der andern Seite (etwas ist wahr) bey Europa nicht zum Besten, sondern mehr als Leute an- geschrieben, welche ihren großen Männern un- gern etwas höheres aufrichten, als was der Todtengräber auf ihren Sarg aufsetzt, und der Setzer auf dem Lumpenpapier, und welche die Werke ihrer Lieblingsschriftsteller ungern um den Ladenpreis erstehen; wie dann zu un- serer Schande hier ein Handelsmann existirt, der Wieland ordentlich anbetet und sich dessen sämmtliche Werke in Einen ungeheueren Band hat binden lassen, um sich schadlos dafür zu halten, daß er keinen Nachdruck erschnappen können.
Aber, o Himmel, Glück über Glück! Jetzt kann ja bey sechstausend Thaler Tempel-Bau- begnadigung alles wieder gut gemacht werden -- der alte Unehrenfleck ausgewaschen -- die Nazion von sich geehret und rehabilitiret -- Kepler, Hutten, Herder, Leßing, Kant, Winkelmann, Albrecht Dürer können nun er- langen, wornach mancher von ihnen so lange strebte, warme Anerkennung von der Na-
der andern Seite (etwas iſt wahr) bey Europa nicht zum Beſten, ſondern mehr als Leute an- geſchrieben, welche ihren großen Maͤnnern un- gern etwas hoͤheres aufrichten, als was der Todtengräber auf ihren Sarg aufſetzt, und der Setzer auf dem Lumpenpapier, und welche die Werke ihrer Lieblingsſchriftſteller ungern um den Ladenpreis erſtehen; wie dann zu un- ſerer Schande hier ein Handelsmann exiſtirt, der Wieland ordentlich anbetet und ſich deſſen ſaͤmmtliche Werke in Einen ungeheueren Band hat binden laſſen, um ſich ſchadlos dafuͤr zu halten, daß er keinen Nachdruck erſchnappen koͤnnen.
Aber, o Himmel, Gluͤck uͤber Gluͤck! Jetzt kann ja bey ſechstauſend Thaler Tempel-Bau- begnadigung alles wieder gut gemacht werden — der alte Unehrenfleck ausgewaſchen — die Nazion von ſich geehret und rehabilitiret — Kepler, Hutten, Herder, Leßing, Kant, Winkelmann, Albrecht Dürer koͤnnen nun er- langen, wornach mancher von ihnen ſo lange ſtrebte, warme Anerkennung von der Na-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0157"n="151"/>
der andern Seite (etwas iſt wahr) bey Europa<lb/>
nicht zum Beſten, ſondern mehr als Leute an-<lb/>
geſchrieben, welche ihren großen Maͤnnern un-<lb/>
gern etwas hoͤheres aufrichten, als was der<lb/>
Todtengräber auf ihren Sarg aufſetzt, und<lb/>
der Setzer auf dem Lumpenpapier, und welche<lb/>
die Werke ihrer Lieblingsſchriftſteller ungern<lb/>
um den Ladenpreis erſtehen; wie dann zu un-<lb/>ſerer Schande hier ein Handelsmann exiſtirt,<lb/>
der Wieland ordentlich anbetet und ſich deſſen<lb/>ſaͤmmtliche Werke in Einen ungeheueren Band<lb/>
hat binden laſſen, um ſich ſchadlos dafuͤr zu<lb/>
halten, daß er keinen Nachdruck erſchnappen<lb/>
koͤnnen.</p><lb/><p>Aber, o Himmel, Gluͤck uͤber Gluͤck! Jetzt<lb/>
kann ja bey ſechstauſend Thaler Tempel-Bau-<lb/>
begnadigung alles wieder gut gemacht werden<lb/>— der alte Unehrenfleck ausgewaſchen — die<lb/>
Nazion von ſich geehret und rehabilitiret —<lb/>
Kepler, Hutten, Herder, Leßing, Kant,<lb/>
Winkelmann, Albrecht Dürer koͤnnen nun er-<lb/>
langen, wornach mancher von ihnen ſo lange<lb/>ſtrebte, warme Anerkennung von der Na-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[151/0157]
der andern Seite (etwas iſt wahr) bey Europa
nicht zum Beſten, ſondern mehr als Leute an-
geſchrieben, welche ihren großen Maͤnnern un-
gern etwas hoͤheres aufrichten, als was der
Todtengräber auf ihren Sarg aufſetzt, und
der Setzer auf dem Lumpenpapier, und welche
die Werke ihrer Lieblingsſchriftſteller ungern
um den Ladenpreis erſtehen; wie dann zu un-
ſerer Schande hier ein Handelsmann exiſtirt,
der Wieland ordentlich anbetet und ſich deſſen
ſaͤmmtliche Werke in Einen ungeheueren Band
hat binden laſſen, um ſich ſchadlos dafuͤr zu
halten, daß er keinen Nachdruck erſchnappen
koͤnnen.
Aber, o Himmel, Gluͤck uͤber Gluͤck! Jetzt
kann ja bey ſechstauſend Thaler Tempel-Bau-
begnadigung alles wieder gut gemacht werden
— der alte Unehrenfleck ausgewaſchen — die
Nazion von ſich geehret und rehabilitiret —
Kepler, Hutten, Herder, Leßing, Kant,
Winkelmann, Albrecht Dürer koͤnnen nun er-
langen, wornach mancher von ihnen ſo lange
ſtrebte, warme Anerkennung von der Na-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/157>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.