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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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bei der an gar nichts anders zu denken war als an
Liebe -- kurz in alles, in Laubknospen, Blütknos¬
pen, Blüten und Früchte verschiesset sich ein Mensch,
der ein Klaviermeister ist.

Nun kömmt der Weltmann. Ich kann mich
zwar meinen Lesern (wovon ich mir die Volksmen¬
ge und richtigere Tabellen wünschte) nicht persön¬
lich zeigen; aber die Scheerauer, denen dieses Blatt
vorkömmt, werden hier aufgefordert, ihre Ge¬
danken zu sagen und abzuurtheln, ob ein Mann,
der der großen Welt täglich drei Klavierstunden
giebt, mehr ihr Lehrer als ihr Schüler ist. An¬
stand, Gang, geschmackvoller Anzug, Attitüden,
perpendikulare, horizontale und Diagonale sind
zwar nicht die gefoderten Vorzüge des Autors, ob¬
wohl des feinen Gesellschafters; und können nicht
gedruckt werden; aber ich verfechte nur so viel,
blos an einem Hofe lernt man's, zumal bei eini¬
gem Einfluß und wenn man mitspielt, es sei am
l'Hombretisch oder am Klaviertisch*), der wie man¬
che Brust am Hofe, unter der stummen Holzplat¬

*) Ich meine ein in die Gestalt eines Tisches verstecktes Kla¬
vier.

bei der an gar nichts anders zu denken war als an
Liebe — kurz in alles, in Laubknoſpen, Bluͤtknoſ¬
pen, Bluͤten und Fruͤchte verſchieſſet ſich ein Menſch,
der ein Klaviermeiſter iſt.

Nun koͤmmt der Weltmann. Ich kann mich
zwar meinen Leſern (wovon ich mir die Volksmen¬
ge und richtigere Tabellen wuͤnſchte) nicht perſoͤn¬
lich zeigen; aber die Scheerauer, denen dieſes Blatt
vorkoͤmmt, werden hier aufgefordert, ihre Ge¬
danken zu ſagen und abzuurtheln, ob ein Mann,
der der großen Welt taͤglich drei Klavierſtunden
giebt, mehr ihr Lehrer als ihr Schuͤler iſt. An¬
ſtand, Gang, geſchmackvoller Anzug, Attituͤden,
perpendikulare, horizontale und Diagonale ſind
zwar nicht die gefoderten Vorzuͤge des Autors, ob¬
wohl des feinen Geſellſchafters; und koͤnnen nicht
gedruckt werden; aber ich verfechte nur ſo viel,
blos an einem Hofe lernt man's, zumal bei eini¬
gem Einfluß und wenn man mitſpielt, es ſei am
l'Hombretiſch oder am Klaviertiſch*), der wie man¬
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*) Ich meine ein in die Geſtalt eines Tiſches verſtecktes Kla¬
vier.
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[148/0184] bei der an gar nichts anders zu denken war als an Liebe — kurz in alles, in Laubknoſpen, Bluͤtknoſ¬ pen, Bluͤten und Fruͤchte verſchieſſet ſich ein Menſch, der ein Klaviermeiſter iſt. Nun koͤmmt der Weltmann. Ich kann mich zwar meinen Leſern (wovon ich mir die Volksmen¬ ge und richtigere Tabellen wuͤnſchte) nicht perſoͤn¬ lich zeigen; aber die Scheerauer, denen dieſes Blatt vorkoͤmmt, werden hier aufgefordert, ihre Ge¬ danken zu ſagen und abzuurtheln, ob ein Mann, der der großen Welt taͤglich drei Klavierſtunden giebt, mehr ihr Lehrer als ihr Schuͤler iſt. An¬ ſtand, Gang, geſchmackvoller Anzug, Attituͤden, perpendikulare, horizontale und Diagonale ſind zwar nicht die gefoderten Vorzuͤge des Autors, ob¬ wohl des feinen Geſellſchafters; und koͤnnen nicht gedruckt werden; aber ich verfechte nur ſo viel, blos an einem Hofe lernt man's, zumal bei eini¬ gem Einfluß und wenn man mitſpielt, es ſei am l'Hombretiſch oder am Klaviertiſch *), der wie man¬ che Bruſt am Hofe, unter der ſtummen Holzplat¬ *) Ich meine ein in die Geſtalt eines Tiſches verſtecktes Kla¬ vier.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/184>, abgerufen am 09.11.2024.