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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Patres dadurch aufmerksam, daß er anmerkte,
er würde nie, wenn er auf dem Throne säße
und davon todt heruntersänke, sich in so großen
breiten Bruchstücken begraben lassen, wie die
Oestreichischen Erzherzöge nämlich nie, wie diese,
bloß Herz und Zunge in die Lorettokapelle bey
der Hofkirche zu den Augustinern, Eingeweide
und Augen in die heil. Stephanskirche, und
den Torso in die Gruft bey den Kapuzinern: --
sondern jeder Stummel, schwur er, und jede
Subsubdivision seines Gemächs müßte wie vom
Osiris, in ihren eigenen Gottesacker einlaufen.
Denn -- fragt' er die Väter -- warum soll ein
Regent nicht nach dem Tode eben so gut über-
all in seinem Lande seyn, wie vorher, und zwar
durch Repräsentanten, wozu seine Glieder so gut
wie Staatsglieder passen? Und wenn das gelte,
fuhr er fort, so könn' er ja recht gut das geheime
Kabinet zur Begräbnißkapelle für seine Schreib-
finger erlesen, die Antichambre für Milz und Leber,
den Audienz- und Landtagssaal für die Ohren,
die Kammer für die Hände, den Regensburger
Re- und Korrelazionssaal als Familiengruft für

Patres dadurch aufmerkſam, daß er anmerkte,
er wuͤrde nie, wenn er auf dem Throne ſaͤße
und davon todt herunterſaͤnke, ſich in ſo großen
breiten Bruchſtuͤcken begraben laſſen, wie die
Oeſtreichiſchen Erzherzoͤge naͤmlich nie, wie dieſe,
bloß Herz und Zunge in die Lorettokapelle bey
der Hofkirche zu den Auguſtinern, Eingeweide
und Augen in die heil. Stephanskirche, und
den Torſo in die Gruft bey den Kapuzinern: —
ſondern jeder Stummel, ſchwur er, und jede
Subſubdiviſion ſeines Gemaͤchs muͤßte wie vom
Oſiris, in ihren eigenen Gottesacker einlaufen.
Denn — fragt’ er die Vaͤter — warum ſoll ein
Regent nicht nach dem Tode eben ſo gut uͤber-
all in ſeinem Lande ſeyn, wie vorher, und zwar
durch Repraͤſentanten, wozu ſeine Glieder ſo gut
wie Staatsglieder paſſen? Und wenn das gelte,
fuhr er fort, ſo koͤnn’ er ja recht gut das geheime
Kabinet zur Begraͤbnißkapelle fuͤr ſeine Schreib-
finger erleſen, die Antichambre fuͤr Milz und Leber,
den Audienz- und Landtagsſaal fuͤr die Ohren,
die Kammer fuͤr die Haͤnde, den Regensburger
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[201/0219] Patres dadurch aufmerkſam, daß er anmerkte, er wuͤrde nie, wenn er auf dem Throne ſaͤße und davon todt herunterſaͤnke, ſich in ſo großen breiten Bruchſtuͤcken begraben laſſen, wie die Oeſtreichiſchen Erzherzoͤge naͤmlich nie, wie dieſe, bloß Herz und Zunge in die Lorettokapelle bey der Hofkirche zu den Auguſtinern, Eingeweide und Augen in die heil. Stephanskirche, und den Torſo in die Gruft bey den Kapuzinern: — ſondern jeder Stummel, ſchwur er, und jede Subſubdiviſion ſeines Gemaͤchs muͤßte wie vom Oſiris, in ihren eigenen Gottesacker einlaufen. Denn — fragt’ er die Vaͤter — warum ſoll ein Regent nicht nach dem Tode eben ſo gut uͤber- all in ſeinem Lande ſeyn, wie vorher, und zwar durch Repraͤſentanten, wozu ſeine Glieder ſo gut wie Staatsglieder paſſen? Und wenn das gelte, fuhr er fort, ſo koͤnn’ er ja recht gut das geheime Kabinet zur Begraͤbnißkapelle fuͤr ſeine Schreib- finger erleſen, die Antichambre fuͤr Milz und Leber, den Audienz- und Landtagsſaal fuͤr die Ohren, die Kammer fuͤr die Haͤnde, den Regensburger Re- und Korrelazionsſaal als Familiengruft fuͤr

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/219>, abgerufen am 24.11.2024.