mit Trauertuch belegt, und wird es nicht wie dieſe unter Kanonen eingeſenkt? — Gib uns Liebe und Friede, Mutter des Lebens *) Eine that es in London am Krönungstage des Königs. **) Apollo ſtand dem Jupiter gegen die Titanen bey.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/197
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/197>, abgerufen am 21.11.2024.