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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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Kopfes an, so wie Thiere, die das Leben durch
einen elektrischen Funken verloren, der in den
Kopf sprang, es durch einen zweyten wieder-
finden, den man in die Brust leitete *) -- --

Ottomar lag im äußersten Hause eines
Dorfs, aus dem man die Aussicht auf ein noch
unbegrabenes Schlachtfeld hatte, an einem
giftigen Faulfieber ohne Hoffnung darnieder.
In jeder Nacht trieb sein heißes erschüttertes
Herz das aufgelösete Blut, wie einen Höllen-
fluß, voll zerrißener ungeheurer Bilder vor
seinem Geiste vorbey, und der dunkele reißende
Strom aus Blut spiegelte den durchwühlten
Nachthimmel und zerstückte Gestalten, und
zerrinnende Blitze ab. Wenn der Morgen
kühlend wieder kam, und wenn das Gift des
Fiebertarantelstichs aus dem müden Herzen
verflogen war: so tobte jetzt vor ihm das un-
bewegliche Gewitter des Kriegs mit unaufhör-
lichen Blitzen und Schlägen; und diese blu-
tigen durchbohrten Bilder standen dann in sei-

*) Reimarus neuere Werke vom Blitze.

Kopfes an, ſo wie Thiere, die das Leben durch
einen elektriſchen Funken verloren, der in den
Kopf ſprang, es durch einen zweyten wieder-
finden, den man in die Bruſt leitete *) — —

Ottomar lag im aͤußerſten Hauſe eines
Dorfs, aus dem man die Ausſicht auf ein noch
unbegrabenes Schlachtfeld hatte, an einem
giftigen Faulfieber ohne Hoffnung darnieder.
In jeder Nacht trieb ſein heißes erſchuͤttertes
Herz das aufgeloͤſete Blut, wie einen Hoͤllen-
fluß, voll zerrißener ungeheurer Bilder vor
ſeinem Geiſte vorbey, und der dunkele reißende
Strom aus Blut ſpiegelte den durchwuͤhlten
Nachthimmel und zerſtuͤckte Geſtalten, und
zerrinnende Blitze ab. Wenn der Morgen
kühlend wieder kam, und wenn das Gift des
Fiebertarantelſtichs aus dem muͤden Herzen
verflogen war: ſo tobte jetzt vor ihm das un-
bewegliche Gewitter des Kriegs mit unaufhör-
lichen Blitzen und Schlägen; und dieſe blu-
tigen durchbohrten Bilder ſtanden dann in ſei-

*) Reimarus neuere Werke vom Blitze.
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[264/0270] Kopfes an, ſo wie Thiere, die das Leben durch einen elektriſchen Funken verloren, der in den Kopf ſprang, es durch einen zweyten wieder- finden, den man in die Bruſt leitete *) — — Ottomar lag im aͤußerſten Hauſe eines Dorfs, aus dem man die Ausſicht auf ein noch unbegrabenes Schlachtfeld hatte, an einem giftigen Faulfieber ohne Hoffnung darnieder. In jeder Nacht trieb ſein heißes erſchuͤttertes Herz das aufgeloͤſete Blut, wie einen Hoͤllen- fluß, voll zerrißener ungeheurer Bilder vor ſeinem Geiſte vorbey, und der dunkele reißende Strom aus Blut ſpiegelte den durchwuͤhlten Nachthimmel und zerſtuͤckte Geſtalten, und zerrinnende Blitze ab. Wenn der Morgen kühlend wieder kam, und wenn das Gift des Fiebertarantelſtichs aus dem muͤden Herzen verflogen war: ſo tobte jetzt vor ihm das un- bewegliche Gewitter des Kriegs mit unaufhör- lichen Blitzen und Schlägen; und dieſe blu- tigen durchbohrten Bilder ſtanden dann in ſei- *) Reimarus neuere Werke vom Blitze.

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/270>, abgerufen am 21.11.2024.