Sie könnens) müste so viel Welt, so viel Weiber¬ kenntnis, so viel Witz, so viel launigte Gewandt¬ heit bei eben so vieler Festigkeit besitzen -- inzwi¬ schen erzieht eine recht gescheute Gouvernante die meinigen -- häusliche Arbeit unter dem Auge einer gebildeten Mutter."
"Ehe ich diese Instruktion beschließe, merk' ich noch an, daß sie ganz unnütz ist -- erstlich für Sie weil ein Mann von Genie auch mit jeder an¬ dern Methode allmächtig bleibt, zweitens für den lahmen Kopf, weil er Kindern die Geisteskräfte, er mags machen wie er will, wie ein alter Schlaf¬ genoß einem jungen die körperlichen, stets aus¬ zehren wird. Ich habe überhaupt diesen pädagogi¬ schen Schwabenspiegel lange vor meinen Kindern in die Welt vorausgeschickt -- mithin gar nicht für Sie, sondern für ein Buch." --
Nämlich für dieses.
Um meinem Prinzipal zu zeigen, was ich in der Pädagogik gethan hätte, sagt' ich so: Der Superintendent in Oberscheerau hat einen Wach¬ telhund, Hetz genannt, den er für keine Mena¬ gerie Schooshunde weggiebt. Nun sollte man den¬ ken, der Mann, da er Beichtkinder, natürliche
Sie koͤnnens) muͤſte ſo viel Welt, ſo viel Weiber¬ kenntnis, ſo viel Witz, ſo viel launigte Gewandt¬ heit bei eben ſo vieler Feſtigkeit beſitzen — inzwi¬ ſchen erzieht eine recht geſcheute Gouvernante die meinigen — haͤusliche Arbeit unter dem Auge einer gebildeten Mutter.“
„Ehe ich dieſe Inſtruktion beſchließe, merk' ich noch an, daß ſie ganz unnuͤtz iſt — erſtlich fuͤr Sie weil ein Mann von Genie auch mit jeder an¬ dern Methode allmaͤchtig bleibt, zweitens fuͤr den lahmen Kopf, weil er Kindern die Geiſteskraͤfte, er mags machen wie er will, wie ein alter Schlaf¬ genoß einem jungen die koͤrperlichen, ſtets aus¬ zehren wird. Ich habe uͤberhaupt dieſen paͤdagogi¬ ſchen Schwabenſpiegel lange vor meinen Kindern in die Welt vorausgeſchickt — mithin gar nicht fuͤr Sie, ſondern fuͤr ein Buch.“ —
Naͤmlich fuͤr dieſes.
Um meinem Prinzipal zu zeigen, was ich in der Paͤdagogik gethan haͤtte, ſagt' ich ſo: Der Superintendent in Oberſcheerau hat einen Wach¬ telhund, Hetz genannt, den er fuͤr keine Mena¬ gerie Schooshunde weggiebt. Nun ſollte man den¬ ken, der Mann, da er Beichtkinder, natuͤrliche
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Sie koͤnnens) muͤſte ſo viel Welt, ſo viel Weiber¬
kenntnis, ſo viel Witz, ſo viel launigte Gewandt¬
heit bei eben ſo vieler Feſtigkeit beſitzen — inzwi¬
ſchen erzieht eine recht geſcheute Gouvernante
die meinigen — haͤusliche Arbeit unter dem Auge
einer gebildeten Mutter.“
„Ehe ich dieſe Inſtruktion beſchließe, merk'
ich noch an, daß ſie ganz unnuͤtz iſt — erſtlich fuͤr
Sie weil ein Mann von Genie auch mit jeder an¬
dern Methode allmaͤchtig bleibt, zweitens fuͤr den
lahmen Kopf, weil er Kindern die Geiſteskraͤfte,
er mags machen wie er will, wie ein alter Schlaf¬
genoß einem jungen die koͤrperlichen, ſtets aus¬
zehren wird. Ich habe uͤberhaupt dieſen paͤdagogi¬
ſchen Schwabenſpiegel lange vor meinen Kindern
in die Welt vorausgeſchickt — mithin gar nicht
fuͤr Sie, ſondern fuͤr ein Buch.“ —
Naͤmlich fuͤr dieſes.
Um meinem Prinzipal zu zeigen, was ich in
der Paͤdagogik gethan haͤtte, ſagt' ich ſo: Der
Superintendent in Oberſcheerau hat einen Wach¬
telhund, Hetz genannt, den er fuͤr keine Mena¬
gerie Schooshunde weggiebt. Nun ſollte man den¬
ken, der Mann, da er Beichtkinder, natuͤrliche
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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/223>, abgerufen am 21.11.2024.
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