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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Nieß wußte also recht gut, was er war,
nämlich eine Bravour-Arie in der dichterischen
Sphärenmusik, ein geistiger Kaiserthee, wenn
andere (z. B. viele unschuldige Leser dieses) nur
braunen Thee vorstellen. Es ist überhaupt ein
eignes Gefühl, ein großer Mann zu seyn -- ich
berufe mich auf der Leser eignes -- und den gan-
zen Tag in einem angebohrnen geistigen Cour-
und Chur- und Krönungszuge umherzulaufen;
aber Nieß hatte dieses Gefühl noch stärker und
feiner als einer. -- Er konnte sein Haar nicht
auskämmen, ohne daran zu denken, welchen feu-
rigen Kopf der Kamm (seinen Anbeterinnen viel-
leicht so kostbar als ein Gold-Kamm) regle, lichte,
egge und beherrsche, und wie eben so manches
Gold-Haar, um welches sich die Anbeterinnen
für Haar-Ringe raufen würden, ganz gleichgül-
tig dem Kamm in Zähnen stecken bleibe, als sonst
dem Mexiko das Gold. -- Er konnte durch
kein Stadtthor einfahren, ohne es heimlich zu
einem Triumphthor seiner selbst, und der Ein-
wohner unter dem Schwibbogen auszubauen, weil
er aus eigner jugendlicher Erfahrung sehr

Nieß wußte alſo recht gut, was er war,
nämlich eine Bravour-Arie in der dichteriſchen
Sphaͤrenmuſik, ein geiſtiger Kaiſerthee, wenn
andere (z. B. viele unſchuldige Leſer dieſes) nur
braunen Thee vorſtellen. Es iſt uͤberhaupt ein
eignes Gefuͤhl, ein großer Mann zu ſeyn — ich
berufe mich auf der Leſer eignes — und den gan-
zen Tag in einem angebohrnen geiſtigen Cour-
und Chur- und Kroͤnungszuge umherzulaufen;
aber Nieß hatte dieſes Gefuͤhl noch ſtaͤrker und
feiner als einer. — Er konnte ſein Haar nicht
auskaͤmmen, ohne daran zu denken, welchen feu-
rigen Kopf der Kamm (ſeinen Anbeterinnen viel-
leicht ſo koſtbar als ein Gold-Kamm) regle, lichte,
egge und beherrſche, und wie eben ſo manches
Gold-Haar, um welches ſich die Anbeterinnen
für Haar-Ringe raufen würden, ganz gleichguͤl-
tig dem Kamm in Zaͤhnen ſtecken bleibe, als ſonſt
dem Mexiko das Gold. — Er konnte durch
kein Stadtthor einfahren, ohne es heimlich zu
einem Triumphthor ſeiner ſelbſt, und der Ein-
wohner unter dem Schwibbogen auszubauen, weil
er aus eigner jugendlicher Erfahrung ſehr

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[20/0038] Nieß wußte alſo recht gut, was er war, nämlich eine Bravour-Arie in der dichteriſchen Sphaͤrenmuſik, ein geiſtiger Kaiſerthee, wenn andere (z. B. viele unſchuldige Leſer dieſes) nur braunen Thee vorſtellen. Es iſt uͤberhaupt ein eignes Gefuͤhl, ein großer Mann zu ſeyn — ich berufe mich auf der Leſer eignes — und den gan- zen Tag in einem angebohrnen geiſtigen Cour- und Chur- und Kroͤnungszuge umherzulaufen; aber Nieß hatte dieſes Gefuͤhl noch ſtaͤrker und feiner als einer. — Er konnte ſein Haar nicht auskaͤmmen, ohne daran zu denken, welchen feu- rigen Kopf der Kamm (ſeinen Anbeterinnen viel- leicht ſo koſtbar als ein Gold-Kamm) regle, lichte, egge und beherrſche, und wie eben ſo manches Gold-Haar, um welches ſich die Anbeterinnen für Haar-Ringe raufen würden, ganz gleichguͤl- tig dem Kamm in Zaͤhnen ſtecken bleibe, als ſonſt dem Mexiko das Gold. — Er konnte durch kein Stadtthor einfahren, ohne es heimlich zu einem Triumphthor ſeiner ſelbſt, und der Ein- wohner unter dem Schwibbogen auszubauen, weil er aus eigner jugendlicher Erfahrung ſehr

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/38>, abgerufen am 03.12.2024.