zittern und tönen, und verklangen im Gebete... Da fing die letzte Sonne oben zu lächeln an, und schlug blaue Augen auf. -- Der Engel mit rothen ausgebreiteten Feuerflügeln rauschte herunter, um mit ihnen die Welten-Aurora weg zu streifen, die um Gott hing... Und siehe die letzte Sonne stand als Gott unten bey mir, die Welten waren verschwunden, und ich sah nichts weiter -- und erwachte...
Aber er erwachte, mit seiner Geliebten an der Brust und sie lächelte angeschmiegt in sein Auge empor. Gegenüber fuhr die Morgenröthe auseinander, die Erden-Sonne trat zwischen ihre Goldberge, und warf schnell einen Flam- menschleier über die entzückten Augen, und die lächelnde Mutter kam zur Seeligkeit; der Strom floß schneller, der Wasserfall sprang lauter, und die Nachtigallen sagten alles inbrünstiger, was ich hier sage. "O Freunde -- sagte Ernst vom Traume und allem begeistert, und wollte gleichsam durch das Aufopfern des Gestern und durch das Einstimmen in den mütterlichen Glau-
zittern und tönen, und verklangen im Gebete… Da fing die letzte Sonne oben zu lächeln an, und ſchlug blaue Augen auf. — Der Engel mit rothen ausgebreiteten Feuerfluͤgeln rauſchte herunter, um mit ihnen die Welten-Aurora weg zu ſtreifen, die um Gott hing… Und ſiehe die letzte Sonne ſtand als Gott unten bey mir, die Welten waren verſchwunden, und ich ſah nichts weiter — und erwachte…
Aber er erwachte, mit ſeiner Geliebten an der Bruſt und ſie laͤchelte angeſchmiegt in ſein Auge empor. Gegenuͤber fuhr die Morgenroͤthe auseinander, die Erden-Sonne trat zwiſchen ihre Goldberge, und warf ſchnell einen Flam- menſchleier uͤber die entzuͤckten Augen, und die laͤchelnde Mutter kam zur Seeligkeit; der Strom floß ſchneller, der Waſſerfall ſprang lauter, und die Nachtigallen ſagten alles inbruͤnſtiger, was ich hier ſage. „O Freunde — ſagte Ernſt vom Traume und allem begeiſtert, und wollte gleichſam durch das Aufopfern des Geſtern und durch das Einſtimmen in den muͤtterlichen Glau-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0278"n="260"/>
zittern und tönen, und verklangen im Gebete…<lb/>
Da fing die letzte Sonne oben zu lächeln an,<lb/>
und ſchlug blaue Augen auf. — Der Engel<lb/>
mit rothen ausgebreiteten Feuerfluͤgeln rauſchte<lb/>
herunter, um mit ihnen die Welten-Aurora<lb/>
weg zu ſtreifen, die um Gott hing… Und<lb/>ſiehe die letzte Sonne ſtand als Gott unten bey<lb/>
mir, die Welten waren verſchwunden, und ich<lb/>ſah nichts weiter — und erwachte…</p><lb/><p>Aber er erwachte, mit ſeiner Geliebten an<lb/>
der Bruſt und ſie laͤchelte angeſchmiegt in ſein<lb/>
Auge empor. Gegenuͤber fuhr die Morgenroͤthe<lb/>
auseinander, die Erden-Sonne trat zwiſchen<lb/>
ihre Goldberge, und warf ſchnell einen Flam-<lb/>
menſchleier uͤber die entzuͤckten Augen, und die<lb/>
laͤchelnde Mutter kam zur Seeligkeit; der Strom<lb/>
floß ſchneller, der Waſſerfall ſprang lauter,<lb/>
und die Nachtigallen ſagten alles inbruͤnſtiger,<lb/>
was ich hier ſage. „O Freunde —ſagte Ernſt<lb/>
vom Traume und allem begeiſtert, und wollte<lb/>
gleichſam durch das Aufopfern des Geſtern und<lb/>
durch das Einſtimmen in den muͤtterlichen Glau-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[260/0278]
zittern und tönen, und verklangen im Gebete…
Da fing die letzte Sonne oben zu lächeln an,
und ſchlug blaue Augen auf. — Der Engel
mit rothen ausgebreiteten Feuerfluͤgeln rauſchte
herunter, um mit ihnen die Welten-Aurora
weg zu ſtreifen, die um Gott hing… Und
ſiehe die letzte Sonne ſtand als Gott unten bey
mir, die Welten waren verſchwunden, und ich
ſah nichts weiter — und erwachte…
Aber er erwachte, mit ſeiner Geliebten an
der Bruſt und ſie laͤchelte angeſchmiegt in ſein
Auge empor. Gegenuͤber fuhr die Morgenroͤthe
auseinander, die Erden-Sonne trat zwiſchen
ihre Goldberge, und warf ſchnell einen Flam-
menſchleier uͤber die entzuͤckten Augen, und die
laͤchelnde Mutter kam zur Seeligkeit; der Strom
floß ſchneller, der Waſſerfall ſprang lauter,
und die Nachtigallen ſagten alles inbruͤnſtiger,
was ich hier ſage. „O Freunde — ſagte Ernſt
vom Traume und allem begeiſtert, und wollte
gleichſam durch das Aufopfern des Geſtern und
durch das Einſtimmen in den muͤtterlichen Glau-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/278>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.