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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Wenn ich gleichwol mehrere geistige Mittel,
einzuschlafen, freygebig anbiete, noch dazu in
einem kurzen Aufsatze -- nicht in langen dicken
Bänden: -- so sind sie in der That nicht jenen
Wüstlingen gegönnt und geschrieben, welche --
durch lauter maitres de plaisirs zu esclaves
de plaisirs
gemacht; -- in der Nachtzeit, in
welche sonst die alte Jurisprudenz die Folter ver-
legte, bloß darum die ihrige ausstehen, weil sie
sonst ihre Freuden und Rachtviolen darin pflück-
ten. Sie mögen wachen und leiden, diese Sab-
bathsschänder des täglichen Sabbaths der Natur.

Gibt es hingegen einen Minister, der an ei-
nem Volke -- oder einen Autor, der an einem
Werke arbeitet, und beyde so feurig, daß sie
eben soviel Schlaf verlieren, als entziehen --
oder irgend einen weiblichen Kopf, der das Näh-
und Fang-Gewebe seiner oder fremder Zukunft,
wie die Spinnen die ihrigen gern um Betten,
und immer in der Nacht abweben, eben so im
Finstern ausspinnt, und der folglich kein Auge
zuthut -- oder gibt es irgend einen andern von
Idee zu Idee fortgetriebenen Kopf -- z. B.

Wenn ich gleichwol mehrere geiſtige Mittel,
einzuſchlafen, freygebig anbiete, noch dazu in
einem kurzen Aufſatze — nicht in langen dicken
Baͤnden: — ſo ſind ſie in der That nicht jenen
Wuͤſtlingen gegoͤnnt und geſchrieben, welche —
durch lauter maitres de plaisirs zu esclaves
de plaisirs
gemacht; — in der Nachtzeit, in
welche ſonſt die alte Jurisprudenz die Folter ver-
legte, bloß darum die ihrige ausſtehen, weil ſie
ſonſt ihre Freuden und Rachtviolen darin pfluͤck-
ten. Sie mögen wachen und leiden, dieſe Sab-
bathsſchaͤnder des taͤglichen Sabbaths der Natur.

Gibt es hingegen einen Miniſter, der an ei-
nem Volke — oder einen Autor, der an einem
Werke arbeitet, und beyde ſo feurig, daß ſie
eben ſoviel Schlaf verlieren, als entziehen —
oder irgend einen weiblichen Kopf, der das Naͤh-
und Fang-Gewebe ſeiner oder fremder Zukunft,
wie die Spinnen die ihrigen gern um Betten,
und immer in der Nacht abweben, eben ſo im
Finſtern ausſpinnt, und der folglich kein Auge
zuthut — oder gibt es irgend einen andern von
Idee zu Idee fortgetriebenen Kopf — z. B.

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[216/0234] Wenn ich gleichwol mehrere geiſtige Mittel, einzuſchlafen, freygebig anbiete, noch dazu in einem kurzen Aufſatze — nicht in langen dicken Baͤnden: — ſo ſind ſie in der That nicht jenen Wuͤſtlingen gegoͤnnt und geſchrieben, welche — durch lauter maitres de plaisirs zu esclaves de plaisirs gemacht; — in der Nachtzeit, in welche ſonſt die alte Jurisprudenz die Folter ver- legte, bloß darum die ihrige ausſtehen, weil ſie ſonſt ihre Freuden und Rachtviolen darin pfluͤck- ten. Sie mögen wachen und leiden, dieſe Sab- bathsſchaͤnder des taͤglichen Sabbaths der Natur. Gibt es hingegen einen Miniſter, der an ei- nem Volke — oder einen Autor, der an einem Werke arbeitet, und beyde ſo feurig, daß ſie eben ſoviel Schlaf verlieren, als entziehen — oder irgend einen weiblichen Kopf, der das Naͤh- und Fang-Gewebe ſeiner oder fremder Zukunft, wie die Spinnen die ihrigen gern um Betten, und immer in der Nacht abweben, eben ſo im Finſtern ausſpinnt, und der folglich kein Auge zuthut — oder gibt es irgend einen andern von Idee zu Idee fortgetriebenen Kopf — z. B.

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/234>, abgerufen am 24.11.2024.