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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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"In dieß Glied mögen die Weiber ihre
dummen Wunden machen! Herr, hier liegt
Euer dummer Dachsschliefer, der niemand an-
bellt, und anwedelt; das unnütze Vieh sollt
Ihr mir, wenn ich unter den wählbaren Glied-
maßen etwas naschen soll, zum Zerschneiden
mitgeben, und vorher vor meinen Augen er-
drosseln, da ich die Bestie sonst nicht fort-
bringe!" "Er ist, sagte der Arzt, nur so still,
weil er vor Alter keine fünf Sinne mehr hat;
erdrosseln kann ich das treue Thier unmöglich,
aber hergeben will ich ihn, da er doch bald
abgeht."

Hier hob er den lebens- und schlaftrunk-
nen Dachsschliefer auf, und gab ihm den Ju-
das- und den Todeskuß: "Behalt' ihn, un-
wissenschaftlicher Narr! rief der Doktor; eh'
ich ein veraltetes Vieh, lieber meine zehn Fin-
ger gäb ich her!" -- Dieser Zufall öffnete
plötzlich dem Brunnenarzt einen Himmel und
eine Aussicht: "ich besitze hier, sagt' er, im
Kabinet aus dem Fraisch-Archiv eine alte ab-
gedürrte Hand, zwar keine ausnehmende Mis-

„In dieß Glied moͤgen die Weiber ihre
dummen Wunden machen! Herr, hier liegt
Euer dummer Dachsſchliefer, der niemand an-
bellt, und anwedelt; das unnuͤtze Vieh ſollt
Ihr mir, wenn ich unter den waͤhlbaren Glied-
maßen etwas naſchen ſoll, zum Zerſchneiden
mitgeben, und vorher vor meinen Augen er-
droſſeln, da ich die Beſtie ſonſt nicht fort-
bringe!” „Er iſt, ſagte der Arzt, nur ſo ſtill,
weil er vor Alter keine fuͤnf Sinne mehr hat;
erdroſſeln kann ich das treue Thier unmoͤglich,
aber hergeben will ich ihn, da er doch bald
abgeht.”

Hier hob er den lebens- und ſchlaftrunk-
nen Dachsſchliefer auf, und gab ihm den Ju-
das- und den Todeskuß: „Behalt’ ihn, un-
wiſſenſchaftlicher Narr! rief der Doktor; eh’
ich ein veraltetes Vieh, lieber meine zehn Fin-
ger gaͤb ich her!” — Dieſer Zufall öffnete
ploͤtzlich dem Brunnenarzt einen Himmel und
eine Ausſicht: „ich beſitze hier, ſagt’ er, im
Kabinet aus dem Fraiſch-Archiv eine alte ab-
geduͤrrte Hand, zwar keine ausnehmende Mis-

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[126/0132] „In dieß Glied moͤgen die Weiber ihre dummen Wunden machen! Herr, hier liegt Euer dummer Dachsſchliefer, der niemand an- bellt, und anwedelt; das unnuͤtze Vieh ſollt Ihr mir, wenn ich unter den waͤhlbaren Glied- maßen etwas naſchen ſoll, zum Zerſchneiden mitgeben, und vorher vor meinen Augen er- droſſeln, da ich die Beſtie ſonſt nicht fort- bringe!” „Er iſt, ſagte der Arzt, nur ſo ſtill, weil er vor Alter keine fuͤnf Sinne mehr hat; erdroſſeln kann ich das treue Thier unmoͤglich, aber hergeben will ich ihn, da er doch bald abgeht.” Hier hob er den lebens- und ſchlaftrunk- nen Dachsſchliefer auf, und gab ihm den Ju- das- und den Todeskuß: „Behalt’ ihn, un- wiſſenſchaftlicher Narr! rief der Doktor; eh’ ich ein veraltetes Vieh, lieber meine zehn Fin- ger gaͤb ich her!” — Dieſer Zufall öffnete ploͤtzlich dem Brunnenarzt einen Himmel und eine Ausſicht: „ich beſitze hier, ſagt’ er, im Kabinet aus dem Fraiſch-Archiv eine alte ab- geduͤrrte Hand, zwar keine ausnehmende Mis-

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/132>, abgerufen am 24.11.2024.