Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

viele thun), wirklich nur sehr wenigen Pfunden
meiner Gattin, die 107 hat, untreu würde, den
16 Pfund nämlich, die noch restirten.

Auf den nämlichen Körpertausch, worauf man
seinen Ehebruch gründet, muß das Konsistorium sei¬
ne Scheidung gründen. Denn wenn Leute oft 9,
18 Jahre nach der Kopulation offenbar noch in der
Ehe beisammen bleiben, indeß alle Physiologen wis¬
sen, daß zwei Ehekörper neu und ohne priesterliche
Einsegnung beisammen sind: so ist jetzt das Konsi¬
storium verbunden, drein zu sehen und drein zu
schlagen und die zwei fremden Leiber zu scheiden,
durch ein Paar Dekrete. Daher wird man auch
niemals hören, daß ein gewissenhaftes Konsistorium
Schwierigkeiten macht, Christen, die schon in der
Ehe sind, zu trennen; man wird aber auch von
der andern Seite eben so wenig hören, daß es sol¬
che, die sich die Ehe bloß versprochen, ohne die grö߬
ten Schwierigkeiten scheide --: ganz natürlich; denn
dort bei ber langen Ehe ist wahrer Ehebruch
durch die Scheidungsbulle abzuwenden, weil unko¬
pulirte Leiber da sind; hier aber bei der Verlo¬
bung sind die Körper, die den Kontrakt gemacht,
noch völlig da, und sie müssen erst lange in der

F

viele thun), wirklich nur ſehr wenigen Pfunden
meiner Gattin, die 107 hat, untreu wuͤrde, den
16 Pfund naͤmlich, die noch reſtirten.

Auf den naͤmlichen Koͤrpertauſch, worauf man
ſeinen Ehebruch gruͤndet, muß das Konſiſtorium ſei¬
ne Scheidung gruͤnden. Denn wenn Leute oft 9,
18 Jahre nach der Kopulation offenbar noch in der
Ehe beiſammen bleiben, indeß alle Phyſiologen wiſ¬
ſen, daß zwei Ehekoͤrper neu und ohne prieſterliche
Einſegnung beiſammen ſind: ſo iſt jetzt das Konſi¬
ſtorium verbunden, drein zu ſehen und drein zu
ſchlagen und die zwei fremden Leiber zu ſcheiden,
durch ein Paar Dekrete. Daher wird man auch
niemals hoͤren, daß ein gewiſſenhaftes Konſiſtorium
Schwierigkeiten macht, Chriſten, die ſchon in der
Ehe ſind, zu trennen; man wird aber auch von
der andern Seite eben ſo wenig hoͤren, daß es ſol¬
che, die ſich die Ehe bloß verſprochen, ohne die groͤ߬
ten Schwierigkeiten ſcheide —: ganz natuͤrlich; denn
dort bei ber langen Ehe iſt wahrer Ehebruch
durch die Scheidungsbulle abzuwenden, weil unko¬
pulirte Leiber da ſind; hier aber bei der Verlo¬
bung ſind die Koͤrper, die den Kontrakt gemacht,
noch voͤllig da, und ſie muͤſſen erſt lange in der

F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0117" n="81"/>
viele thun), wirklich nur &#x017F;ehr wenigen Pfunden<lb/>
meiner Gattin, die 107 hat, untreu wu&#x0364;rde, den<lb/>
16 Pfund na&#x0364;mlich, die noch re&#x017F;tirten.</p><lb/>
          <p>Auf den na&#x0364;mlichen Ko&#x0364;rpertau&#x017F;ch, worauf man<lb/>
&#x017F;einen Ehebruch gru&#x0364;ndet, muß das Kon&#x017F;i&#x017F;torium &#x017F;ei¬<lb/>
ne Scheidung gru&#x0364;nden. Denn wenn Leute oft 9,<lb/>
18 Jahre nach der Kopulation offenbar noch in der<lb/>
Ehe bei&#x017F;ammen bleiben, indeß alle Phy&#x017F;iologen wi&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en, daß zwei Eheko&#x0364;rper neu und ohne prie&#x017F;terliche<lb/>
Ein&#x017F;egnung bei&#x017F;ammen &#x017F;ind: &#x017F;o i&#x017F;t jetzt das Kon&#x017F;<lb/>
&#x017F;torium verbunden, drein zu &#x017F;ehen und drein zu<lb/>
&#x017F;chlagen und die zwei fremden Leiber zu &#x017F;cheiden,<lb/>
durch ein Paar Dekrete. Daher wird man auch<lb/>
niemals ho&#x0364;ren, daß ein gewi&#x017F;&#x017F;enhaftes Kon&#x017F;i&#x017F;torium<lb/>
Schwierigkeiten macht, Chri&#x017F;ten, die &#x017F;chon in der<lb/>
Ehe &#x017F;ind, zu trennen; man wird aber auch von<lb/>
der andern Seite eben &#x017F;o wenig ho&#x0364;ren, daß es &#x017F;ol¬<lb/>
che, die &#x017F;ich die Ehe bloß ver&#x017F;prochen, ohne die gro&#x0364;߬<lb/>
ten Schwierigkeiten &#x017F;cheide &#x2014;: ganz natu&#x0364;rlich; denn<lb/>
dort bei ber langen Ehe i&#x017F;t wahrer Ehebruch<lb/>
durch die Scheidungsbulle abzuwenden, weil unko¬<lb/>
pulirte Leiber da &#x017F;ind; hier aber bei der Verlo¬<lb/>
bung &#x017F;ind die Ko&#x0364;rper, die den Kontrakt gemacht,<lb/>
noch vo&#x0364;llig da, und &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;t lange in der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0117] viele thun), wirklich nur ſehr wenigen Pfunden meiner Gattin, die 107 hat, untreu wuͤrde, den 16 Pfund naͤmlich, die noch reſtirten. Auf den naͤmlichen Koͤrpertauſch, worauf man ſeinen Ehebruch gruͤndet, muß das Konſiſtorium ſei¬ ne Scheidung gruͤnden. Denn wenn Leute oft 9, 18 Jahre nach der Kopulation offenbar noch in der Ehe beiſammen bleiben, indeß alle Phyſiologen wiſ¬ ſen, daß zwei Ehekoͤrper neu und ohne prieſterliche Einſegnung beiſammen ſind: ſo iſt jetzt das Konſi¬ ſtorium verbunden, drein zu ſehen und drein zu ſchlagen und die zwei fremden Leiber zu ſcheiden, durch ein Paar Dekrete. Daher wird man auch niemals hoͤren, daß ein gewiſſenhaftes Konſiſtorium Schwierigkeiten macht, Chriſten, die ſchon in der Ehe ſind, zu trennen; man wird aber auch von der andern Seite eben ſo wenig hoͤren, daß es ſol¬ che, die ſich die Ehe bloß verſprochen, ohne die groͤ߬ ten Schwierigkeiten ſcheide —: ganz natuͤrlich; denn dort bei ber langen Ehe iſt wahrer Ehebruch durch die Scheidungsbulle abzuwenden, weil unko¬ pulirte Leiber da ſind; hier aber bei der Verlo¬ bung ſind die Koͤrper, die den Kontrakt gemacht, noch voͤllig da, und ſie muͤſſen erſt lange in der F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/117
Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/117>, abgerufen am 24.11.2024.