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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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nicht wahr: denn ich machte den vollständigen Fi¬
lou bloß 1 2 oder 3mal in meinen Leben, aber
wirklich noch eh' ich zum erstenmale gebeicht
hatte.

Das Reglement, das ihn nicht vom Schloßberg
herunterließ, unterschied sich von den Reglements
unserer tranßendenten Eltern, der Obrigkeit, da¬
durch rühmlich, daß es erstlich der Parthei promul¬
giert und zweitens daß es wenigstens 14 Tage lang
gehalten wurde. Gustav hätte für sein Leben gern
sich und das Lamm vom Walle herab an den Fuß
des Berges getrieben -- da also der Rittmeister
aus Quistorps peinlichen Beiträgen wußte, daß
man an die Stelle der Verstrickung oder Konfi¬
nation (Einsperrung auf den Wall) die Distrikts¬
oder Gebietsräumung setzen kann: so diktirte er
die letztere Strafe statt der erstern und sagte: "kann
"man denn nicht das Lamm der Pachters Regel
"(Regina) mitgeben, so lang sie da am Berge
"weidet? Meinetwegen kann der Junge mittrei¬
"ben, wenn ich ihn nur immer im Gesicht behalte."
Ich muß es noch abwarten, was die Reichsritter¬
schaft dazu sagen oder schreiben wird, daß ein Eh¬
renmitglied derselben, mein Held, Nachmittags um

nicht wahr: denn ich machte den vollſtaͤndigen Fi¬
lou bloß 1 2 oder 3mal in meinen Leben, aber
wirklich noch eh' ich zum erſtenmale gebeicht
hatte.

Das Reglement, das ihn nicht vom Schloßberg
herunterließ, unterſchied ſich von den Reglements
unſerer tranſzendenten Eltern, der Obrigkeit, da¬
durch ruͤhmlich, daß es erſtlich der Parthei promul¬
giert und zweitens daß es wenigſtens 14 Tage lang
gehalten wurde. Guſtav haͤtte fuͤr ſein Leben gern
ſich und das Lamm vom Walle herab an den Fuß
des Berges getrieben — da alſo der Rittmeiſter
aus Quiſtorps peinlichen Beitraͤgen wußte, daß
man an die Stelle der Verſtrickung oder Konfi¬
nation (Einſperrung auf den Wall) die Diſtrikts¬
oder Gebietsraͤumung ſetzen kann: ſo diktirte er
die letztere Strafe ſtatt der erſtern und ſagte: „kann
„man denn nicht das Lamm der Pachters Regel
„(Regina) mitgeben, ſo lang ſie da am Berge
„weidet? Meinetwegen kann der Junge mittrei¬
„ben, wenn ich ihn nur immer im Geſicht behalte.“
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[88/0124] nicht wahr: denn ich machte den vollſtaͤndigen Fi¬ lou bloß 1 2 oder 3mal in meinen Leben, aber wirklich noch eh' ich zum erſtenmale gebeicht hatte. Das Reglement, das ihn nicht vom Schloßberg herunterließ, unterſchied ſich von den Reglements unſerer tranſzendenten Eltern, der Obrigkeit, da¬ durch ruͤhmlich, daß es erſtlich der Parthei promul¬ giert und zweitens daß es wenigſtens 14 Tage lang gehalten wurde. Guſtav haͤtte fuͤr ſein Leben gern ſich und das Lamm vom Walle herab an den Fuß des Berges getrieben — da alſo der Rittmeiſter aus Quiſtorps peinlichen Beitraͤgen wußte, daß man an die Stelle der Verſtrickung oder Konfi¬ nation (Einſperrung auf den Wall) die Diſtrikts¬ oder Gebietsraͤumung ſetzen kann: ſo diktirte er die letztere Strafe ſtatt der erſtern und ſagte: „kann „man denn nicht das Lamm der Pachters Regel „(Regina) mitgeben, ſo lang ſie da am Berge „weidet? Meinetwegen kann der Junge mittrei¬ „ben, wenn ich ihn nur immer im Geſicht behalte.“ Ich muß es noch abwarten, was die Reichsritter¬ ſchaft dazu ſagen oder ſchreiben wird, daß ein Eh¬ renmitglied derſelben, mein Held, Nachmittags um

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/124>, abgerufen am 24.11.2024.