wegen, ohne sie zu lieben: Taubstumme lude Falkenberg ein. Es hat für die Leser Folgen, daß ich sagte "heute lässet sich Röper huldigen." Fal¬ kenberg, der gern Böses von andern sprach und ihnen nichts als Gutes that und der seinen abwe¬ senden Erbfeinden, z. B. d. h. Geizigen gern Erb¬ sen auf den Weg streuete und diese doch wieder wegfegte wenn jene fallen wollten, dieser war froh über meinen Gedanken und über seinen: "Wir sollten, sagt' er, ihm (Röper) zur Aergerniß heute alle hinreiten." -- In sechs Minuten saß das trinkende bureau d'esprit und der Hofmeister auf den Gäulen; Gustav nicht: er war für ein schö¬ neres Schwärmen gemacht als für ein lautes. Da¬ her verwickelte Gustavs inneres Leben mich oft bei seinem Vater, der äußeres foderte, in den verdrüßlichen und vergeblichen Versuch, daß ich ihm beibringen wollte, worin eigentlich der hohe Werth seines Sohnes läge -- für einen Hofmeister, der auf Ehre hält, ist dergleichen zu fatal.
Wir sahen auf unsern Pferden Maußenbach, das vor seinem adelichen Chan stand und ihm die Feudal-Krone auf seinen italienischen Kopf setzte. Neben dem gehuldigten Potiphar stand sein Justitz¬
wegen, ohne ſie zu lieben: Taubſtumme lude Falkenberg ein. Es hat fuͤr die Leſer Folgen, daß ich ſagte „heute laͤſſet ſich Roͤper huldigen.“ Fal¬ kenberg, der gern Boͤſes von andern ſprach und ihnen nichts als Gutes that und der ſeinen abwe¬ ſenden Erbfeinden, z. B. d. h. Geizigen gern Erb¬ ſen auf den Weg ſtreuete und dieſe doch wieder wegfegte wenn jene fallen wollten, dieſer war froh uͤber meinen Gedanken und uͤber ſeinen: „Wir ſollten, ſagt' er, ihm (Roͤper) zur Aergerniß heute alle hinreiten.“ — In ſechs Minuten ſaß das trinkende bureau d'eſprit und der Hofmeiſter auf den Gaͤulen; Guſtav nicht: er war fuͤr ein ſchoͤ¬ neres Schwaͤrmen gemacht als fuͤr ein lautes. Da¬ her verwickelte Guſtavs inneres Leben mich oft bei ſeinem Vater, der aͤußeres foderte, in den verdruͤßlichen und vergeblichen Verſuch, daß ich ihm beibringen wollte, worin eigentlich der hohe Werth ſeines Sohnes laͤge — fuͤr einen Hofmeiſter, der auf Ehre haͤlt, iſt dergleichen zu fatal.
Wir ſahen auf unſern Pferden Maußenbach, das vor ſeinem adelichen Chan ſtand und ihm die Feudal-Krone auf ſeinen italieniſchen Kopf ſetzte. Neben dem gehuldigten Potiphar ſtand ſein Juſtitz¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0296"n="260"/>
wegen, ohne ſie zu lieben: Taubſtumme lude<lb/>
Falkenberg ein. Es hat fuͤr die Leſer Folgen, daß<lb/>
ich ſagte „heute laͤſſet ſich Roͤper huldigen.“ Fal¬<lb/>
kenberg, der gern Boͤſes von andern ſprach und<lb/>
ihnen nichts als Gutes that und der ſeinen abwe¬<lb/>ſenden Erbfeinden, z. B. d. h. Geizigen gern Erb¬<lb/>ſen auf den Weg ſtreuete und dieſe doch wieder<lb/>
wegfegte wenn jene fallen wollten, dieſer war<lb/>
froh uͤber meinen Gedanken und uͤber ſeinen: „Wir<lb/>ſollten, ſagt' er, ihm (Roͤper) zur Aergerniß heute<lb/>
alle hinreiten.“— In ſechs Minuten ſaß das<lb/>
trinkende <hirendition="#aq">bureau d'eſprit</hi> und der Hofmeiſter auf<lb/>
den Gaͤulen; Guſtav nicht: er war fuͤr ein ſchoͤ¬<lb/>
neres Schwaͤrmen gemacht als fuͤr ein lautes. Da¬<lb/>
her verwickelte Guſtavs <hirendition="#g">inneres Leben</hi> mich oft<lb/>
bei ſeinem Vater, der <hirendition="#g">aͤußeres</hi> foderte, in den<lb/>
verdruͤßlichen und vergeblichen Verſuch, daß ich<lb/>
ihm beibringen wollte, worin eigentlich der hohe<lb/>
Werth ſeines Sohnes laͤge — fuͤr einen Hofmeiſter,<lb/>
der auf Ehre haͤlt, iſt dergleichen zu fatal.</p><lb/><p>Wir ſahen auf unſern Pferden <hirendition="#g">Maußenbach</hi>,<lb/>
das vor ſeinem adelichen Chan ſtand und ihm die<lb/>
Feudal-Krone auf ſeinen italieniſchen Kopf ſetzte.<lb/>
Neben dem gehuldigten Potiphar ſtand ſein Juſtitz¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[260/0296]
wegen, ohne ſie zu lieben: Taubſtumme lude
Falkenberg ein. Es hat fuͤr die Leſer Folgen, daß
ich ſagte „heute laͤſſet ſich Roͤper huldigen.“ Fal¬
kenberg, der gern Boͤſes von andern ſprach und
ihnen nichts als Gutes that und der ſeinen abwe¬
ſenden Erbfeinden, z. B. d. h. Geizigen gern Erb¬
ſen auf den Weg ſtreuete und dieſe doch wieder
wegfegte wenn jene fallen wollten, dieſer war
froh uͤber meinen Gedanken und uͤber ſeinen: „Wir
ſollten, ſagt' er, ihm (Roͤper) zur Aergerniß heute
alle hinreiten.“ — In ſechs Minuten ſaß das
trinkende bureau d'eſprit und der Hofmeiſter auf
den Gaͤulen; Guſtav nicht: er war fuͤr ein ſchoͤ¬
neres Schwaͤrmen gemacht als fuͤr ein lautes. Da¬
her verwickelte Guſtavs inneres Leben mich oft
bei ſeinem Vater, der aͤußeres foderte, in den
verdruͤßlichen und vergeblichen Verſuch, daß ich
ihm beibringen wollte, worin eigentlich der hohe
Werth ſeines Sohnes laͤge — fuͤr einen Hofmeiſter,
der auf Ehre haͤlt, iſt dergleichen zu fatal.
Wir ſahen auf unſern Pferden Maußenbach,
das vor ſeinem adelichen Chan ſtand und ihm die
Feudal-Krone auf ſeinen italieniſchen Kopf ſetzte.
Neben dem gehuldigten Potiphar ſtand ſein Juſtitz¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/296>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.